Herr Elsener hat geschrieben:hat jemand das komplette interview ?
Ja. Hab aber leider keine Zeit ums schön aufzubereiten.
«Wir liegen klar hinter dem FCZ»
Die Fussballsaison beginnt für GC morgen gegen St. Gallen und für den FCZ am Sonntag in Basel. Eine Lagebesprechung der beiden Präsidenten Roger Berbig und Ancillo Canepa.
Mit Roger Berbig und Ancillo Canepa sprachen Peter Bühler und Thomas Schifferle
Ancillo Canepa, GC hat als Saisonziel angegeben, man wolle unter die ersten fünf kommen. Kann man das ernst nehmen?
Ancillo Canepa: Ich gehe davon aus, dass man bei GC intern andere Ziele definiert hat. GC ist wohl einfach in der Kommunikation gegen aussen eine Spur zurückhaltender als der FCZ. GC hat viel höhere Ambitionen, das ist sonnenklar.
Roger Berbig: Halt! Halt! Nach der letzten Saison können wir ja wirklich nicht sagen: Wir wollen Meister werden. Das wäre vermessen, vor allem mit den Mitteln und mit dem Kader, das wir nun zur Verfügung haben. Basel und Zürich werden wieder vorne sein, von Rang drei bis sechs ist für GC alles möglich.
Sie können sich als GC-Präsident bei solch geringen Erwartungen zurücklehnen, weil Sie nicht im geringsten unter Druck stehen.
Berbig: GC-Präsident zu sein und keinen Druck zu haben, das ist unmöglich. Ich war schon als Spieler daran gewöhnt: GC musste immer Meister werden. Wenn das nicht gelang, galt die Saison als missraten. Aber jetzt hoffe ich, dass man uns ein wenig Zeit gibt, um aufzuräumen und eine neue Basis für Erfolge zu schaffen.
«Aufräumen» klingt ganz so, als ob Ihnen die alte Führung einen Scherbenhaufen hinterlassen hätte.
Berbig: Als Martin Blaser (Geschäftsführer von GC) vor einem Jahr seine Arbeit aufnahm, um die Logistik und den PR- und Marketingbereich neu zu organisieren, herrschte das nackte Chaos. So hat er es mir jedenfalls erzählt. Im sportlichen Bereich war es eine Nuance weniger schlimm, aber gewiss nicht so, wie wir uns das vorgestellt hatten. Ich will meinen Vorgängern aber keinen Vorwurf machen. Wegen des finanziellen Drucks mussten sie ja dauernd nur dem Geld nachrennen.
Offenbar war doch genügend Geld vorhanden, um in der Winterpause fünf Spieler zu holen, die alles andere als billig waren.
Berbig: Diese Spieler waren fremdfinanziert. Aber sportlich waren diese Transfers ein Schlag ins Wasser. Sie standen am Anfang des Absturzes von GC.
Zu verantworten hatten diese Transfers Präsident Brunner, Sportchef Riedle und Trainer Balakov.
Berbig: Ja, dieses Trio war dafür verantwortlich.
Ausgerechnet Balakov war beim FCZ ein Kandidat für die Nachfolge Lucien Favres.
Canepa: Balakov war einer von fünf Trainern auf unserer Liste. Wir führten mit allen fünf Gespräche. Balakov hielten wir für einen interessanten Mann, auch wegen seines Renommees und seiner internationalen Erfahrung.
Was für GC nicht gut genug war, kann doch auch für den Meister FCZ nicht genügen.
Canepa: Diese Überlegung stellten wir nicht an. Man kann Balakov sicher nicht vorwerfen, er verstehe nichts von Fussball.
Für Sie war Balakov gar der Favorit.
Canepa: Das kann ich so nicht bestätigen. Nach allen Gesprächen machten wir intern eine Auslegeordnung und kamen dann zum Schluss, dass Bernard Challandes dem Profil, das wir für den neuen Trainer definiert haben, am besten entspricht.
Der FCZ will Meister werden und in die Champions League kommen. Weshalb ist er bei seinen Saisonzielen derart offensiv?
Canepa: Wir wollen doch nicht unter ferner liefen rangieren. René Strittmatter (der Delegierte des FCZ-Verwaltungsrats) und ich investieren viel Zeit, Energie und auch Ressourcen. Wir wollen so weit als möglich Erfolg haben. Wenn Sie mit dem Sportchef, den Trainern und den Spielern über ihre Ziele reden würden, bekämen Sie von allen die gleiche Antwort: den Meistertitel verteidigen und wenn immer möglich in der Champions League dabei sein.
Roger Berbig, können Sie begreifen, dass sich der FCZ so hohe Ziele setzt?
