Beitragvon Cavoka » 19.08.22 @ 14:50
Der FCZ mit viel Moral zum wertvollen 2:1 gegen die Hearts
Im Playoff-Hinspiel gegen das Team aus Edinburgh hält er sich dank zwei Toren von Guerrero und Dzemaili alle Chancen offen, die Europa League zu erreichen.
Thomas Schifferle
Publiziert heute um 20:55 Uhr (Tagi)
Mirlind Kryeziu feiert mit Torschütze Blerim Dzemaili (links) das 2:1 im Kybunpark.
Foto: Ennio Leanza/Keystone
Der Sonntag ist weit weg, als der FCZ gegen Heart of Midlothian spielt. Es ist nicht mehr Super League, in der bisher so viel so schlecht läuft. Es ist Playoff zur Europa League, das die Aussicht auf Spiele gegen Clubs wie Manchester United, Arsenal, Union Berlin oder Roma bietet. Die Sonne scheint nicht mehr, es regnet. Vor allem ist das nicht mehr der FCZ von der Schützenwiese, wo er sich gegen Winterthur einen blamablen Auftritt erlaubte.
Im St. Galler Kybunpark tut er alles, um den Nachweis zu erbringen, dass er die Lektion gelernt hat. Er hält die zähen Schotten weitgehend unter Kontrolle, auch wenn er sich nach der Pause etwas schwerer tut, sich entscheidend Freiräume zu verschaffen. Und sich hinterher allenfalls darüber aufhalten kann, durch Fabian Rohner die grosse Chance zu einem dritten Treffer vergeben zu haben.
Aber was am Ende bleibt, das ist der Sieg, ist dieses 2:1, das dem Schweizer Meister am kommenden Donnerstag in Edinburgh alle Chancen lässt, sich zum ersten Mal seit 2018 wieder für die Gruppenphase der Europa League zu qualifizieren. Und es ist ein Sieg, den er sich dank seiner spielerisch überzeugenden Leistung in der ersten Halbzeit und seiner kämpferischen Haltung über die ganzen neunzig Minuten absolut verdient.
Dzemaili wieder der Chef
So dürfe man sich nicht präsentieren, hat Franco Foda am Vortag wegen der Leistung in Winterthur noch gesagt, die Mannschaft habe sich einsichtig gezeigt. Im Kybunpark, für diesen Abend das Heimstadion, weil der Letzigrund wegen eines Konzerts belegt ist, lassen die Zürcher auf die Worte ihres Trainers die Bestätigung folgen. Von Anfang an sind sie präsent, kämpferisch, willens, sich den Sieg zu erarbeiten.
Foda hat gegenüber dem Sonntag vier Spieler neu aufgestellt. Das sind Karol Mets wie Becir Omeragic in der Abwehr, Ole Selnaes als neuer Partner von Blerim Dzemaili im Mittelfeld und der junge Ukrainer Bogdan Viunnyk im Angriff. Im Zentrum der Aufmerksamkeit ist Dzemaili. Das ist nicht mehr der Dzemaili vom Sonntag, der dauernd lamentiert und alle für seine Fehler schuldig spricht, nur sich selbst nicht. Jetzt ist er der Patron, der wieder so ist wie in der vergangenen Saison. Er reisst alle mit, und nur seine grauen Haare erinnern daran, dass er schon 36 ist.
Dass er zu den Torschützen gehört, ist kein Zufall. Im Sechzehner ist er präsent, als der Ball nach einem Querpass von Guerrero direkt vor seine Füsse rollt. Mit seinem wuchtigen Schuss lässt er Hearts-Goalie Gordon keine Chance. Das trägt sich in der 34. Minute zu und ist das 2:1, das die Wende für den FCZ perfekt macht. Die Südkurven-Delegation ist noch ein wenig lauter, als sie es sonst schon den ganzen Match über ist. Sie lärmt so, dass gar nicht das Gefühl aufkommt, es seien nur 5347 Zuschauer im Stadion.
Nur zwölf Minuten liegen zwischen Dzemailis Tor und dem Elfmeter, den Hearts zur Führung genutzt hat. Selnaes tritt Atkinson ungeschickt auf den Fuss, Shankland lässt Captain Yanick Brecher keine Chance. Das erste Zeichen zur Wende setzt Viunnyk, tief in der eigenen Platzhälfte erkämpft er sich den Ball und stürmt los. Schliesslich spielt er den Ball zu Dzemaili, der Gordon zur Parade zwingt. Allein diese Szene zeigt, was an Potenzial in Viunnyk steckt.
Den Ausgleich leitet dann Brecher mit einem weiten Abschlag ein. Atkinson hat das Pech, den Ball in den Lauf von Adrian Guerrero zu legen. Und Guerrero lässt sich die Chance allein vor Gordon nicht entgehen. Der gleiche Aussenläufer ist es dann, der die Vorarbeit zum Führungstor leistet. Auch das ist kein Zufall. Guerrero erinnert nach vielen durchzogenen Leistungen wieder an den Spieler der Meistersaison.
Fodas positiver Ausblick
Nach der Pause ist der FCZ längere Zeit mit Verteidigen beschäftigt. Im Offensivspiel hat er nicht mehr die gleiche Wucht wie vorher. Das heisst aber nicht, dass er deshalb selbst in Nöte gekommen wäre. Er arbeitet mit so viel Disziplin und Leidenschaft, dass Brecher kaum Arbeit zu erledigen hat.
Foda ist denn auch zufrieden mit dem, was er von seiner Mannschaft gesehen hat. Sie sei von der ersten Sekunde an «griffig» gewesen und «sehr kreativ» mit dem Ball, sagt er. Und nun hofft er, dass sie dadurch neue Energie bekomme und der Glauben an die eigene Stärke wieder gewachsen sei.
Nur ein Manko sieht er: dass im Abschluss die Effizienz gefehlt hat. In keinem Moment mehr als in der 89. Minute, als Rohner nach seinem Sprint allein vor dem Tor auftaucht und an Gordon scheitert. Foda beschliesst den Abend trotzdem mit einer positiven Note: «Wir haben im Rückspiel alle Möglichkeiten.»