Nume Züri hat geschrieben:Tages-Anzeiger vom Montag, 21. August 2006
«Der FCZ hat die richtige Antwort gegeben»
Steve von Bergen, Verteidiger des FC Zürich, über das 2:1 gegen GC und seinen Traum von einem Anruf des Nationaltrainers.
In seiner ersten Saison mit dem FC Zürich bestritt Steve von Bergen als einziger Spieler alle 36 Partien über die 90 Minuten und wurde Schweizer Meister. Nach den ersten sechs Runden steht der Abwehrspieler mit dem Stadtklub erneut an der Spitze der Super League. Der 23-jährige Neuenburger gilt als eines der grössten Verteidigertalente in der Schweiz und ist ein Kandidat für die Nationalmannschaft.
Steve von Bergen, wird der FCZ wieder Meister?
(lacht) Das wäre schön. Aber die Meisterschaft ist noch jung, es ist viel zu früh, um diese Frage zu beantworten.
Der FCZ ist mit fünf Siegen aus den ersten sechs Spielen ein solider Leader.
Wir sind gut gestartet, aber ich denke, die Super League ist ausgeglichener geworden. Nicht nur der FCZ, auch Basel, GC, YB und vielleicht Sion sind Anwärter auf den Titel. Und wir sind gegen Rückschläge nicht gefeit, das hat unsere Niederlage in St. Gallen deutlich gezeigt.
Immerhin gab es Gründe für jenes 1:3 vor acht Tagen: Dem FCZ fehlten Keita, Raffael und Tihinen.
Deswegen hätten wir ja nicht gerade drei Treffer kassieren müssen. Wir spielten klar schwächer als gegen GC. Der FCZ hat im Derby die richtige Antwort auf die Niederlage in St. Gallen gegeben. Der Sieg gegen GC könnte wegweisend für die kommenden Wochen sein.
Weswegen?
Wir schieden in der Champions League gegen Salzburg aus, weil uns die Erfahrung fehlte, und wir uns vor allem im Hinspiel im Hardturm zu naiv verhalten hatten. Wir hatten später wegen des Transfers von Keita Unruhe in der Mannschaft, wir verloren in St. Gallen . . . Die Situation wäre schwierig geworden, wenn wir auch das Derby verloren hätten – zumal unser nächstes Meisterschaftsspiel in Basel stattfindet.
Mit welchen Gefühlen werden Sie am 10. September in den St.-Jakob-Park einlaufen?
Mit guten und schlechten. Der Titelgewinn mit dem FCZ war mein bisher grösster Erfolg, aber was an jenem 13. Mai nach dem Spiel geschah, ist beschämend.
Die Champions League ist für den FCZ kein Thema mehr, Keita ist weg. . .
. . . ja leider.
Er hat sich für das Geld in Saudiarabien und gegen den sportlichen Erfolg in Europa entschieden.
Man darf sich nicht täuschen. Al-Ittihad ist ein guter Klub, er hat in Asien zweimal das Pendant zur europäischen Champions League gewonnen. Keita hat mir gesagt, das Angebot sei finanziell so grosszügig, dass er es nicht habe ausschlagen können. Und beim Abschied hat er angekündigt, dass er in zwei Jahren wieder im Letzigrund stehen werde (lacht). Bei Keita kann man nie wissen.
Mit Filipescu hatte zuvor bereits der Meis-ter- Torschütze den Klub verlassen, neu bilden Sie mit dem finnischen Nationalspieler Hannu Tihinen die Innenverteidigung. Was hat sich für Sie geändert?
Filipescu ist ein guter Spieler, Tihinen ist ein guter Spieler. Tihinen ist fitter, als es Filipescu in seiner Zeit beim FCZ je war. Filipescu war neben dem Platz wichtig, er hat eine klare Meinung gehabt und sich nie gescheut, diese zu vertreten. Tihinen spricht fliessend Englisch, Französisch und auch gut Deutsch, aber er redet nicht so viel. Er ist eben ein Finne.
Tihinen und Sie werden mit Alain Rochat, der von Rennes zum FCZ stösst, in der zentralen Abwehr demnächst Konkurrenz kriegen.
Das ist normal im Fussball. Rochat kenne ich sehr gut aus unserer gemeinsamen Zeit bei der U-21 Nationalmannschaft. Er war dort immer mein Zimmerkollege, heute ist er ein Freund. Ich habe kürzlich mit ihm telefoniert. Er freut sich unheimlich auf den FCZ, er will bei uns die Karriere nochmals lancieren. Ich denke, er wird für uns eine klare Verstärkung sein. Er hofft ja auch noch, bei der EM 2008 dabei zu sein.
Rochat kommt zum FCZ, aber bereits wird im Umfeld des Vereins gemunkelt, dass nach Keita andere wichtige Spieler wie Dzemaili, Cesar, Raffael oder Margairaz vor dem Absprung stehen sollen . . .
. . . (unterbricht) Xavier Margairaz ist einer meiner besten Kollegen. Ihm wird immer wieder vom Interesse berichtet, die andere Vereine an ihm haben sollen. Aber er lässt sich deswegen nicht verrückt machen. Margairaz weiss, dass es einen grossen Unterschied gibt zwischen einer unverbindlichen Anfrage eines Klubs und einem konkreten Angebot.
Es wird also beim FCZ keinen Ausverkauf der Mannschaft geben?
Ich glaube nicht daran, obwohl wir viele gute Spieler haben, die auf dem überteuerten internationalen Markt preiswert sind.
Sie streben keinen Wechsel ins Ausland an?
Er hat für mich nicht erste Priorität. Ich gehe davon aus, dass ich meinen bis 2008 laufenden Vertrag erfüllen werde. Ich spiele lieber für den FCZ, als bei einem ausländischen Klubs allenfalls auf der Ersatzbank zu sitzen.
Weil auch Sie sich so bessere Chancen ausrechnen, bei der EM im eigenen Land für die Schweiz zu spielen?
Das ist ein Traum, nicht mehr. Die Konkurrenz im Nationalteam ist nirgends grösser als in der zentralen Abwehr: Mül-ler, Senderos, Djourou, Grichting, vielleicht noch Smiljanic oder Remo Meyer. Das wird ganz schwer für mich.
Nationalcoach Köbi Kuhn hat angekündigt, dass Djourou und Senderos im September die EM-Qualifikation mit der U-21 bestreiten werden und von ihm deshalb für die Länderspiele gegen Venezuela, Costa Rica und eventuell gegen Österreich nicht aufgeboten werden. Das ist doch Ihre grosse Chance.
(schmunzelt)Ich träume weiter – von einem Anruf von Herrn Kuhn