"Sogar" der Reeto von Gunten hat heute auf DRS 3 darauf verwiesen:
Corinne Brecher im Interview
«In einer Beziehung, gerade mit einem Fussballer, muss eine Frau extrem eigenständig sein»
Die zweifache Mutter und Betriebsökonomin ist die starke Partnerin von FCZ-Goalie Yanick Brecher – ein Gespräch über Klischees im Fussball, Kinder, Aktien, den Kampf für Frauen und eine Handtasche.
Thomas Schifferle
Schon ausprobiert? Neu können Sie Abo-Artikel an Freunde verschenken.
Ihr Mann hat vorgewarnt …
… okay …
… man dürfe Sie nicht als sein Anhängsel bezeichnen.
(lacht) Hat er Sie vorgewarnt? Und ohne Vorwarnung: Wie hätten Sie das Gespräch dann angefangen?
Keine Ahnung. Er hat auch gesagt, dass Sie in Ihrem Beruf selbst sehr erfolgreich und mit ihm auf Augenhöhe seien.
Ich sehe das auch so. Es ist aber schön, das von Ihnen zu hören. Die Zahlen sprechen für sich. Wir sind seit vierzehn Jahren zusammen und seit sechs Jahren verheiratet. Ich glaube auch, langfristig funktioniert es nur auf Augenhöhe. Dazu habe ich eine lustige Anekdote von unserer Hochzeit. Die Trauzeugen machten ein Spiel: Ich oder du? Eine Frage war: Wer hat den besseren Fang gemacht? Yanick und ich waren uns einig, dass ich den besseren Fang gemacht habe. Grosses Gelächter im Saal. Heute würde ich sagen: Beide haben einen guten Fang gemacht.
Ihr Mann war damals schon der Goalie des FCZ. Wie war das bei Ihnen?
Er stand im Rampenlicht, und ich studierte nach meiner Lehre in der Gastronomie noch Betriebswirtschaft und wusste nicht so recht, was ich längerfristig arbeiten wollte.
Wir wollen ja über das Leben einer Spielerfrau reden, über das Klischee, das damit schnell einmal verbunden ist.
Ich habe mich nie als das gesehen. Ganz einfach, weil ich Yanick in erster Linie nicht als Fussballer sehe, sondern als Mann. Ja, der Fussball ist in unserem Leben präsent und damit der Rummel. Und es ist sicher so, dass es für die eigene Karriere helfen kann, «die Frau von» zu sein. Man denkt ja gern, die klassische Frau eines Spielers ist Model und kann dank ihm Aufträge generieren. Bei mir ist das nie so gewesen. Zudem bin ich kein Model.
Sondern?
Ich bin eine ganz normale Frau, ich bin nicht über 1,80 m gross und gehe nicht durchgestylt an ein Spiel. Aber ich bin sehr zufrieden mit mir.
Wie lernt man einen Fussballer kennen?
Wir wohnten fast in der gleichen Gemeinde, ich in Meilen, er in Uetikon am See. Um zu unseren Lehrstellen zu kommen, nahmen wir den gleichen Bus, zwanzig nach fünf Uhr am Morgen. Dann sieht man noch nicht so gut aus. (lacht) Trotzdem fiel er mir auf. Zu der Zeit, so 2008, 2009, kam Facebook auf, da sah ich, dass wir gemeinsame Freunde haben, ich fügte ihn hinzu – aber noch ohne Hintergedanken. Eines Tages stand er am Opernhaus und wartete auf den Bus, den ich auch nehmen musste. Da ist dann der Groschen gefallen. Das erste Mal, als wir uns trafen, redeten wir über drei Stunden. Bis dahin konnte ich das noch nie mit einem Mann …
… und darum wussten Sie: Das ist er.
Das ist jemand Spezielles. Und das nicht wegen des Fussballs. Ich wusste ja nicht, dass er Fussballer ist. Ich wusste nur: Er ist gross und gut aussehend.
Was lernt man, wenn man mit einem Fussballer zusammen ist?
Disziplin. In seinem Sport ist alles getaktet, organisiert, es gibt keinen Raum für spontane Sachen. Als ich ihn damals treffen wollte, mussten wir gezielt etwas abmachen, weil sein Tag so ausgefüllt war, mit der Lehre, mit dem Training. Und was man auch lernt: verzichten, ganz viel verzichten.
