Josi hat geschrieben:Bis zum 2:1 durch Görtler habe ich zugeschaut, dann ist es mir verleidet. Der FCZ ist nicht fähig zwei einigermassen gleich gute Halbzeiten zu spielen. Sie lassen sich nach einer Führung zurückdrängen, überlassen dem Gegner Spiel und Raum und verteidigen bis eben des Gegners Tore fallen. Ich kann das einfach nicht verstehen. Warum sucht der FCZ nicht den dritten Treffer und zwar mit konstruktiven Fussball nach vorne? Wenn sich der Ball in den eigenen Reihen befindet und weg vom eigenen Tor ist, dann ist das doch die halbe Miete.
Wie man unter Magnin in vielen Spielen gesehen hat, ist das überhaupt nicht die halbe Miete, sondern kann den direkten Weg in eine hohe Niederlage bedeuten. Es sieht so aus, dass in der Super League fast nur bei YB viel Ballbesitz und Erfolg Hand in Hand gehen. Der Zusammenhang ist aber nicht direkt. Sie haben einfach Qualität (physisch, Passspiel), und dies führt sowohl zu mehr Erfolg, als auch zu mehr Ballbesitz. Manch andere Teams haben mehr Erfolg, wenn sie wenig Ballbesitz haben. Die Anzahl und Qualität ihrer Torchancen (im Vergleich zum Gegner) ist bei wenig Ballbesitz höher. Dann wiederum gibt es Teams, wo kein statistischer Zusammenhang zwischen den beiden Zahlen feststellbar ist.
Konterspiel ist das, was Tosin, Schönbi, Rohner, Kramer, Ceesay, Kololli, Marchesano, Dzemaili und Co. am besten können. Der FCZ hat sehr schnelle Spieler, die Raum benötigen (Rohner, Kramer, Ceesay, Tosin, Schönbi) und Spieler, die beim Umschalten die raumöffnenden Zuspiele spielen können (Marchesano, Dzemaili, Kololli, Schönbi). Wenn sie hingegen das Spiel machen müssen, können sie ihren Speed nicht ausnutzen, und sind auf engem Raum entweder technisch zu wenig gut (Kramer, Ceesay, Tosin,...) oder zu wenig handlungsschnell (Kololli, Dzemaili, mit Abstrichen Schönbi). Und da einige Mittelfeldspieler und Stürmer beim Umschalten in die Defensive eher schlecht sind, hagelt es dann Gegentreffer. Das alles gilt immer in Bezug auf Super League-Niveau. Würde die gleiche Mannschaft in der Challenge League spielen, würde die Analyse anders aussehen. Da würden Spieler, die in der Super League technisch schwach wirken, diesbezüglich ganz ordentlich rüberkommen, weil sie viel mehr Zeit und Raum hätten, die Bälle zu präparieren.
Gerade gegen St. Gallen hat der FCZ in den letzten Jahren seine Siege immer mit Konterfusball (tief stehen, schnelle Gegenstösse, wenig Ballbesitz) geholt. Die beiden Niederlagen (1:2 im Dezember, 1:3 im Juli letzten Jahres) waren die beiden Spiele mit dem höchsten FCZ-Ballbesitz. Im Dezember hat sich St. Gallen im Letzigrund aussergewöhnlich stark zurückgezogen. Der FCZ hatte mehr als 54% Ballbesitz und verlor das Spiel. Am Mittwoch hat man mit wenig Ballbesitz und Konterfussball in der 1. Halbzeit eine 2:0-Führung geholt. Und das Spiel zumindest nicht wie im Dezember verloren. Dass man es nicht gewonnen hat, lag daran, dass man es im Gegensatz zu anderen Duellen mit St. Gallen (zum Beispiel im Januar, 3:2-Auswärtssieg) ab einem gewissen Zeitpunkt kaum mehr schaffte, sich aus der Umklammerung zu lösen und matchentscheidende Konter zu fahren. Und weil man nicht zum ersten und auch nicht zum zweiten Mal ein Gegentor durch einen Quintilla-Standard erhalten hat. Im Duell FCZ - St. Gallen kann man also die Regel etablieren: "wer weniger Ballbesitz hat, gewinnt das Spiel oder verliert es zumindest nicht".
In dieser Phase der Saison spielt die Frische der Spieler eine grosse Rolle - allerdings nur wenn die entsprechenden Spieler auch Qualität und Mentalität mitbringen. Der frische Kamberi spielte beim FCZ ordentlich. Der frische Lüchinger bei St. Gallen hatte hingegen grossen Einfluss aufs Spiel und war wohl bester Mann auf dem Platz. Die drei schnellen Stürmer bis zur 60. Minute draussen zu lassen, war ein Poker von Zeidler. Ob dieser Poker aufgegangen ist, wird man erst nach der 36. Runde sagen können.