NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Hier kommt alles über Fussball rein, das nicht mit dem FCZ zu tun hat.
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devante
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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon devante » 07.05.21 @ 15:01

Thommy hat geschrieben:Der neue Trainer von Roma hat mit dem Club ab Saisonbeginn einen Vertrag abgeschlossen. Herr Levy zahlt dem entlassenen Trainer sicher nur bis Saisonende.

doch, Levy zahlt noch über ein jahr mit. klingt lustig, ist aber tatsächlich so. Quelle:
https://www.blick.ch/sport/fussball/int ... 09309.html
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likavi
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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon likavi » 09.05.21 @ 13:38

Colo hat geschrieben:Du musst dich Fragen, wieso ist der Fussball dort wo er jetzt ist? Nicht weil Leo Messi 100 Millionen verdient oder die Fifa so super Arbeit leistet. Der Fussball verbindet Menschen, fördert Emotionen. Ein Mensch kann noch Jahre danach an diesen Emotionen zerren.


Andere Sportarten (beispielsweise Volleyball) verbinden Menschen ebenso. Oder Musik. Das Spezielle am Fussball ist seine wirklich globale Bedeutung sowohl als sportliche Betätigung (Aktivfussballer) als auch als Unterhaltung und Lebenselixier für die Zuschauer. Es gab in der ganzen Zivilisationsgeschichte bis zur COVID-Pandemie wohl kein Phänomen, das so global war, wie der Fussball. Keine Religion, kein Handelsnetzwerk, keine Kunstform, keine anderen Sportarten, und selbst die «Weltkriege» nicht. Und daran hat die FIFA einen enormen Anteil. Im Gegensatz zu Verbänden von anderen Sportarten, die ursprünglich populärer als der Fussball waren, hat es die FIFA geschafft, die Fussball-Community, unterschiedliche Kontinente, reich und arm, international zusammenzuhalten und den Sport und seine Popularität stetig voranzutreiben. Es ist geradezu lächerlich, wenn im ZDF Aktuellen Sportstudio irgend ein junger Schnösel von Moderator so tut, als hätte er den Fussball quasi «selbst entdeckt» und die FIFA hätte mit dem «richtigen», «seinem» Fussball nichts zu tun. Da möchte man ihm zurufen: "Ohne die FIFA wäre der Fussball in Deutschland höchstens eine Randsportart wie Rugby geworden und du würdest dich gar nicht damit beschäftigen – so ist es, Junge!"

Colo hat geschrieben:Und das zu Beginn gerade Menschen aus sozial tieferen Schichten sich an dem Spiel erfreuten, machte diesen Effekt so wichtig. Wenn du 10 Stunden in einer Fabrik ohne Licht schuften musstest, konnte der Gedanke am Wochenende dem Sport Fussball und seinen Begleitumständen zu frönen, Wunder wirken und die Last wurde ein wenig kleiner. Der Fussball war auch eine Art Oase, wo die Arbeiterschaft das Sagen hatte. Denn die "Reichen" interessierte es schlichtweg nicht. Es war ja ein Sport für Arme. Da träumten die Jungen nicht von Millionen, sondern vom sportlichen Erfolg. Genau das was heutzutage ein wenig untergeht.

Durch die Erfindung des Fernsehers stieg die Beliebtheit des Fussball in der gesamten Bevölkerung an. Langsam merkte die Industrie, dass es Sinn macht im grossen Stil für ihre Firmen zu werben. Die Vereine wurden zu Unternehmen und betriebswirtschaftliche Aspekte wurden immer wichtiger.

Ganz zu Beginn war Fussball ein reiner Elite-Sport. Die Aufspaltung zwischen Fussball und Rugby entstand ja daraus, dass die feinen «Herrensöhnchen» der Eliteuniversitäten (Cambridge, Oxford) mit weniger Körperkontakt und mit dem Ball mehr am Fuss als in der Hand spielen wollten. Die Jungs von den mittelständischen Universitäten wie beispielsweise dem namensgebenden Rugby wollten hingegen härter spielen. Dadurch entstanden unterschiedliche Regeln und schliesslich unterschiedliche Sportarten. Fussball verbreitete sich dann in Europa zu Beginn sehr stark über Schweizer Privatschulen, in welche die Eliten aus ganz Europa ihre Kinder geschickt haben. Die Gründerväter des Deutschen und des Italienischen Fussballs brachten diesen aus Schweizer Privatschulen in ihr Heimatland. So fand der Sport auch seinen Weg an Schweizer Universitäten. Praktisch alle Schweizer Traditionsklubs wurden von Studenten gegründet. Der Begriff «Elite» ist da zwar vielleicht nicht ganz zutreffend, aber aus «armen Arbeiterfamilien» waren diese Jungs ganz sicher nicht, sondern vorwiegend aus dem aufstrebenden, international vernetzten Bürgertum. Die Eliten und das gehobene Bürgertum waren international mobiler. Gerade deshalb hat sich Fussball zu Beginn wahrscheinlich schneller weltweit verbreitet, als beispielsweise Rugby.

