Beitragvon billy » 15.07.08 @ 10:45
Liga-Direktor Isoz:«Eine gewisse Angst»
Am Freitag beginnt in der Schweiz die neue Fussballsaison.
Bei zwei Testspielen kam es bereits wieder zu Problemen und Ausschreitungen.
Mit Edmond Isoz sprach Ueli Kägi
Randale im Zug und 63 vorübergehende Festnahmen im Zürcher Hauptbahnhof nach einem Testspiel des FC Basel in Wil Ende Juni; Rangeleien zwischen Fangruppen und Petardenwürfe auf den Rasen beim Uhren-Cup-Spiel zwischen Basel und Borussia Dortmund am Samstag. Ein paar Tage nach der Euro sind der Klubfussball und auch die Probleme mit einzelnen Zuschauern zurückgekehrt.
Das überrascht Peter Landolt, Stadionmanager im Letzigrund und Präsident der Sicherheitskommission der Swiss Football League, nicht. Er sagt, das standardisierte und auf die neue Saison hin nur in Details angepasste Sicherheitskonzept für alle Super- League-Klubs sei «in der Theorie sehr gut». Rund 480 Stadionverbote sind derzeit ausgesprochen. Die grossen Klubs wie der FCB, YB, der FCZ und GC arbeiteten mit vollamtlichen oder quasi vollamtlichen Sicherheitschefs, aber alle Massnahmen von Liga und Klubs genügten nicht. Die Vergangenheit zeigt, dass gewaltbereite Fans vor allem bei Auswärtsspielen auffallen. Landolt glaubt, dass Auswärtsspiele eine gewisse Anonymität böten. Er wünscht sich harmonisiertere Abläufe zwischen den Klubs, aber er wünscht sich vor allem fremde Hilfe. «Die Liga kann gewisse Bereiche abdecken, aber irgendwann ist sie auf die Unterstützung des Staates angewiesen.» Dieser Augenblick sei nun gekommen. «Aber ich befürchte, dass es zuerst Tote geben muss, bis die Politik reagiert. Das war in anderen Ländern auch schon so. Solange nicht knallhart durchgegriffen wird, werden die Probleme andauern.» Es ist die Sorge, die auch Edmond Isoz teilt, der Direktor der Swiss Football League.
Edmond Isoz, rund um zwei Testspiele ist es zu Problemen und Verhaftungen gekommen, am Freitag beginnt die neue Saison. Sind Sie beunruhigt?
Alle waren überzeugt, dass die Euro keine Sicherheitsprobleme mit sich bringt, weil sie andere Zuschauer anzieht. Nun beginnt die Schweizer Meisterschaft wieder, und mit ihr kehren die alten Probleme zurück – auch wenn Liga und Klubs in der Vergangenheit Anstrengungen unternommen haben. Wir haben eine gewisse Angst, dass es in einem Schweizer Stadion zu noch gravierenderen Vorfällen mit noch grösseren Konsequenzen als bisher kommen kann.
Sie sprechen von Anstrengungen in der Vergangenheit, die von Liga und Klubs unternommen worden seien. Es bleibt trotzdem oft der Eindruck, die Vereine arbeiteten nicht immer mit voller Überzeugung daran, ihre Fans unter Kontrolle zu halten.
Da sagt mir mein Gefühl etwas anderes. Wir kontrollieren die Arbeit der Klubs mit Inspektoren, wir hatten dafür in der vergangenen Saison ein Budget von 300 000 Franken. Und dieser Betrag hat nichts mit dem zu tun, was die Klubs von sich aus zu leisten haben, sie stehen allein für begleitende Massnahmen zur Verfügung.
Und trotzdem gab es zuletzt vor allem mit Fans von Gastmannschaften wiederholt Probleme.
Ich möchte auch an die Verhältnismässigkeit erinnern. Am Abend, als der FCB gegen Zürich und YB gegen Xamax spielten (am 2. Mai, als Personen aus dem FCZSektor brennende Fackeln mitten ins Basler Publikum warfen), waren in beiden Stadien zusammen 60 000 Zuschauer. Es ist eine kleine Zahl von Personen, die für ein Imageproblem in dieser Liga sorgen und vieles in Frage stellen. Und es ist für die Klubs nicht einfach, dagegen wirksam etwas zu unternehmen, wenn ihnen die Gesetze nicht klare Möglichkeiten bieten. Denn Klubs haben beispielsweise nicht die Möglichkeit, fehlbare Personen problemlos strafrechtlich zu belangen.
Welche Grundlagen fehlen?
Ich habe am Samstag zufällig eine Dokumentation gesehen. In Frankreich können Richter schon im Stadion aktiv werden, im Stade de France gibt es sogar Gefängnisse. Gewisse Länder wie Frankreich oder England, die oft Probleme hatten mit ihrem Fussballpublikum, sind sehr weit gegangen, um erfolgreich gegen die Gewalt zu kämpfen.
Also stützen Sie die Aussage von FCZPräsident Ancillo Canepa, der sagt, Liga und Klubs alleine seien hilflos im Kampf gegen die Gewalt?
Die Swiss Football League würde sich freuen, wenn Polizei und Justiz mehr Kompetenzen erhalten würden.
Canepa kündigte auch an, die Kausalhaftung in Frage zu stellen, nachdem der FCZ für die Fackelwürfe mit zwei Geisterspielen und 30 000 Franken Busse bestraft worden war. Ohne Kausalhaftung müsste der Gastklub das Verhalten seiner Fans in fremden Stadien nicht mehr verantworten.
Was sagen Sie dazu?
Die Kausalhaftung wurde schon mehrmals wieder in Frage gestellt. Aber sie allein führt dazu, dass alle an einem Spiel beteiligten Parteien ihre Verantwortung tragen müssen. Nur der Auswärtsklub kennt seine Fans. Eine Zusammenarbeit zwischen Liga, Heim- und Auswärtsklub ist nötig. Welches Interesse hat der Gastverein noch an einer problemlosen Durchführung eines Spiels, wenn er nicht mehr in der Verantwortung steht? Wir alle stehen doch in der Verantwortung.
Quelle: tagi, 15.07.08, Seite 33