Berbig: Ich würde an Cillos Stelle auch so reden. Wenn ich zweimal hintereinander Meister geworden bin und über ein derart gutes Kader verfüge, setze ich die Ziele genau gleich hoch an. Sollen sie beim FCZ denn sagen: Wir sind mit dem dritten Platz zufrieden. Sicher nicht.
Die Frage ist, wie realistisch diese Ziele sind. Der FCZ verlor fast das ganze Mittelfeld.
Canepa: Wir haben sehr, sehr gute Transfers gemacht. Die neuen Spieler werden die Lücken, die mit den Abgängen von Dzemaili, Inler und Margairaz entstanden sind, mehr als füllen.
Also ist der FCZ stärker geworden, obwohl er drei Nationalspieler abgegeben hat?
Canepa: Ja, das ist klar meine Meinung.
Dann muss der FCZ wieder Meister werden.
Canepa: Die anderen Mannschaften haben auch aufgerüstet. Basel hat zwei Spieler aus der Bundesliga zurückgeholt, GC verpflichtete Cabanas und Smiljanic. Ich denke, in der kommenden Saison wird das Niveau in der Super League höher sein.
GC braucht sicher noch einen guten Torschützen, um vorne mitspielen zu können.
Berbig: Wir haben drei junge Stürmer (Touré, Blumer, Bobadilla). Das Hauptaugenmerk bei uns wurde darauf gelegt, die Achse zu verstärken. Wir haben nun mit Coltorti, Smiljanic, Vallori und Cabanas ein vernünftiges Gerüst. Über kurz oder lang brauchen wir jedoch noch einen guten, billigen Stürmer (schmunzelt).
Und der FCZ sucht einen weiteren defensiven Mittelfeldspieler?
Canepa: Wir haben 28 Spieler im Kader, 24 von ihnen haben in der letzten Saison bereits für den FCZ gespielt. Die Kontinuität ist also gewahrt. Und mit Hassli, Chikhaoui, Aegerter und Tico sind vier klare Verstärkungen hinzu gekommen. Wir testen noch vereinzelt Spieler. Aber ein weiterer Transfer muss wirklich Sinn machen, sonst verzichten wir darauf.
Im Vergleich zu früher haben sich die Verhältnisse auf dem Platz Zürich gründlich verändert: GC jammert über fehlendes Geld, der FCZ leistet sich ein grosses Kader.
Berbig: Wir können uns nicht mehr leisten als ein Kader mit 20 Spielern, die drei Goalies eingeschlossen. Wir liegen klar hinter dem FCZ.
Wie hoch ist das neue Budget?
Berbig: Rund 13 Millionen Franken.
Vorher waren es 15 Millionen, neuerdings will GC 2 Millionen bei den Salären einsparen.
Berbig: Ja, deshalb haben wir das Kader reduziert. Und wir haben Spieler, die im Unterhalt sehr teuer waren, abgegeben – gerade die fünf, die in der Winterpause verpflichtet wurden. Allerdings haben wir Léon und Pinto noch immer auf der Lohnliste. Wir möchten für sie möglichst schnell eine Lösung finden. Und wir wollen natürlich neue Geldquellen erschliessen. Heinz Spross (der wichtigste Geldgeber bei GC) ist daran, eine neue Donatoren- Organisation aufzubauen.
Und wie hoch ist das FCZ-Budget?
Canepa: Zwischen 13 und 15 Millionen. Dieser Betrag versteht sich ohne Transfers. Sie werden durch dem FCZ nahe stehende Personen realisiert.
Also durch Strittmatter und Sie selber?
Canepa: (schmunzelt) Durch dem FCZ nahe stehende Personen. Die Kosten im Budget können immer einigermassen genau beziffert werden. Schwierig ist es bei den Einnahmen. Sie hängen stark vom sportlichen Erfolg und den Zuschauerzahlen ab. Sollten wir die Champions League erreichen, wären unsere finanziellen Herausforderungen in den nächsten zwei Jahren sicher kleiner.
Gehört Sven Hotz zu diesen dem FCZ nahe stehenden Personen?
Canepa: Nein.
Der FCZ hat schon 6500 Saisonabonnemente für den neuen Letzigrund verkauft.
Canepa: Wir haben die Zahl der verkauften Saisonabos mehr als verdoppelt.
Berbig: (strahlend) Wir auch, aber auf einem viel tieferen Niveau. Dafür haben wir alle neun Logen verkauft.
Canepa: Die sind bei GC aber auch billiger zu haben als beim FCZ. (Bei GC kostet eine Loge 110 000, beim FCZ 130 000 Franken.) Berbig: Irgendwie müssen wir ja versuchen, zu Geld zu kommen.
Ancillo Canepa, gefällt Ihnen Ihr Amt?