Klar, später haben ihn die jeweils lokalen «Arbeiter» für sich entdeckt und fussballkulturell vielerorts das Szepter übernommen. Das war die Zeit, die du schön beschrieben hast. Den Fabrikarbeiter von damals gibt es heute in Europa aber nicht mehr. Die Arbeitswelt ist sauberer, flexibler, kopflastiger und damit auch weiblicher geworden. Die Fussballklubs wurden durch die Professionalisierung zu Unternehmen. Wenn du Vollzeit-Angestellte beschäftigst, dann kannst du den Klub nicht mehr wie irgendeinen Dorfverein führen. Das wäre nicht verantwortungsvoll. Die Professionalisierung wurde Tatsache, weil dies bereits durch die Ticketeinnahmen der Zuschauer (lange Zeit viele davon Fabrikarbeiter) finanziell vielerorts möglich war. Ein erster Klub begann, den Profistatus für die Spieler offiziell oder inoffiziell einzuführen, und die anderen mussten dann nachziehen, wenn sie sportlich weiterhin mithalten wollten.

Colo hat geschrieben:Du fragst mich wer Geld rauspressen will. Genau kann ich dir keine Antwort geben, aber es gibt mehrere Gruppen die an dem Sport Fussball verdienen. Es wären da die Fernsehanstalten, die Berater, die Spieler, die Verbandsfunktionäre und die Vereine (bzw. deren Besitzer). Ich denke der Todfeind aller Fussballfans sollten die Fernsehanstalten sein.


Dafür, dass dies ein zentrales Mantra von dir ist, kommt dir da ausser populistischen Pauschalurteilen herzlich wenig in den Sinn. Die Verbandsfunktionäre verdienen wenig bis nichts. Manchmal ist es ja eben gerade ein Problem, dass sie so wenig verdienen, und deshalb einzelne schwarze Schafe empfänglich für Bestechung sind. Genauso wie Wettbetrüger praktisch immer mit Geringverdienern unter den Fussballern (und Schiedsrichtern) zusammenarbeiten, die das Geld sehr gut gebrauchen können. Aber gibt’s das im Fussball wirklich häufiger, als in anderen Branchen oder in der Politik? Da habe ich so meine Zweifel…

Die Besitzer der Vereine "pressen Geld raus"? Wer denn? Abgesehen von ein paar ganz wenigen Ausnahmen (Arsenal, Liverpool, ManU) verdient im europäischen Fussball kein Klubbesitzer Geld mit seinem Klub. Von «Geld herauspressen» sind die europäischen Klubbesitzer sowieso Lichtjahre entfernt. Oder kommt dir ein Beispiel in den Sinn?

Die Fernsehanstalten? Auch hier: nenne mir bitte auch nur eine einzige Fernsehanstalt, die mit Fussball Geld verdient hat! Die zahlen doch jeweils völlig überrissene Preise. Das rechnet sich direkt überhaupt nicht. Live-Fussball hat für die elektronischen Medien so eine grosse Bedeutung erlangt, dass sie einfach hoffen, mit Fussball viele Leute auf ihre Plattformen zu locken, so dass diese dort auch noch andere Inhalte konsumieren und das Medienunternehmen dann in einer Mischrechnung irgendwie mit einer «Schwarzen Null» rauskommt. Aber das ist meist mehr eine Hoffnung, als wirklich Realität. Was sicher ist: schon einige TV-Anstalten sind Konkurs gegangen, weil sie zu viel für Fussball bezahlt haben. Die Spieler hats gefreut, denn sie haben von dem Geldsegen profitiert. Und eben auch viele weitere Angestellte im und um den Fussball. Ja, dazu gehören auch Berater. Aber das sind jetzt auch nicht die grossen Summen, welche die meisten von ihnen verdienen. In der Schweiz beispielsweise gibt es verschiedene Berater, die in eher prekären finanziellen Verhältnissen leben. Es gibt einfach mittlerweile sehr viele Spieler, Berater, Physiotherapeuten, Trainer etc. – und das summiert sich dann. Verlierer bei diesen Medienkonkursen waren jeweils die Besitzer der Medienunternehmen und deren Kreditgeber (Banken).

Colo hat geschrieben:Agnelli wollte die Spielzeit verkürzen. Doch wieso wollte er das? Er merkte wie die Fussballbegeisterung in der jüngeren Bevölkerung abnahm, bzw. das Interesse an der Champions League abnahm. Doch Agnelli macht eine Fehlüberlegung, die Schuld liegt nicht an der fehlenden Konzentrationsfähigkeit über 90 Minuten. Nein, das Problem ist dass sich viele Menschen schlichtweg Fussballschauen nicht mehr leisten können. Wenn du bedenkst woher der Fussball kommt. sind soche Tatsachen nur noch traurig. In England gehen mehrere Fangenerationen verloren, sie werden durch Touristen ersetzt und etwa 99 Prozent der Einnahmen werden für Stars aus dem Fenster geworfen. Die Glaceverkäufer, die Medien und die Hoteliers würden wohl kaum weniger verdienen, nur weil sich der Sport sich auf seine Basis konzentrieren würde. Es braucht ein Wandel in Richtung eines nachhaltigen Wettbewerbs, fairen Eintrittspreisen - Fussball für alle ob im TV oder im Stadion.