Auf was?
Bemitleiden ist das falsche Wort. Aber ich fragte mich, ob ihn das nicht stört: Er war nie im Ausgang, trank keinen Alkohol, und wenn ich an eine Party ging, kam er grundsätzlich nicht mit, weil er am nächsten Tag ein Spiel hatte. Darum habe ich schon seit Anfang unserer gemeinsamen Zeit meine eigenen Freunde.
Nervte Sie das nicht, immer allein irgendwo zu sein?
Mich störte es nicht, weil wir nicht den gleichen Freundeskreis hatten. Sagen wir es so: Heute stört es mich mehr als früher. Die einzige Hochzeit, an der wir zusammen waren … (überlegt) Ja, das war unsere eigene.
Zum Glück waren beide da.
Zum Glück, ja. Und die von meinem Cousin. Da tauchte Yanick nach einem Spiel vor Mitternacht noch auf. Dieses Jahr hatten wir eine schöne Einladung an eine Hochzeit in der Toskana. Da hätte ich allein hingehen müssen. Das sind dann Momente, wo ich es schade finde.
Er arbeitet in einem hochemotionalen Umfeld. Wie sehr verlagert sich das ins private Leben?
Heute weniger als früher. Früher war es wirklich extrem. Als wir frisch zusammen waren, wusste ich nicht, wie ich damit umgehen sollte, wenn er hochexplosiv nach Hause kam. Er war hässig und redete nichts mit mir. Ein paarmal rief ich sein Mami unter Tränen an, weil ich nicht wusste, was los ist. Teilweise stürmte er wieder aus der Wohnung und schlug die Tür zu. Da dachte ich noch, das hänge mit mir zusammen. Bis ich merkte …
… dass er wegen einer Niederlage aufgebracht ist.
Genau. Das ist je länger, desto besser geworden, ich habe auch verstanden, dass das nicht an mir liegt. Wobei auch Aussagen von mir ihn triggern können.
Das hat er in einem Interview bei uns erzählt. Dass es ihn nach einer Niederlage eher noch hässiger macht, wenn Sie ihm sagen würden, aber er habe doch wenigstens gut gespielt.
Das las ich, kam heim und sagte ihm: Das hast du mir noch nie gesagt. Ich bin eben der Meinung: Wenn man selbst gut spielt, hat man trotz einer Niederlage eine Grundzufriedenheit. Aber er sagt: «Nein, ich bin trotzdem hässig!» Das ist für mich jetzt die neueste Erkenntnis. (lacht) Das sage ich nicht mehr.
Als Yanick vor eineinhalb Jahren Meister wurde, wie war er da? Machte er die Türen ganz leise zu?
Die Türen schlägt er nicht mehr zu, nein, nein. Wir haben ja auch zwei kleine Kinder daheim. Das hilft ohnehin. Wenn die Kinder kommen und ihn quasi schon an der Wohnungstür überfallen, ist er gleich in einer anderen Welt.
Wie ist der Umgang mit dem Druck?
Er ist da, sowohl oben in der Tabelle als auch unten. Unten ist es unangenehmer für die Familie, weil die Abstiegsgefahr da ist. Der Druck ist dann negativ. Oben ist er auch da, weil du auch da bleiben willst. Ich habe es schon lieber, wenn der FCZ oben ist als unten. Aber das Spannende ist, er ist nie in der Mitte. Ich habe Yanick auch schon gefragt: Könnt ihr nie in der Mitte sein?
Der FCZ ist eben kein guteidgenössischer Kompromiss, sondern sehr emotional, ob oben oder unten.
Genau. Und für Yanick verschärft sich das noch. Als Goalie bist du top oder flop. Wenn ein Stürmer eine Chance vergibt, dann hat er das Tor nicht gemacht. Aber wenn Yanick neben den Ball greift, ist der drin. Das ist schon noch einmal eine andere Herausforderung. Wenn der FCZ in der Tabelle gut steht, wenn er ein gutes Spiel macht und auch Yanick gut ist, bin ich maximal entspannt. Aber wenn Yanick kein gutes Spiel macht, obschon der FCZ oben steht und gewonnen hat, geht es mir auch schlecht. So leide ich mit. Das mache ich auch ligaübergreifend. Ich schaue nicht so viel Bundesliga, aber wenn da irgendwo einem Goalie ein Flop passiert, zieht es mir alles zusammen, und ich denke an seine Familie, wie es ist, wenn er heimkommt.