Canepa: Sehr. Etwa 95 Prozent meiner Tätigkeiten verrichte ich mit Begeisterung und grosser Leidenschaft. Weniger Freude bereiten mir all die Fragen bezüglich Sicherheit und Fanausschreitungen. Auch die Stadionverbote, die wir weiss Gott nicht gerne aussprechen, sind manchmal schon extrem mühsam.
Unruhestifter würden Sie am liebsten mit dem Wasserschlauch abspritzen.
Canepa:. Diese Worte wurden mir von einer Zeitung in den Mund gelegt.
Die Gewalt im Stadion und die Null-Toleranz- Strategie gegenüber Fans wird beim FCZ viel stärker thematisiert als bei GC.
Canepa: Sorry Roger, das ist nicht zynisch gemeint, aber wir haben deutlich mehr Zuschauer im Stadion als GC, da gibt es auch mehr Probleme. Ich will, dass sich die Zuschauer im Stadion sicher und wohl fühlen können. Wir wollen Familien mit Kindern ins Stadion holen. Sie kommen nicht, wenn es Radau gibt. Der grosse Teil unserer Fans ist vernünftig. Es sind nur ein paar wenige, die sich nicht an die Regeln halten. Aber sie schaden durch ihr Verhalten dem Klub, dem Fussball und auch sich selbst. Obschon einige Fans unsere Politik massiv kritisieren, erhalte ich von vielen Seiten zustimmende Reaktionen.
Berbig: Ich bin froh, dass der FCZ dieses Problem energisch angegangen ist und gegenüber fehlbaren Fans mit Stadionverboten ein Signal setzt. Auch wir dulden keine Gewalt.
Wie gerne sind Sie denn GC-Präsident?
Berbig: Ich bin sicher mit Herzblut GCPräsident, aber ich interpretiere meine Rolle anders. Mein Hauptberuf ist Chirurg. Wir haben einen Verwaltungsrat, der die Strategie festlegt und die wichtigen Entscheide trifft. Und an der Front lassen wir zwei Profis arbeiten.
Erich Vogel als Sportchef ...
Berbig: . . . ja, und Martin Blaser als Geschäftsführer. Mein Zeitaufwand ist noch gross, ich will ja den Betrieb kennen lernen. Aber ich habe schnell gemerkt: Ich könnte diese Arbeit gar nicht machen. Was will ich Vogel in Transferverhandlungen vormachen? Und wenn Blaser übers neue IT-System, übers Marketing und Ticketing redet, fühle ich mich auch nicht kompetent.
Welchen Einfluss nehmen Sie im sportlichen Bereich?
Berbig: Wir haben eine Technische Kommission, und in diesem Gremium werden die grossen Transfers besprochen. Wenn nur einer dagegen ist, wird ein Transfer nicht getätigt.
In dieser Kommission sitzen Sie . . .
Berbig: . . . ja, Vogel, Heinz Spross und bei Bedarf Hanspeter Latour.
Aber Sie haben noch immer nicht gesagt, wie gerne Sie Präsident sind.
Berbig: Wahnsinnig gerne. Es macht Spass.
Sicher?
Berbig: Ja. Das hätte ich selbst nie ge- dacht. Am Anfang sagte ich mir: Du bist ja wahnsinnig, was du da machst. Aber je länger ich ins Amt hineinwachse, umso interessanter wird es.
Im Gegensatz zu Ancillo Canepa engagieren Sie sich finanziell aber nicht?
Berbig: Nein. Das kann und will ich nicht. Ich kann mir schon vorstellen, dass man noch mehr wissen will, wenn man selbst mit mehreren Millionen beteiligt ist. Die grossen Unternehmen sind schon so strukturiert, dass es einen Verwaltungsrat gibt und dass Profis an der Front die Arbeit machen.
Zahlen Sie gerne, Ancillo Canepa?
Canepa: Darf ich zuerst noch etwas anderes sagen? Das eine Unternehmensmodell, wie es GC und grössere Firmen handhaben, besteht darin, dass man einen Verwaltungsrat hat, der primär strategisch zuständig ist und die operative Führung an eine Geschäftsleitung delegiert. Daneben gibt es das andere Modell: Im KMU-Bereich (kleine und mittlere Betriebe) besteht zwischen Inhaber und Führung Personalunion. So ist jetzt der FCZ organisiert . . .
Berbig: . . . er hat es so formuliert, wie ich das erklären wollte . . .
Canepa: . . . indem René Strittmatter und ich das Präsidium des Verwaltungsrates darstellen und gemeinsam mit Bickel die operative Geschäftsleitung bilden. Wir sind das eigentliche Trio infernale, das alles, was im Klub geschieht, steuert. Aber was war die Frage?
Ob Sie gerne zahlen.
Canepa (zögernd) Natürlich . . .