«Für alle im Stadion» geht gar nicht, wenn wir von der Premier League sprechen. Die Geringverdiener wurden ja aus den Premier League-Stadien wegen der riesigen Popularität des Fussballs verdrängt. Es hat gar nicht für alle genug Platz. Man müsste teilweise Stadien mit 100'000 oder 150'000 Zuschauer Kapazität haben. Ein Grossteil muss also so oder so draussen bleiben. Was wäre denn fairer? Lotterie? First come, first served? Vitamin B? Hundertprozentige Fairness gibt es nicht, aber ich finde es über den Preis immer noch am fairsten. Denn dann kommen (fast) nur Leute rein, denen das Spiel auch wirklich wichtig ist, sonst würden sie nicht so viel bezahlen. Natürlich gibt es auch Einzelne aus der «Elite», für welche die Preise Peanuts sind, aber der Hauptharst der heutigen Premier League-Zuschauer sind aus dem «Mittelstand». Für diese Leute sind die Ticketpreise auch ziemlich teuer, aber trotzdem noch bezahlbar. Mit welcher Begründung soll nun ein Premier League-Ticket künstlich billiger gemacht und an einen Geringverdiener abgegeben werden? Der nimmt dann ja jemandem aus dem Mittelstand den Platz weg. Hat dieser weniger Berechtigung, im Stadion zu sein? Muss in einem Stadion jede «Gruppe der Gesellschaft» wie immer man diese definieren mag, gleichmässig repräsentiert sein, wie die Kantone im Ständerat? Was tatsächlich passiert, ist doch, dass viele ihr Interesse auf die Championship, League One, League Two etc. verschieben. Dort spielen sowieso vweniger «Gucci-Fussballer» - man kann mit ihnen mehr anfangen.

Glaceverkäufer, Hoteliers und Medien würden bei geringerem Umsatz im Fussball ebenfalls weniger verdienen. Als Fussballfan finde ich mehr Geld im Fussball grundsätzlich eine gute Sache. Es ist das direkte Resultat der Popularität des Sportes und gibt ihm einen Vorsprung im Vergleich zu anderen Sportarten. Mehr Geld im Fussball bedeutet automatisch auch, dass die Anzahl Fussballer, die von diesem schönen Sport leben können, steigt. Das freut mich persönlich für jeden, der dies schafft. Aber es muss nachhaltig und langfristig sinnvoll sein – und die Tradition, europäische Fussballkultur sowie die Unabhängigkeit der Klubs und der Fussballspieler respektieren. Entwicklungen wie die «Super League», die nur kurzfristig mehr Geld in den Fussball pumpen, diesem langfristig aber grossen Schaden zufügen, finde ich schlecht.

Colo hat geschrieben:Ein interessanter Gedanke. Doch stell dir vor du müsstest jedes zweite Wochenende nach Rumänien oder Finnland reisen... Aus Fansicht sicherlich nur bedingt interessant. Ich sehe kein Grund die nationalen Ligen zu "zerstören",


Aus der Schweiz würden wohl je nach Saison null, einer oder höchstens zwei Klubs auf europäischer Ebene mitspielen. Je nachdem wie viele Stufen und Staffeln es da geben würde. Der FCZ würde mit grosser Wahrscheinlichkeit immer noch in der obersten Schweizer Liga spielen. Vielleicht hätte er je nach Entwicklung alle 10 oder 20 Jahre mal die Chance auf den Aufstieg auf ein europäisches Level und würde dann versuchen, dort den Klassenerhalt zu schaffen. Beispielsweise bei drei europäischen Levels (1. Liga eingleisig, zweigleisige 2. Liga, dreigleisige 3. Liga) wäre man dann in einer der drei 3. Liga-Staffeln, die natürlich nach geografischen Kriterien eingeteilt würden. Die Cup-Wettbewerbe wären weiterhin national und erhielten so wieder eine zusätzliche Bedeutung, weil es der einzige Wettbewerb wäre, in welchem alle Klubs aus einem bestimmten Land mitspielen (inklusive Amateure und den Top-Klubs, die auf europäischer Stufe spielen) und daher so etwas wie der nationale Champion erkürt würde. Klar wäre der grösste Nachteil an diesem Modell, dass in vielen Ländern die grössten Zugpferde in der obersten nationalen Liga nicht mehr dabei wären. Aber die spielen ja schon heute eigentlich in einer eigenen Liga.

Colo hat geschrieben:die Uefa oder Fifa kann als Verband die Vereine dazu verpflichten (in Zusammenarbeit mit der EU) 1. nicht mehr Geld ausgeben als sie selbst verdienen 2 Lohndeckel einführen. Und jeder Verstoss wird mit einem Zwangsabstieg geahndet, um einem Betrug vorzubeugen.


Das gefällt mir aus ganz vielen Gründen nicht, speziell der zweite Punkt. Erstens wäre es ein massiver Eingriff in die Unabhängigkeit der Vereine. Es ginge dann stark in Richtung amerikanischer Profisportarten, wo die «Konsumenten» in den Trikots ihres lokalen Teams im Stadion sitzen, aber im Prinzip werden die wesentlichen Entscheide für alle Klubs von der Liga zentral orchestriert und stark mitbestimmt – inklusive der Farben der Trikots selbst. Irgendwie eine Farce – das ist dann wirklich nicht mehr echter Sport, wie wir ihn in Europa verstehen, sondern einfach ein Theater. Von da zu von der Liga arrangierten «Relocations» von Teams in eine ganz andere Stadt, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Willst du wirklich von einem Klub Fan sein, der aus dem gleichen Büro gesteuert wird, wie GC, YB, St. Gallen und der FC Basel?