Sie müssen verzichten und seine Launen ertragen. Ist das Leben mit einem Fussballer nicht auch spannend, weil es selten gleich ist?
Ja, das schon. Aber in einer Beziehung, gerade mit einem Fussballer, muss eine Frau extrem eigenständig sein. Sie muss ihr eigenes Leben haben. Was bei uns jetzt die Challenge ist, sind die Kinder. Sie bringen eine ganz andere Dynamik rein. Yanick hat seinen Plan, und der kann jede Woche ändern. Wir müssen darum zusammensitzen und jede Woche planen. Sobald aber ein Kind krank ist, fällt alles auseinander.
Wie lösen Sie das dann?
Zum Glück haben wir unsere Familien in der Nähe, die uns sehr unterstützen. Ohne sie wäre es mit zwei Kindern auch sonst nicht möglich, mein Unternehmen zu führen, während er als Fussballer so erfolgreich unterwegs ist.
Während wir jetzt reden, ist er im Training. Und die Kinder …
… sind in der Kita. Vier Tage sind sie da, einmal den ganzen Tag, dreimal bis um 14 Uhr. Heute hole ich sie um 14 Uhr ab, die beiden anderen Male ist es mein Mami.
Haben Sie nicht das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn die Kinder so oft in der Kita sind?
Was ich vermisse, ist die Zeit als Familie, also alle vier zusammen, wenn man klassisch am Wochenende etwas unternimmt. Wir haben ein bis zwei Nachmittage pro Woche. Wenigstens sind die Kinder mit ihren vier und zweieinhalb Jahren so alt, dass ich sie zu den Spielen mitnehmen kann. Und sie sind sehr glücklich in der Kita. Man liest ja immer vom afrikanischen Sprichwort, dass es ein ganzes Dorf brauche, um Kinder grosszuziehen. Klar, bei der Kita ist es auch immer eine finanzielle Frage. Aber ich finde es so schön, dass unsere Kinder so viele Bezugspersonen haben. Einmal schlafen sie bei Yanicks Eltern, einmal bei meinen, und das ist nie ein Drama.
Wie sieht jetzt Ihr Leben als berufstätige Frau aus?
Irgendwann habe ich mich entschieden, im Berufsleben zu bleiben, im Minimum zu 60 Prozent. Ich merke, ich habe mehr Energie und Nerven für die Kinder, wenn ich am Morgen arbeiten kann und sie danach wiedersehe. Ich bin drei, dreieinhalb Tage mit ihnen allein, und das geniesse ich. Dann bin ich voll für sie da.
Sie haben mit 19 Ihre erste Aktie gekauft. In Ihrem Beruf befassen Sie sich mit Geld. Was reizt Sie daran?
Für mich war es normal, mein erstes gutes Geld, das ich als Lehrling in der Gastronomie verdiente, zu investieren. In meiner Familie war das Geld nie ein Tabuthema. Ich konnte schon früh meinem Vater beim Ausfüllen der Steuererklärung über die Schultern schauen.
Das hat Sie wirklich interessiert?
Ja. Mich nahm wunder, wieso er sonst keine Zeit für mich hatte. Ich durfte ihm helfen, Papiere zu lochen und einzuordnen. Er erklärte mir alles. Und je besser sein Jahr an der Börse war, desto länger konnten wir im Sommer in Spanien in die Ferien. (lacht) Darum wusste ich: Ich will auch Aktien haben. Als ich das meinen Bekannten erzählte, fragten sie erstaunt: Hast du überhaupt eine Ahnung davon?
Was war Ihre erste Aktie?
Von der Swisscom. Im ersten Jahr gab es 20 Franken Dividende. Dafür konnte ich im Dosenbach super Schuhe kaufen. Ich sagte mir: Wenn das so weitergeht, kann ich mir jedes Jahr ein Paar Schuhe holen. So hat das angefangen.
