Hier ein – nicht unbedingt schlechter – Artikel aus dem heutigen «Tages-Anzeiger».
Am Internetpranger: Vier Hooligans stellen sich der Zürcher Stadtpolizei
Die Basler Behörden haben Bilder von 17 Zürcher Verdächtigen ins Netz gestellt. Das wirft Fragen auf.
Zürich/Basel – Bis gestern Freitag hätten sich 17 mutmassliche Zürcher Hooligans der Polizei freiwillig stellen können. Doch sie liessen das Ultimatum verstreichen, worauf die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt ihre Drohung wahrmachte und Bilder von ihnen ins Internet stellte.
Auslöser der Aktion war der Cup-Achtelfinal im November 2009 zwischen Basel und dem FC Zürich. Damals wüteten Hooligans im St.-Jakob-Park, es kam zu Ausschreitungen und Sachbeschädigungen. Bei den Krawallen wurden 25 Personen verletzt. Rund 25 Verdächtige wurden in Zusammenarbeit mit der Stadtpolizei Zürich identifiziert und einvernommen. Doch 17 Personen gelang es, unerkannt zu bleiben. Bis gestern. 90 Minuten nach der Publikation der Bilder vermeldete die Staatsanwaltschaft bereits den ersten Fahndungserfolg. Bis am Abend hatten sich vier Tatverdächtige gestellt. Auch wenn die Aktion aus Sicht der Polizei ein Erfolg war – rechtlich ist sie nicht unbedenklich.
Datenschutz verletzt? Im Internet hinterlässt jede Publikation unauslöschbare Spuren; dies kann heikel sein, etwa wenn sich ein Verdächtiger als unschuldig entpuppt. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt sagt, sie sei sich dessen bewusst. «Wir setzen dieses Mittel deshalb nur in homöopathischen Dosen ein», sagt der Basler Kriminalkommissär Markus Melzl und verweist auf die kantonale Strafprozessordnung. Für eine Internetfahndung müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein – und die sind es in diesem Fall auch, wie der Basler Datenschutzbeauftragte Beat Rudin sagt. Erstens: ein laufendes Strafverfahren. Zweitens: ein schweres Delikt. Der erfolgte Landfriedensbruch zusammen mit dem Tatbestand der Körperverletzung fallen laut Rudin in diese Kategorie. Drittens: ein hinreichender Verdacht. Laut Melzl sind auf Videoaufnahmen alle 17 Personen in ihren gesetzeswidrigen Handlungen «eindeutig erkennbar». Viertens: Mildere Mittel, etwa Identifikation durch Fanbetreuer, müssen erfolglos ausgeschöpft sein. Ob auch der Zürcher Datenschutzbeauftragte Bruno Baeriswyl das Vorgehen der Basler Staatsanwälte für legitim erklärt hätte, muss offen bleiben. Er will sich dazu nicht zitieren lassen.
Mangelhafte Absprache? Zwei der überführten Hooligans wurden von Zürcher Stadtpolizisten erkannt, wie Blick.ch gestern zwischenzeitlich vermeldete . Marco Bisa, Sprecher der Stadtpolizei Zürich, korrigiert: Es hätten sich alle vier Verdächtigen bei der Stadtpolizei gestellt. Melzl spricht von einem «Missverständnis in der Kommunikation». Er versichert, die Staatsanwaltschaft Basel- Stadt habe die Bilder im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs der Zürcher Stadtpolizei zur Verfügung gestellt. Bisa bestätigt, dass Spezialisten der Stadtpolizei die Bilder gesichtet und geprüft hätten.
Bilder in fremden Händen? Die Veröffentlichung der Bilder erfolgte auf dem Online-Bildportal www.flickr.com. Sie gehört zu den 50 am stärksten frequentierten Seiten im Internet und wurde 2005 von Yahoo gekauft. Mit Folgen: Wer Bilder auf das Portal stellt, gewährt Yahoo das «gebührenfreie, nicht ausschliessliche, unbefristete Recht, diesen Inhalt (...) zu nutzen»; dies geht aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hervor. Kriminalkommissär Melzl weiss davon, sagt jedoch, auch bei einem kantonalen Server bestehe Missbrauchsgefahr, weil sich Bilder leicht auf privaten Computern speichern liessen. Die externe Lösung drängte sich laut Melzl auf , nachdem 2009 eine erste Internetfahndung der Basler Polizei zum Zusammenbruch des kantonalen Servers führte: Damals klickten innert 15 Minuten 26 000 Leute die Fahndungsfotos zweier Schläger an, wenige Stunden nach der Veröffentlichung kams zur Festnahme. Melzl: «Uns blieb also gar nichts anderes übrig, als auf eine externe Lösung zu setzen.»