Zudem: was bringt es, solche Selbstbeschränkungen einzuführen? Die Amerikaner können das bisher in ihren Sportarten noch durchziehen, weil sie keine Konkurrenz haben, aber selbst die NHL musste zeitweise ihre restriktiven Regularien lockern, als plötzlich die KHL zeitweise genug Geld hatte, um einige der besten russischen Spieler in Russland zu halten und dazu einige sehr gute Schweden und Kanadier zu verpflichten. Profitieren von solchen Selbstbeschränkungen tun immer andere Länder und andere Sportarten. Die Schweiz fiel im Fussball über Jahrzehnte in der Entwicklung zurück und qualifizierte sich nach 1966 bis 1994 für keine WM mehr, weil man im Halbprofistatus stecken blieb.

Die Spieler verdienten zwar immer mehr, mussten aber pro forma noch halbtags irgendwo sonst arbeiten gehen, weil Profifussball und allgemein Geld (Lebensunterhalt verdienen) in Verbindung mit Sport in der Schweiz lange verpönt war. Man wollte an der Idee des selbstlosen Amateursportlers festhalten. Es war eben genau diese romantisierte Ideologie vom «ehrlichen» Fussball, die du propagierst, welche den Schweizer Fussball Jahrzehnte von der internationalen Bildfläche so gut wie hat verschwinden lassen. Letztendlich ist dies im Kern auch etwas eine elitäre Idee, denn wer zur Elite gehört, hat es nicht nötig, als Sportler Geld zu verdienen. Es gab da zum Beispiel mal noch einen Skifahrer names Hubertus von Hohenlohe aus Deutschland, der für Mexiko an den Start ging und Ski Alpin-Rennsport als teures Hobby betrieb. So ähnlich kann man sich auch die Fussball-Pioniere mit ihrem Amateur-Ethos vorstellen.

Die Schweiz hat wegen der viel zu späten Einführung des Profistatus im Vergleich mit anderen Ländern den Anschluss verloren und den Rückstand erst ab den 90er-Jahren mit dem Bekenntnis zum Profifussball und dem Einstieg der Credit Suisse als Hauptsponsor beim Verband (dadurch konnte man erstmals etliche hochqualifizierte festangestellte Juniorentrainer im Verband engagieren) wieder aufgeholt.

Die Klubs sind wie JEDE andere unabhängige Organisation der Welt (ob Verein oder Firma), selbst dafür verantwortlich, langfristig nicht mehr Geld auszugeben, als sie einnehmen. Und auch selbst zu bestimmen, wofür sie wie viel Geld ausgeben – Löhne, Infrastruktur, Administration, Trainer, Academy etc. Wenn du diese Verantwortung nicht mehr selbst übernimmst, dann bist du nicht mehr unabhängig. Dann hast du quasi einen Vormund, der über dich bestimmt. Fast alle kriegen das auch hin. Die wenigen, die es nicht hinkriegen, gehen dann halt Hopps. Das ist ein natürlicher Prozess. In der Schweiz sind seit den 80er-Jahren ALLE Traditionsklubs, die Hopps gegangen sind, danach wieder nach oben gekommen.

Dazu käme dann auch noch die Frage der Durchsetzbarkeit. Die UEFA hat ja schon jetzt Mühe, Financial Fairplay durchzusetzen und da geht es nur um Klubs, die an UEFA-Wettbewerben teilnehmen wollen und gegen die man daher ein Druckmittel in der Hand hat. Die UEFA ist von zwei Seiten unter Beschuss – von den «Super League»-Leuten auf der einen und von vielen Fans wie dir auf der anderen Seite. Die Macht der UEFA nimmt also eher ab und daher ist es völlig unrealistisch zu denken, sie könnte nun plötzlich so weitreichende Macht in alle nationalen Ligen hinein ausüben. Man müsste sie zuerst wieder stärken. Die «Super League»-Leute haben da ganze Arbeit geleistet, die organisierten Fans und die internationalen Verbände mit Propaganda auseinanderzudividieren. Dabei wären sie natürliche Alliierte, da die FIFA und UEFA ebenfalls demokratisch von unten nach oben aufgebaut sind. Wenn sie mit der FIFA und UEFA zusammenarbeiten würden, könnten die organisierten Fans zwar sicherlich nicht alle ihre Wünsche durchsetzen, aber viel mehr davon, als in irgendeiner anderen Konstellation. So aber werden sowohl die Fans wie auch die FIFA/UEFA immer mehr isoliert. Und in das Vakuum stösst dann die Super League und ähnliches vor.

Was Brüssel betrifft: das, was du vorschlägst, widerspricht den Grundprinzipien der EU. Die hast du sicher nicht im Boot.

Colo hat geschrieben:Was ich dir noch mitgeben will, der Fussball ist nicht nur Chelsea gegen PSG. Fussball ist der FC Red Star, YF Juventus, FC Kosova.


Das musst du mir nicht «mitgeben». Ich bin in Nicht-Coronazeiten häufig auf der Allmend, im Juchhof, im Heerenschürli, auf dem Hönggerberg, im Eichrain oder auf der Buchlern anzutreffen. Und du?