Heute beraten Sie mit Ihrer Investique GmbH Frauen in Geldfragen, gerade wenn es um die Vorsorge geht. Sie bieten dafür Onlinekurse an. Und einer Ihrer Sätze ist: «Frauen müssen ihr Geld aktiv investieren und langfristig planen. Nur so können sie gegen die Altersarmut ankämpfen, die sonst vielen droht.»
Ja.
Sie sagen damit ganz einfach, dass jede Frau eine Aktie kaufen kann. Aber wie soll sie sich das als Alleinerziehende mit einem Monatslohn von 4000 Franken leisten?
Um investieren zu können, muss man den Kopf dafür frei haben. Man muss Geld zur Verfügung haben, das man mindestens drei bis fünf Jahre nicht braucht. Wenn das nicht der Fall ist, kann eine Frau bei mir nicht teilnehmen. So schade das auch ist.
Sie versprechen also nicht, jemanden vor einer drohenden Altersarmut zu bewahren?
Nein. Das darf man auch nicht. Aber man muss Lösungen suchen, um die Lücke schliessen zu können.
Was machen Sie denn genau?
Ich mache keine direkte Anlageberatung. Ich gebe die Anleitung dazu, wie man zum Beispiel 5000, 10’000 oder 100’000 Franken investieren kann – basierend auf einer unabhängigen Ausgangslage. Ich sage immer: Ich berate die Frauen nicht, ich befähige sie. Das heisst: Nach dem Kurs wissen sie, welche Möglichkeiten es gibt, und sie können selbst entscheiden, was sie mit dem Geld machen.
Plakativ sagen Sie darum: «Auch eine Frau mit null Ahnung kann eine Cash-Heldin werden.» Haben Sie sich das selbst ausgedacht?
Ja, das ist von mir. (lacht) Wir schauen die Vorsorge an. Viele Paare machen den Fehler, dass sie nur gemeinsame Konten haben. Denn was ist, wenn ein Partner stirbt? Dann ist das Konto schon einmal blockiert. Nach meinem Kurs wissen die Frauen, welche Szenarien sie alle berücksichtigen müssen.
Ist es also im Haushalt Brecher die Frau, die beim Geld die Chefin ist?
Wir sind auch hier auf Augenhöhe. Yanick ist mittlerweile selbst sehr interessiert an Anlagefragen. Mir ist wichtig, dass wir unsere gemeinsamen Investitionen haben, aber jeder auch sein eigenes Depot besitzt, bei dem er «chnüble» kann. Das ist auch ein Tipp, den ich für Paare habe, die schon lange zusammen sind und sich nichts mehr zu sagen haben: Macht eigene Depots, dann ist für Gesprächsstoff gesorgt.
Haben Sie auch schon Geld in den Sand gesetzt?
Diesen Punkt sprechen wir im Kurs gleich am Anfang an, den psychologischen Teil, wie es ist, Geld zu verlieren. Darum stelle ich den Teilnehmerinnen die Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass sie ihr ganzes Geld verlieren?
Und wie ist es?
Wenn man es breit anlegt, ist es sehr schwierig, alles zu verlieren.
Und wie war das bei Ihnen, als Sie Geld verloren?
Im Devisenhandel brachte ich ein Konto von 5000 auf 30’000 oder 35’000 Franken hoch. Ich meinte schon, ich sei die Königin. Aber innerhalb von sechs, sieben Monaten brachte ich das auf null runter. Ich verlor am Ende also auch noch die eingesetzten 5000 Franken.
Es ist sicher auch schon anders gewesen …
2016 kaufte ich 1000 Aktien für 30 Rappen pro Stück, und sie stiegen auf 3 Franken. Ich verkaufte sie und ging erstmals in ein Geschäft an der oberen Bahnhofstrasse. (lacht)
Es gab keine Schuhe mehr für 20, sondern für 200 Franken.
Nein, nein, eine Handtasche für 2500 Franken. Diese hätte ich mir damals mit meinem Salär niemals leisten können.
Sehen Sie, jetzt entsprechen Sie dem Klischee der Fussballerfrau.
Genau, genau. (lacht laut) Jetzt schliesst sich der Kreis. Heute würde ich das Geld anders ausgeben und mehr an die Kinder denken.
Die Tasche haben Sie wenigstens noch?
Mit ihr bin ich emotional verbunden.