Berbig: . . . das Cola übernehme ich sonst . . .
Canepa: . . . natürlich macht man riskante Geldtransaktionen nicht gerne.
Aber René und ich haben uns entschlossen, mit unserer Funktion auch die entsprechende finanzielle Verantwortung zu tragen.
Haben Sie festgelegt, wo für Sie die finanzielle Schmerzgrenze liegt?
Canepa: Ich habe sie einmal definiert, aber sie ist verschiebbar, wie ich feststellen musste. Wir beurteilen jeden Fall einzeln und fragen uns dann:
Macht ein Transfer oder eine Investition Sinn oder eben nicht?
Berbig: Die Transfers sind gar nicht das grosse Problem. Wenn man einen Pool hat, der an Spielern beteiligt ist, kann man das Risiko verteilen. Natürlich kann man schnell eine Million verlieren, aber man kann auch einen Lucky Punch landen und zehn Millionen verdienen.
Was ist denn das grosse Problem?
Berbig: Die Million Franken, die ein Spieler kostet.
Canepa: Die operativen Kosten, ja.
Was geht von den 13 Millionen an Löhnen für die Spieler weg?
Canepa: Ich würde sagen, das sind auch bei GC 80 bis 90 Prozent.
Berbig: Da müsste man unseren Finanzchef fragen.
Canepa: Das ist schon so.
Sie sind der Finanzexperte. Wie gross ist Ihr Einfluss im sportlichen Bereich?
Canepa: Jetzt kommt das wieder!
Sie haben viel Zeit und die Tendenz, sich ins Sportliche einzumischen.
Canepa: Ich mische mich nicht ein, aber ich bringe mich ein. Es wäre absurd, wenn ich mir nicht auch zum sportlichen Bereich Gedanken machen würde. Strittmatter und ich bringen ausserdem Business- und Verhandlungserfahrung ein, Bickel setzt sein grosses Fussball-Netzwerk ein. In dieser Konstellation funktionieren wir hervorragend. Dass wir jetzt meiner Meinung nach sehr gute Transfers machen konnten, ist genau darauf zurückzuführen.
A propos Erfahrung: Sie verkündeten, Favre werde bleiben, und Assistent Harald Gämperle gehe nur über Ihre Leiche.
Canepa: Zu dem Zeitpunkt, als ich das sagte, war das auch meine Überzeugung. Aber Favre log uns brandschwarz an. Gämperle wollte ich mit meiner Aussage signalisieren, dass er unser Assistent bleibt, unabhängig davon, wer Trainer wird.
Sie behaupteten auch, Hertha Berlin müsse für Favre tief in die Tasche greifen. Am Ende bekamen Sie als Entschädigung nicht mehr als in Favres Vertrag festgelegt.
Canepa: Das habe ich so nie gesagt.
Doch.
Canepa: Nein. Ich sagte immer nur, dass eine Konventionalstrafe fällig wird, wenn Favre den Klub vorzeitig verlässt.
Wie gross ist beim FCZ die Gefahr von Unruhe, wenn der Erfolg ausbleibt?
Canepa: Ich bin doch Realist und alt genug, um zu wissen, dass im Fussball nicht alles immer genau so kommt, wie man es sich vorstellt.
Wie ist das bei GC? Mit den Machtmenschen Vogel und Latour als sportliche Leitung und mit dem Lebemann Yakin als Assistenten von Latour.
Berbig: Solange man vorne ist, ist alles gut. Und wenn man verliert, gibt es Unruhe. Bei uns schätze ich diese Gefahr nicht grösser ein als bei jedem anderen Klub auch. Latour und Yakin sehe ich als Ergänzung und darum als starken Faktor.
Und Latour - Vogel?
Berbig: Sie kennen sich seit Jahrzehnten. Zwischen ihnen kesselt es hie und da. Sie sagen sich, was sie denken, und machen weiter. Vor internen Problemen habe ich keine Angst. Respekt habe ich vor Problemen im sportlichen Bereich. Das kann schnell gehen, dafür reichen vielleicht zwei Niederlagen. Es wollen alle weit nach vorne, aber es hat da nicht für alle Platz.
Vogel sagte einmal: «Für GC ist es am besten, wenn GC ganz oben steht und der FCZ weit zurück liegt.» Wie sehen Sie das?
Berbig: Für mich ist klar, dass Zürich zwei Spitzenteams braucht und GC vor dem FCZ sein sollte. Das ist ja logisch (lacht). Aber es ist auch nicht negativ. Es geht nur um einen fairen Zweikampf.
Canepa: Für die Spannung, die Fans, die Euphorie und die Stadt ist es gut, zwei starke Vereine zu haben. Also: Zürich Erster und GC Zweiter. Das ist meine absolute Traumkonstellation für diese Saison.
tagi