Colo hat geschrieben:Auch der FCZ empfinde ich noch als ehrlichen Fussball, ich hoffe das bleibt noch so und die regionale Verankerung wird noch intensiviert. Da sehe ich eine gewisse Chance bei der abgehobenen Champions League, dass der regionale Sport an Bedeutung gewinnt.


Was ist «ehrlicher» Fussball? Das ist etwas gar viel romantische Überhöhung. Nur weil jemand weniger Geld hat, heisst das überhaupt nicht, dass er «ehrlicher» ist. Natürlich schätzt man irgendwann die Situation realistisch ein und baut sich dann darauf eine Identität auf, im Sinne von: «an FCZ und GC kommen wir nicht vorbei, also positionieren wir uns anders». So definieren sich beispielsweise Red Star oder Höngg explizit als reine Amateurklubs, die ihren Spielern möglichst kein oder fast kein Geld bezahlen. Wenn es aber GC und den FCZ nicht gäbe, dann wäre vielleicht Red Star der Topklub in Zürich mit dem (für regionale Verhältnisse) vielen Geld. Der FCZ bewegt sich genauso in einer fundamental anderen Dimension als Red Star, wie Manchester City im Vergleich zum FCZ.

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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon Colo » 17.05.21 @ 10:56

likavi hat geschrieben:Andere Sportarten (beispielsweise Volleyball) verbinden Menschen ebenso. Oder Musik. Das Spezielle am Fussball ist seine wirklich globale Bedeutung sowohl als sportliche Betätigung (Aktivfussballer) als auch als Unterhaltung und Lebenselixier für die Zuschauer. Es gab in der ganzen Zivilisationsgeschichte bis zur COVID-Pandemie wohl kein Phänomen, das so global war, wie der Fussball. Keine Religion, kein Handelsnetzwerk, keine Kunstform, keine anderen Sportarten, und selbst die «Weltkriege» nicht. Und daran hat die FIFA einen enormen Anteil. Im Gegensatz zu Verbänden von anderen Sportarten, die ursprünglich populärer als der Fussball waren, hat es die FIFA geschafft, die Fussball-Community, unterschiedliche Kontinente, reich und arm, international zusammenzuhalten und den Sport und seine Popularität stetig voranzutreiben. Es ist geradezu lächerlich, wenn im ZDF Aktuellen Sportstudio irgend ein junger Schnösel von Moderator so tut, als hätte er den Fussball quasi «selbst entdeckt» und die FIFA hätte mit dem «richtigen», «seinem» Fussball nichts zu tun. Da möchte man ihm zurufen: "Ohne die FIFA wäre der Fussball in Deutschland höchstens eine Randsportart wie Rugby geworden und du würdest dich gar nicht damit beschäftigen – so ist es, Junge!"

Nunja die Fifa von 1950 ist nicht die Fifa von den letzten 20 Jahren... Nur weil die Fifa eine Zeit lang im Sinne der Menschen handelte, heisst es ja nicht dass dies immer so sein wird. Die Fifa hat den Fussball gross gemacht und ist daran den Fussball wieder zu zerstören.


Dafür, dass dies ein zentrales Mantra von dir ist, kommt dir da ausser populistischen Pauschalurteilen herzlich wenig in den Sinn. Die Verbandsfunktionäre verdienen wenig bis nichts. Manchmal ist es ja eben gerade ein Problem, dass sie so wenig verdienen, und deshalb einzelne schwarze Schafe empfänglich für Bestechung sind. Genauso wie Wettbetrüger praktisch immer mit Geringverdienern unter den Fussballern (und Schiedsrichtern) zusammenarbeiten, die das Geld sehr gut gebrauchen können. Aber gibt’s das im Fussball wirklich häufiger, als in anderen Branchen oder in der Politik? Da habe ich so meine Zweifel…

Die Besitzer der Vereine "pressen Geld raus"? Wer denn? Abgesehen von ein paar ganz wenigen Ausnahmen (Arsenal, Liverpool, ManU) verdient im europäischen Fussball kein Klubbesitzer Geld mit seinem Klub. Von «Geld herauspressen» sind die europäischen Klubbesitzer sowieso Lichtjahre entfernt. Oder kommt dir ein Beispiel in den Sinn?

Es sind meistens sehr komplizierte Geschichten und ich habe keine Zeit dir dutzende Geschichten aufzuschreiben.
Hier für dich ein Beispiel:
Gregori und Igor Surkis sind zwei ukrainische Superreiche. An diesen zwei Oligarchen kommt man in der Ukraine nicht vorbei. Die zwei sind innert wenigen Monaten in der Post Sowjetunion zu den "bedeutendsten" Menschen in der Ukraine mutiert. Ihr Vermögen investieren sie in Rohstoffe, Medien, Verkehr, Energie und Fussball, woher das Geld aber kommt ist nicht ganz klar.
Neben finanziellen Erfolgen waren Macht und der gesellschaftliche Aufstieg ein wichtiger Motivator. Gregori, der älterer von beiden, kaufte 1993 den traditionsverein Dynamo Kiew und blieb 5 Jahre dessen Präsident. Kurz nach 2000 wechselte er zum ukrainischen Fussballverband und hatte bis 2012 dieses Amt inne (Just in dem Jahr von der EM in Polen und der Ukraine). Surkis war in der Öffentlichkeit beliebt, er erhielt verschiedenste Ehrungen, wie der Ordern des Fürsten Jaroslaw des Weisen, Fünfter Klasse, verliehen von Juschtschenko. Auch International stieg Gergori auf, 2004 wurde er ins Exekutivkomitee der UEFA gewählt, 2013 wurde er zum Vizepräsident. Nach seiner Zeit wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Er war auch ein Freund vom DFB Grindel, dem er eine Uhr schenkte. Über diese Uhr stolperte Grindel in seinem DFB Amt und musste zurücktreten....
Sein Bruder baute in Kiew seine Macht weiter aus und nahm als Präsident nach 2002 weiter Einfluss auf Dynamo Kiew.

