Kollegah hat geschrieben:https://www.derbund.ch/er-spielte-unter-klopp-und-tuchel-jetzt-sucht-er-das-glueck-beim-fcz-322135247937
Kann jemand den Artikel posten? Danke!!
Moritz Leitner im Interview
«Für Klopp willst du sofort aufs Feld und 100 Kilometer rennen»
Er galt als eines der grössten Talente Deutschlands, mit 17 wechselte er zu Borussia Dortmund. Moritz Leitner über das Leben als früh gepriesenes Wundertalent und erotische Fan-Fiktion.
Florian Raz
Als ich Sie gegoogelt habe, musste ich herzlich lachen.
Das ist schon mal ein guter Anfang.
Ich habe etwas entdeckt, das mir bislang unbekannt war: erotische Fan-Literatur über Fussballer.
Wow! Das höre ich jetzt auch zum ersten Mal. Ich google mich jetzt nicht so häufig. Aber Sie können mir ja einen Link zukommen lassen. (lacht)
Sie sind mit Ihren 28 Jahren schon in mancher Schublade gelandet. Welche hat Sie am meisten genervt?
Ich weiss jetzt nicht, welche Schubladen Sie meinen.
«Mädchenschwarm» wäre zum Beispiel so eine.
Das ist ja eigentlich erst mal ein Kompliment. Aber ob ich das wirklich bin, geht nur meine Nächsten etwas an. Es muss dir als Fussballer egal sein, was Leute über dich denken, bloss weil sie dich auf dem Feld sehen.
In der «Süddeutschen Zeitung» stand über Sie nach dem Meistertitel mit Dortmund: «Der mit der grössten Klappe im Team».
Das kann ich verneinen. Gut, wir hatten damals eine super Truppe zusammen. Mit Mats (Hummels, Red.) verstehe ich mich heute noch sehr gut. Wir sind beide in München geboren, da macht man halt mal Sprüche übereinander. Das ist wohl in die Presse gekommen. Aber die grösste Klappe, das würde ich dann schon nicht sagen.
Horst Hrubesch, der beim deutschen Nationalteam als Ihr Förderer galt, soll gesagt haben, Sie seien beim Spass immer dabei gewesen, bei der Arbeit aber weniger.
Ich glaube nicht, dass er das gesagt hat. Das sind so Dinge, die irgendwann mal in die Presse gekommen sind, die aber überhaupt nicht stimmen. Ich investiere extrem viel, um wieder hundertprozentig fit zu werden. Da können Sie gern die Fitnesstrainer hier fragen. Ich trainiere gern, ich fahre gern Extraschichten. Alles andere ist eine Schiene, in die ich mal gedrückt wurde.
«Klopp hat eine sehr menschliche Art. Ich dachte: ‹Dem muss ich das Vertrauen zurückzahlen.›»
Der damalige Dortmund-Trainer Thomas Tuchel antwortete mal auf die Frage nach Ihrer besten Position mit: «Auf der Acht, der Zehn, der Elf, der Sieben – mal schauen.»
Das war wohl, als er neu gekommen ist, als er sich ein Bild machen musste. Tuchel ist ein überragender Trainer, der Ideen hat, auf die viele Trainer wohl nicht kämen. Darum nimmt er sich immer etwas Zeit, um sich Gedanken zu machen. Ich bin auch dankbar, mit solchen Trainern gearbeitet zu haben. Das war eine wertvolle Zeit für mich.
Jürgen Klopp sagte über Sie: «Ein herausragendes Talent, von denen es nicht viele gibt.»
Das ist ein sehr schönes Kompliment, wenn man es von einem Trainer seines Kalibers hört. Aber davon kann ich mir jetzt halt auch nix kaufen. Das ist alles schon so weit weg.
Das war, als Sie mit 17 einen Vertrag bei Dortmund erhalten haben. Wie ist es, wenn man als Teenager von einem Trainer wie Klopp derart gelobt wird? Ich wäre vermutlich komplett abgehoben.
Als Fussballer ist es am besten, wenn du solche Dinge gar nicht erst mitbekommst. Ich liebe es einfach, auf dem Platz zu stehen, Erfolge zu feiern. Den Fans und der Familie ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Darum geht es. Und nicht darum, in der Öffentlichkeit von Trainern gelobt zu werden, die dich ja noch gar nicht richtig kennen.
Aber Klopp hat Sie damals doch umgarnt. Sie waren begehrt – und er wollte Sie nach Dortmund holen.
Stimmt. Als ich damals Kloppo das erste Mal getroffen habe … Er hat einfach eine Ausstrahlung, eine Kraft, die war sehr, sehr beeindruckend. Normalerweise traue ich mich schon, alles zu sagen. Aber damals war das schon ein Wow-Effekt. Aber er macht das dann auf so eine menschliche Art, dass man sofort auf den Platz stürmen und 100 Kilometer rennen will – für ihn. Darum hatte ich nicht das Gefühl, dass ich jetzt abheben kann. Eher dachte ich: Hey, jetzt muss ich noch viel mehr machen, damit ich das Vertrauen zurückzahlen kann.
«Als ausgeliehener Spieler bist du immer ein wenig abgestempelt.»
Woher kommen denn all diese Geschichten über Sie? In der «Stuttgarter Zeitung» stand, bei keinem Spieler sei der Unterschied zwischen innerer und äusserer Wahrnehmung grösser als bei Ihnen. Sind Sie damals abgehoben?
