supporter hat geschrieben:Nun der FCZ das gemacht, was er in den letzten Meisterschaftspausen öfters gemacht hat:
Er hat Erfahrung gegen Talent getauscht. Technisch begabte, interessante, Junge Spieler mit Potenzial geholt. Das Problem bei denen ist, dass keine Anführer neben sich herum haben, an denen sie sich orientieren und wachsen können. Sie sind praktisch ins kalte Wasser geworfen. Darum ist die Mannschaft etwas "wirr". Vor allem auf den Aussenpositionen. Da sind sie kreativ, und höchst spannend anzusehen, aber eben nicht ruhig, erfahren und geradlinig. Sowohl in der Verteidigung, als auch im Mittelfeld. Schönbi, Kololli, Khelifi und Mahi sind sehr ähnliche Spielertypen, und Britto und Kharabadze ebenfalls. Das kann der Mannschaft zum Verhängnis werden. Nef, Madou, Thelander, Maxso und wie letzten Abgänge alle heissen, hatten vor allem eines gemeinsam: (nebst dem höheren Alter) Sie waren sehr erfahren, sie hatten Leaderrollen, und sie waren Vorbilder an denen andere wachsen und lernen konnten. Das fehlt brutal.
Vergleicht man das mit anderen Teams kann man sehr einfach erkennen, wie gross das die Unterschiede sind...
YB: Lustenberger ist der klare Chef hinten. Hoarau der Boss vorne. Wölfli dazu der alte Hase für die Kabine. Ganz klare Rollenverteilung. Jeder weiss auf wen zu hören ist, und wer abfliefern muss wenns drauf ankommt.
Basel: Stocker, Frei, Xhaka sind die klaren Anführer der Mannschaft und auch im Verein. Dazu Van Wolfswinkel der Boss vorne.
Sion: CC und nun neu Behrami. Behrami wird viel von den Schultern der anderen abnehmen, was wichtig ist.
Luzern: Schwegler ist der Mann, der das sagen auf dem Platz hat, Zibung der Chef neben dem Platz, und Eleke der klare Goalgetter vorne. Schürpf dazu ein weiterer Führungsspieler mit klarer Vorbildsfunktion.
Thun: Klipp und klar in allen Belangen Hediger der Boss and Anführer. An dem können sie alle wachsen und sich entwickeln. Dazu Glarner hinten der Chef der Verteidigung, und Rapp der klare 1er Torjäger vorne.
Lugano: Sabbatini der totale Leader und Reisser der Mannschaft. Dazu Maric und Daprela in der Verteidigung, die beide extrem erfahren sind, und hinten alles orchestrieren. Vorne der klare Goalgetter Gerndt. Glasklare Hirarchie.
Servette: Sauthier der Chef der Mannschaft, dazu Roullier und neu Sasso die zusammen über 300 Spiele in höchsten Ligen absolviert haben, und vorne der klare Goalgetter Kone.
Xamax: Nuzzolo der Chef vom Sturm bis zur Geschäftsstelle und wieder zurück. Dazu Djuric und neu Neitzke die die fehlende Persönlichkeit von Serey Die (der Abgang schmerzt) ersetzen können.
SG: Die einzige Mannschaft die ähnlich Führungslos wie der FCZ ist, ist Sankt Gallen. Dort ist es eigentlich absurd, dass der Boss ein 21 jähriger ist. Aber Hefti ist nicht nur Captain sondern auch der wertvollste Spieler (Marktwert) und Führungsspieler. Im Vergleich zum FCZ haben sie aber einen unbestrittenen Goalgetter, Cedric Itten. Ansonsten ähnlich wie der FCZ das Konzept "Jugend forscht". Zeidler riskiert unglaublich viel. Sowohl in der Aufstellung, als auch in der spielerischen Ausrichtung. Die werden mehrfach mal unter die Räder wenn es nicht läuft, aber sie haben eine glasklare Philosophie. Ich habe viel Respekt für alle im Verein dort. Präsident, Sportchef, Trainer, und die wilden Küken mit ihrem extrem hohen Pressing, und der Abwehr wo keiner über 21 ist (!!)
Das zeigt das Hauptproblem bei uns. Wir haben viele junge, kreative, offensive, spannende Spieler, aber die haben niemanden vor Ihnen, der Ihnen den Druck nimmt, und der sie führt und leitet.
Wir sind die einzige Mannschaft, die nicht weiss, wer die Tore schiessen soll, bzw. muss. Man erwartet bisschen was von Kololli, Schönbi, Ceesay, vlt. Kramer, Khelifi, Mahi...aber eine klare Hirarchie gibt es nicht.
Einer der besten und interessantesten Post in den letzten Wochen, herzlichen Dank!
Ich kann alles nachvollziehen und mit meinen bescheideneren Kenntnissen auch unterschreiben.
Allerdings glaube ich, dass man beim FCZ genau solche Leitfiguren zu holen versucht hat: Nathan hinten, Popovic im Zentrum und Mahi vorne. Die können eine starke Achse bilden, sofern sie die (hohen) Erwartungen erfüllen. Ob sie das schaffen und somit die Richtigen für diese Aufgabe sind, wird sich erst im Verlaufe der ersten Saisonhälfte zeigen. Falls sie nicht einschlagen sollten, muss man im Winter zwingend reagieren. Und falls sie einschlagen, sollte man alles daran setzen, sie zu behalten!
Aus meiner Sicht ist dieses ewige Spiel von Kauf und Verkauf eines der Hauptprobleme in unserem Verein. Wir können uns so keine Konstanz erarbeiten. Deshalb wäre ich auch dafür, zwei oder drei wichtige Positionen eher mit Spielern im Alter um die 30 zu besetzen, die sich dann hier einnisten können und nicht die ganze Zeit noch auf Angebote aus höheren Ligen schielen müssen. Leute wie Hannu eben, statt immer nur solche, die man noch gewinnbringend zu verkaufen hofft.
Vielleicht fällt Popovic mit seinen bald 30 Jahren in diese Kategorie. Bangura (knapp 32) hat ebenfalls viel Erfahrung, ist mMn aber kein Leadertyp. Captain von Sierra Leone war er vermutlich nur wegen seiner verhältnismässig starken Karriere. Winter (33) ist eine Art Leader, aber als Ersatzspieler eher neben dem Platz und dort auch mehr als Stimmungskanone. Ein vorbildlicher Profi ist "Grosspapi" Vanins mit seinen 39(!) Jahren, aber eben auch neben dem Platz und v.a. von der gaaanz ruhigen Sorte. Vielleicht ist ja Schönbi (29) langsam genug reif, um mal richtig Verantwortung zu übernehmen. Seine Chancen auf den (lange erwarteten) Wechsel sind mittlerweile auf ein graubraunes Häuflein Restschnee im April zusammengeschmolzen. Möglicherweise hilft ihm dieses Bewusstsein, alle Energie seiner verbleibenden Karriere in seinen Herzensverein zu stecken.
Wir werden sehen, wie sich die Mannschaft mit den bisherigen und neuen Spielern beweisen wird. Allerdings sind das hier alles recht viele "wenn" und "vielleicht". Man könnte ja auch mal einen oder zwei wirklich stabile Werte verpflichten, statt Leute, die vielleicht solche Führungsspieler werden könnten, wenn es gut läuft...
Das Geld für echte, erfahrene Leadertypen könnte man dann zwar nicht mehr "reinholen", aber es wäre vermutlich sehr gut investiert in Stabilität und Persönlichkeit auf dem Platz.