Seit die Surkis Brüder sich und ihre Gefolgsleute auf zentrale Positionen im ukrainischen Fussball positionierten, gab es immer wieder Vorwürfe, Dynamo stehe unter besonderem Schutz von der UEFA und dem Landesverband. Jedoch gab es keine richtigen Beweise.
Football Leaks hat bewiesen, dass ihre finanziellen Einkünfte sehr fragwürdig sind. Dynamo Kiew erhielt seit den frühen 1990er Jahre Millionenbeträge aus einer Offshore Firma auf den Virgin Islands. Die UEFA lies sich mit völlig unzureichenden Auskünfte über die Offshore Firma abspeisen. Wer das Unternehmen im Steuerparadies kontrolliert, erfuhr die UEFA nie, es war tada Igor Surkis. Zu dieser geheimnisvollen Firma gibt es weitere Enthüllungen. In diesen Dokumenten wurde der Verdacht genährt, dass die Surkis Connection die UEFA unterwandert und im grossen Stil finanziell ausgenommen haben.
Jeder nationale Fussballverband erhält von der UEFA Finanzabteilung Geld, Prämien aus der Vermarktung der europäischen Klubwettbewerbe und EM genauso. Das Geld welches für den ukrainischen Fussballverband welchem Surkis als Präsident vorstand, zustand, wurde nicht an ein Verbandskonto überwiesen. Stattdessen zahlte die UEFA seit 1999 hunderte Millionen Euro an die Firma von Igor Surkis auf den British Virgin Islands.
Die Käufe und Verkäufe von Spielern läuft ausschliesslich über diese Firma. So erhielt Mehmedi beispielsweise sein Gehalt von rund 900 000 Euro von der "Insel".
Beim Verkauf kassierte die Offshore Firma kräftig mit. Für Roman Eremenko der zu Rubin Kasan wechselte flossen 8.9 Millionen Euro in die Karibik. Es gäbe noch weitere solche Beispiele, kannst aber selber nachlesen wenn dich dieses schmutzige Geschäft interessiert ;)
Dieser Fall zeigt exemplarisch wie das Fussball Geschäft ein Selbstbedienungsladen ist. Ich weiss nicht ob du dies runterspielst und von einem "Einzelfall" spricht. Oder dass es bei solch einer grossen Organisation halt dazu gehört. Sorry das lasse ich nicht gelten. Diese Organisation ist hochgradig unprofessionell und ein riesiger Sauladen.
ps: es gäbe noch weitere solche Beispiele aber keine Zeit


Die Fernsehanstalten? Auch hier: nenne mir bitte auch nur eine einzige Fernsehanstalt, die mit Fussball Geld verdient hat! Die zahlen doch jeweils völlig überrissene Preise. Das rechnet sich direkt überhaupt nicht. Live-Fussball hat für die elektronischen Medien so eine grosse Bedeutung erlangt, dass sie einfach hoffen, mit Fussball viele Leute auf ihre Plattformen zu locken, so dass diese dort auch noch andere Inhalte konsumieren und das Medienunternehmen dann in einer Mischrechnung irgendwie mit einer «Schwarzen Null» rauskommt. Aber das ist meist mehr eine Hoffnung, als wirklich Realität. Was sicher ist: schon einige TV-Anstalten sind Konkurs gegangen, weil sie zu viel für Fussball bezahlt haben. Die Spieler hats gefreut, denn sie haben von dem Geldsegen profitiert. Und eben auch viele weitere Angestellte im und um den Fussball. Ja, dazu gehören auch Berater. Aber das sind jetzt auch nicht die grossen Summen, welche die meisten von ihnen verdienen. In der Schweiz beispielsweise gibt es verschiedene Berater, die in eher prekären finanziellen Verhältnissen leben. Es gibt einfach mittlerweile sehr viele Spieler, Berater, Physiotherapeuten, Trainer etc. – und das summiert sich dann. Verlierer bei diesen Medienkonkursen waren jeweils die Besitzer der Medienunternehmen und deren Kreditgeber (Banken).

Als ob Sky soviel Geld aufwenden würde, wenn es sich für sie nicht rentieren würde, das glaubst du ja selbst nicht.

