Beitragvon fischbach » 25.11.18 @ 17:20
NZZ-Kommentar
Klares Ja zum Stadion in Zürich – Fussball: 1, SP: 0
Mit 54 Prozent unterstützen die Stadtzürcher das Projekt für ein neues Fussballstadion deutlich. Dies sollten auch die Gegner, die bereits mit Rekursen drohen, zur Kenntnis nehmen.
Die Zürcher Fussballklubs haben den wichtigsten Sieg des letzten Jahrzehnts errungen – nicht auf dem Spielfeld, sondern an der Urne. Mit rund 54 Prozent haben die Stadtzürcher Ja gesagt zu einem Fussballstadion. Nach 20 Jahren Planung, nach zwei gescheiterten Anläufen sind die Weichen nun gestellt für ein privat finanziertes Projekt auf dem Hardturmareal.
Am lautesten jubeln können FCZ und GC. Sie erhalten ein Stadion für 18 000 Zuschauer, das sie unternehmerisch führen dürfen. Anders als heute im Letzigrund können sie die Einnahmen aus Namensrechten, Catering und VIP-Tickets für sich behalten und damit ihre finanzielle Abhängigkeit von Mäzenen beschränken. So spielen sie endlich in der gleichen Liga wie alle anderen grossen Klubs der Schweiz. Auch die Fans gewinnen: Sie können sich die Matches in Zukunft in einem schmucken Hexenkessel ansehen; das Opernfernglas können sie zu Hause lassen.
Sich freuen dürfen sich aber auch die übrigen Stadtzürcherinnen und -zürcher. Neben dem Stadion sollen auf dem Hardturm nämlich fast 800 Wohnungen in allen Preissegmenten entstehen. Das ist eine gute Nachricht für alle, auch für Fussballmuffel, denn neuer Wohnraum ist dringend gefragt. Bis 2040 wird die Stadt gemäss Schätzungen um 100 000 Einwohner wachsen. Irgendwo müssen diese Personen unterkommen. Die Überbauung auf dem Hardturmareal kann dabei helfen, die nach wie vor angespannte Situation auf dem Zürcher Wohnungsmarkt ein kleines bisschen zu entlasten.
Selbst rot-grüne Hochburgen sagen Ja
Als grosse Verliererin geht an diesem Abstimmungssonntag die Stadtzürcher SP vom Platz. Sie hat mit der späten Einsicht, dass das Stadionprojekt doch nicht so toll sei, viel Glaubwürdigkeit verspielt. Jahrelang hat sie die Pläne auf dem Hardturm mitgetragen. Erst durch den Einfluss von Nationalrätin Jacqueline Badran und berauscht vom Wahlsieg im März haben die Sozialdemokraten ihre Meinung geändert.
Damit hat die mächtigste Partei der Stadt auf das falsche Pferd gesetzt. Das Abstimmungsresultat vom Sonntag zeigt, dass auch viele Linke dem Projekt zugestimmt haben. Selbst rot-grüne Hochburgen wie die Kreise 4 und 5 haben die Vorlage unterstützt. Die Argumente, welche die SP vorbrachte, überzeugten nicht. Zum Teil waren sie regelrecht absurd, etwa dann, wenn die Partei von einer «Milliarden-Abzocke» fabulierte, ohne dies stichhaltig beweisen zu können.
Wo die SP recht hat: Das Stadion ist mit dem Plazet der Stimmbürger noch nicht gebaut. Es gilt weitere demokratische und vor allem juristische Hürden zu überwinden. Bewohner aus dem Stadtteil Höngg haben bereits früh angekündigt, dass sie die beiden Wohntürme, die Teil des Projekts sind, bis vor Bundesgericht bekämpfen werden. Mit Widerstand ist auch aus dem Hardturmquartier zu rechnen.
Es wäre ein Jammer
Selbstverständlich steht den Gegnern der Rechtsweg offen. Angesichts der leidvollen, 20-jährigen Vorgeschichte wäre es aber zu wünschen, dass sich die juristischen Streitigkeiten auf die wesentlichen Punkte beschränken – etwa die städtebauliche Einordnung der beiden Türme oder die Lärmthematik. Diese Fragen sollen sauber, aber speditiv abgeklärt werden.
In unguter Erinnerung bleibt die ausufernde Verhinderungstaktik der Anwohnerschaft beim ersten Zürcher Stadionprojekt, dem sogenannten Pentagon aus dem Jahr 2003. Jahrelang zogen die Anwohner das Projekt durch alle Instanzen – bis die damalige Bauherrin die Nerven verlor und hinschmiss. Es wäre ein Jammer, wenn sich diese Geschichte wiederholen würde. Das klare Signal der Stimmbürger an diesem Sonntag sollten auch die härtesten Gegner zur Kenntnis nehmen: Zürich will endlich ein echtes Fussballstadion.