In Stuttgart hatten wir eine schwierige Zeit. Und als ausgeliehener Spieler bist du immer ein wenig abgestempelt. Immer kommt die Frage: «Gibt er wirklich alles für den Verein?» Und auch mit Trainer Huub Stevens gab es Diskussionen. Damals ging es damit los, dass ich in eine Schublade gesteckt wurde – auch öffentlich –, die ich nicht verstanden habe. Und ich habe mich auch nicht öffentlich dagegen gewehrt, weil ich keinen Stress machen wollte.
Das entspricht Ihnen aber nicht unbedingt, oder? Ernst Tanner hat Sie im 1860-Nachwuchs erlebt und erzählt von einem Jungen, der sich immer gewehrt hat und darum recht häufig Küchendienst geschoben haben soll.
(lacht) Da wissen Sie mehr als ich. Aber ich habe es von meinem Vater nicht anders gelernt: Lügen ist etwas vom Schlimmsten, was es gibt, und das kann ich auch nicht. Wenn ich überzeugt bin, dass es dem Team hilft, dann sage ich auch etwas. Schweigen ist dann keine Option. Vielleicht hat er das gemeint, dass ich intern auch Dinge angesprochen habe, die man als junger Spieler vielleicht eher nicht ansprechen sollte. (lacht)
Warum haben Sie damals in Stuttgart geschwiegen?
Wir hatten sportliche Schwierigkeiten. Vielleicht hätte ich mich wehren sollen, aber das kann ich nicht mehr ändern. Ich bin jetzt hier in Zürich und will so schnell wie möglich meine Leistung zeigen und die Freude am Spiel wieder spüren.
Haben Sie sie mal verloren? Zum Beispiel, als Sie zuletzt bei Norwich aussortiert worden sind?
Ich habe ein sehr schwieriges Jahr hinter mir. Natürlich einerseits wegen Corona. In Norwich durften wir ja nicht mehr aus dem Haus. Aber auch sportlich. Bei Norwich war klar: Ich werde kein Teil mehr sein vom Team. Sie planen anders, was ja auch ihr Recht ist.
Warum wollte Norwich Sie loswerden?
Den Grund habe ich nie erfahren. Es war sehr schwer zu akzeptieren, dass ich aus dem Nichts heraus unerwünscht war. Wenn du als Fussballer nicht mehr das tun darfst, wofür du immer gelebt hast, ist es schon kein Traumjob mehr. Das hier ist es. (Er zeigt in die Saalsporthalle, Red.) Hier, fünf gegen fünf mit ein paar Freunden kicken. So bin ich aufgewachsen.
Ist der FC Zürich für Sie so etwas wie der Reset-Knopf in Ihrer Karriere?
Das würde ich so nicht sagen. Der FCZ ist der Verein, mit dem ich eine erfolgreiche Geschichte schreiben will.
Und warum sind Sie in Zürich gelandet?
Ich wollte in eine Kultur, die mir nicht fremd ist. Wohin, wo meine Sprache gesprochen wird. Beim FCZ ging es um das Umfeld, die Menschlichkeit in den Gesprächen. Um die Frage: Ist es für den Verein und für mich eine Win-win-Situation?
Was ist Ihr Win?
Dass ich aus einer schwierigen Situation wieder auf den Platz komme. Und dass mir mit Spielpraxis geholfen wird und mit einem Trainer, der mir Dinge zeigt, bei denen ich mich verbessern kann.
Und das Win für den FCZ?
Er bekommt einen Spieler, der hoffentlich der Mannschaft hilft, so viele Punkte wie möglich zu gewinnen, damit wir Ende Saison mit einem Lächeln dastehen.
«Ich habe ausdrücklich einen Vertrag über nur ein Jahr gewünscht.»
Ihr Vertrag läuft nur ein Jahr, was im Fussball recht selten der Fall ist. War das ein Misstrauensvotum des Vereins – oder wollen Sie möglichst rasch wieder weg?
Das war ausdrücklich von mir gewünscht. Ich habe Geschichten miterlebt, wo man gesagt hat: Alles ist super, super, super. Und dann ist es doch nicht so eingetroffen, wie es versprochen worden ist.
Sie sind ein gebranntes Kind.
Ich habe Erfahrungen gemacht, bei denen sehr wenig Menschlichkeit geherrscht hat. Ich habe klipp und klar gesagt: Lasst uns schauen, wie es sich entwickelt. Vielleicht ist es für den Verein nicht so wie gewünscht, vielleicht für mich. Aber wenn das geschieht, was wir uns vorgenommen haben, dann führen wir in drei, vier Monaten wieder ehrliche Gespräche und sagen: Hey, es hat gepasst, lasst uns schauen, was der nächste Schritt sein könnte.
Wonach fühlt es sich derzeit an?
Ich fühle mich sehr wohl.
Sie können auch kaum was anderes sagen, da sich gerade der Pressechef des FCZ neben Sie gesetzt hat.
Nein, nein … Auch ganz abgesehen vom Club: Die Schweiz, die Stadt Zürich – das ist unfassbar schön. Ich bin ja schon als Münchner etwas verwöhnt. Aber was ihr hier habt – Hut ab.
Und Ihr Bayrisch hilft Ihnen beim Verstehen von Schweizerdeutsch?
Absolut. Auch wenn ich bei gewissen Wörtern natürlich denke: wow. Kürzlich wurde ich gefragt, ob ich ein Dings haben wollte, wie hiess es? Ein Rüeblichüechli? Ja, genau. Und ich hatte keine Ahnung, was das sein könnte.