Colo hat geschrieben:Agnelli wollte die Spielzeit verkürzen. Doch wieso wollte er das? Er merkte wie die Fussballbegeisterung in der jüngeren Bevölkerung abnahm, bzw. das Interesse an der Champions League abnahm. Doch Agnelli macht eine Fehlüberlegung, die Schuld liegt nicht an der fehlenden Konzentrationsfähigkeit über 90 Minuten. Nein, das Problem ist dass sich viele Menschen schlichtweg Fussballschauen nicht mehr leisten können. Wenn du bedenkst woher der Fussball kommt. sind soche Tatsachen nur noch traurig. In England gehen mehrere Fangenerationen verloren, sie werden durch Touristen ersetzt und etwa 99 Prozent der Einnahmen werden für Stars aus dem Fenster geworfen. Die Glaceverkäufer, die Medien und die Hoteliers würden wohl kaum weniger verdienen, nur weil sich der Sport sich auf seine Basis konzentrieren würde. Es braucht ein Wandel in Richtung eines nachhaltigen Wettbewerbs, fairen Eintrittspreisen - Fussball für alle ob im TV oder im Stadion.


«Für alle im Stadion» geht gar nicht, wenn wir von der Premier League sprechen. Die Geringverdiener wurden ja aus den Premier League-Stadien wegen der riesigen Popularität des Fussballs verdrängt. Es hat gar nicht für alle genug Platz. Man müsste teilweise Stadien mit 100'000 oder 150'000 Zuschauer Kapazität haben. Ein Grossteil muss also so oder so draussen bleiben. Was wäre denn fairer? Lotterie? First come, first served? Vitamin B? Hundertprozentige Fairness gibt es nicht, aber ich finde es über den Preis immer noch am fairsten. Denn dann kommen (fast) nur Leute rein, denen das Spiel auch wirklich wichtig ist, sonst würden sie nicht so viel bezahlen. Natürlich gibt es auch Einzelne aus der «Elite», für welche die Preise Peanuts sind, aber der Hauptharst der heutigen Premier League-Zuschauer sind aus dem «Mittelstand». Für diese Leute sind die Ticketpreise auch ziemlich teuer, aber trotzdem noch bezahlbar. Mit welcher Begründung soll nun ein Premier League-Ticket künstlich billiger gemacht und an einen Geringverdiener abgegeben werden? Der nimmt dann ja jemandem aus dem Mittelstand den Platz weg. Hat dieser weniger Berechtigung, im Stadion zu sein? Muss in einem Stadion jede «Gruppe der Gesellschaft» wie immer man diese definieren mag, gleichmässig repräsentiert sein, wie die Kantone im Ständerat? Was tatsächlich passiert, ist doch, dass viele ihr Interesse auf die Championship, League One, League Two etc. verschieben. Dort spielen sowieso vweniger «Gucci-Fussballer» - man kann mit ihnen mehr anfangen.

Deutschland ist ein gutes Beispiel wie es funktionierten kann, dass auch junge Menschen und Geringverdiener ihren Platz finden.

Das musst du mir nicht «mitgeben». Ich bin in Nicht-Coronazeiten häufig auf der Allmend, im Juchhof, im Heerenschürli, auf dem Hönggerberg, im Eichrain oder auf der Buchlern anzutreffen. Und du?

Ich engagiere mich Freiwillig im Verein und bin ich jetzt besser als du?
Forever-Lucien hat geschrieben:
Kein Problem KRONIK. Du weist, ich habe grosses vor mit Dir. Oder besser gesagt mit Dir und EL HOMO, welcher beachtlichen Erfolg im Forum feiern konnte. Ihr 2 seid wirklich die Senkrechtstarter der letzten Jahren. Jung frisch, knackig und unverbraucht.

likavi
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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon likavi » 24.05.21 @ 20:21

Colo hat geschrieben:Nunja die Fifa von 1950 ist nicht die Fifa von den letzten 20 Jahren... Nur weil die Fifa eine Zeit lang im Sinne der Menschen handelte, heisst es ja nicht dass dies immer so sein wird. Die Fifa hat den Fussball gross gemacht und ist daran den Fussball wieder zu zerstören.


Wer zählt für dich alles als «Mensch»? Fussball hat heute so viele lizenzierte Aktive und Anhänger wie noch nie. Sicherlich deutlich mehr als 1950. Aber vielleicht sind das ja alles für dich keine «Menschen». Dass du so ein schwarz/weiss Bild von der FIFA 1950 im Vergleich zu heute ziehst, liegt einerseits daran, dass du von der FIFA im Jahre 1950 sicherlich so gut wie keine Ahnung hast. Und von der FIFA von heute scheinst du andererseits auf die Storys aus dem Boulevard-Journalismus fixiert zu sein.

Das ist ein allgemeines Phänomen heutzutage: Menschen und Organisationen werden von vielen nicht mehr ganzheitlich beurteilt. Extremistische Stimmen haben im Social Media-Zeitalter grossen Einfluss. Es ist für diese extremistischen Stimmen völlig egal, was jemand insgesamt in seinem Leben alles gemacht hat. Der Mensch / die Organisation wird definiert durch einzelne Aussagen oder Handlungen. Es führt dazu, dass sich die guten Leute mehr und mehr von verantwortungsvollen Positionen drücken. Weil gut sein nicht mehr reicht. Man muss perfekt sein. Und das ist niemand. Keine Gesellschaft kann sich so einen Zustand ungestraft leisten. Denn das Resultat davon ist, dass sich mehr und mehr nur noch Selbstdarsteller, Narzissten. Machthungrige und Durchgeknallte dafür interessieren, Verantwortung in Politik, Geschäftsleben oder im Sport zu übernehmen. Alle anderen ziehen sich auf bequemere und weniger angreifbare Positionen zurück. So eine Entwicklung hat im Endeffekt für die ganze Gesellschaft verheerende Auswirkungen.

