Anulu hat geschrieben:https://www.tagesanzeiger.ch/die-gewalt-aus-der-suedkurve-hilft-ihren-aergsten-gegnern-399692786617
kann das jemand bitte entpaywallen? Danke :)
Die Gewalt aus der Südkurve hilft ihren ärgsten Gegnern
Der Angriff aus der FCZ-Kurve geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem sowieso schon an mehr Repression gedacht wird: zum Beispiel an das generelle Verbot von Auswärtsfans.
MEINUNG Florian Raz
Publiziert heute um 16:45 Uhr
Was ist das für eine gewaltige selbst beigefügte Niederlage. Herbeigeführt von vielleicht einhundert jungen Männern, angetrieben von irgendwelchen machoiden Gewaltfantasien.
Da fürchten die organisierten Fans in den Kurven monatelang, die Prüfung des Covid-Zertifikats vor den Schweizer Fussballstadien könnte zu personalisierten Tickets führen. Und dann schafft es eine Gruppe aus der Zürcher Südkurve mit ihrer Attacke gegen den GC-Fansektor, dass genau dieses Thema aber so etwas von brühwarm wieder auf den Tisch kommen wird.
Und da wird noch viel mehr kommen. Bundesrätin Viola Amherd empfindet Gewalt in Fussballstadien als ein akutes Problem, das gelöst gehört. Wer sich bei der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandanten der Schweiz schon nur danach erkundigt, wie viele runde Tische, Aktionsgruppen und interne Papiere es derzeit zum Thema Fangewalt gibt, wird auf später vertröstet.
Das Verbot von Auswärtsfans
Klar ist, dass die Polizei die Kosten reduzieren will, die rund um Fussballspiele entstehen. Und dabei wird mit Blick auf die Fankurven auch die Frage gestellt: Braucht es das noch, oder kann das weg?
Spruchreif ist nichts. Aber Szenarien werden schon seit längerer Zeit gewälzt. Personalisierte Tickets, Sitzplatzpflicht im ganzen Stadion oder gar das schweizweite Verbot von Auswärtsfans – für all das gibt es Fürsprecher in der Politik und bei der Polizei.
Wobei sich die Polizeikommandanten bewusst sind, dass solche rigorosen Massnahmen lang anhaltende und im schlimmsten Fall gewalttätige Proteste von Kurvenfans im ganzen Land zur Folge haben dürften.
Ein Jahr Gewalt für mehr Ruhe danach?
Es gibt polizeiintern sogar Stimmen, die sich dafür aussprechen, durch ein «Tal der Tränen» zu gehen, um später mehr Ruhe zu haben. Sie wären bereit, ein Jahr lang deutlich mehr Polizeieinsätze rund um Stadien zu riskieren. Weil sie davon ausgehen, dass sie dafür danach viel weniger Arbeit hätten.
Diese Hardliner bekommen durch die Bilder aus dem Letzigrund Auftrieb. Da nützt es nichts, wenn die Clubs darauf verweisen können, dass Gewalt innerhalb von Stadien die krasse Ausnahme darstellt. Und dass Massnahmen gegen eine gewaltbereite Minderheit immer auch eine grosse, friedliche Mehrheit mittreffen.
Für die Vereine und die Liga ist die Gewalt vom Samstag eine mittlere Katastrophe. Sie haben gerade beim FC Sion gesehen, wozu mehr Repression führen kann: Der FC Sion hat wegen Sitzplatzpflicht und personalisierter Tickets wochenlang vor halbierter Zuschauerzahl gespielt. Das können sich die meisten Clubs in der Schweiz nicht leisten.
Die Wut in den anderen Städten
In anderen Schweizer Fankurven ist die Wut auf die Südkurve gerade gross. Weil der Samstag alle Ziele sabotiert, die die organisierten Fans verfolgen: viel Freiraum, wenig Repression, die Einsicht, dass Fankultur positiv und kreativ sein kann.
Auch in der Südkurve selber gibt es Menschen, die wissen, wie sehr der Samstag der eigenen Sache geschadet hat. Es wäre darum im ureigenen Interesse der Kurve, sich nicht weiter mit den Gewalttätern in ihren Reihen zu solidarisieren. Weil nur so gezielt jene bestraft werden können, die randaliert haben.
Gelingt dieser Akt der Selbstregulierung nicht, wird wohl an der Repressionsschraube gedreht. Und das trifft dann alle, die gern in ein Stadion gehen.