Wenn du den internationalen Fussball von heute mit demjenigen vor ein paar Jahrzehnten vergleichst, wird dir beispielsweise aufgefallen sein, dass es bei den Männern eigentlich keine einfachen Gegner mehr gibt. Island kann England an einem Turnier schlagen, auch die Färöer, Luxemburg und Estland spielen heute taktisch sehr effektiv, läuferisch intensiv und technisch sehr sauberen Fussball. Der Frauenfussball hat sich enorm entwickelt. Und die Schiedsrichter sind um Welten besser als noch vor 10-20 Jahren. Ein Urs Meier oder Massimo Busacca waren zu ihrer Zeit internationale Spitzenschiedsrichter – das wäre heutzutage undenkbar. Hinter all dem steht jahrzehntelange Entwicklungsarbeit im Hintergrund auf technischer Ebene und Mitfinanzierung von Infrastrukturen in kleinen und ärmeren Ländern durch die FIFA. Dazu kommen all die finanziell defizitären internationalen Junioren- und Frauenturniere, welche von den internationalen Verbänden durchgeführt werden. Oder das internationale Transfersystem der FIFA, welches dem FC Winterthur oder dem FC Wiesendangen ermöglicht, am Transfer eines Manuel Akanji vom FC Basel zum BVB grosszügig zu partizipieren. So etwas ist sehr schwierig zu etablieren und alles andere als selbstverständlich. Und 1950 gab es das noch lange nicht.

What about Surkis und Co.? Die FIFA und UEFA kann man nur beurteilen, wenn man zumindest ein bisschen versteht, wie (demokratisch aufgebaute) internationale Nonprofit Organisationen und Internationale Intergouvernementale Organisationen generell funktionieren. Wenn eine Internationale Organisation demokratisch aufgebaut ist, dann liegt die Macht unten in den einzelnen Landesverbänden oder gar in den lokalen Vereinen. Die Internationale Organisation ist dann Eins-zu-Eins ein Abbild der Welt und der einzelnen Länder. Alles Positive und alles Negative aus ALLEN Ländern der Welt widerspiegelt sich dann in der Internationalen Organisation. Die UNO ist das beste Beispiel dafür. Man kann nicht erwarten, dass in so einer Organisation alles so läuft wie «bei uns in der Schweiz». Und selbst wenn Schweizer in einer solchen Organisation Karriere machen, dann sind das sehr untypische Charaktere wie die Walliser Blatter oder Infantino, die sich den weltweiten Realitäten anpassen und nicht solche, die die Schweizer Geschäftskultur und Ethik durchdrücken wollen – denn das würde nicht funktionieren und käme arrogant rüber. Alle grossen Organisationen der Ukraine, seien sie staatlich, geschäftlich oder im Nonprofit-Bereich sind Kampfgebiet miteinander verfeindeter «Clans». Die Surkis-Brüder gehören einem dieser rund ein Dutzend politisch/wirtschaftlich grossen Clans an. Akhmetov (Shakhtar Donezk) gehört zu einer anderen Gruppe. Dann gibt es wieder eine andere Gruppe mit dem aktuellen Staats-Präsidenten Zelensky als Posterboy. Und wieder eine andere mit dem Ex-Präsidenten Poroshenko. Eine weitere um die Spitzenpolitikerin Timoshenko. Viele Leute bei uns wissen davon nichts. Sie erfahren es erstmals im Zusammenhang mit Fussball und denken dann, es handle sich hier um ein fussballspezifisches Problem. Dabei ist es ganz klar ein Ukraine-spezifisches Problem.

Ähnlich das Thema mit der über den ganzen asiatischen Kontinent von den Golfstaaten bis nach China weit verbreiteten Verletzung von Grundrechten bei ausländischen Bauarbeitern oder Hausangestellten aus ärmeren Ländern wie Nepal, Bhutan oder Philippinen. Bis die Fussball-WM nach Katar vergeben wurde, hat das bei uns niemanden interessiert. Und das ist im Prinzip heute noch so - ausser es geht spezifisch um Katar und die Fussball-WM. Es wird so dargestellt, als sei es ein fussballspezifisches Problem. Dabei ist es umgekehrt: es ist ein allgemeines Problem in vielen asiatischen Ländern, bei weitem nicht nur in Katar. Dank der Fussball-WM und der Aufmerksamkeit, welche dadurch erzeugt wird, wurden in Katar nun einige Gesetzesänderungen zur Besserstellung der ausländischen Arbeitskräfte vorgenommen. Während in Ländern, wo keine Fussball-WM stattfindet, immer noch gleich wie zuvor kutschiert wird.

Grigori Surkis wurde in der Ukraine demokratisch zum Präsidenten des Nationalen Fussballverbandes gewählt und war dies 12 Jahre lang. Und er hat offenbar auch genug Unterstützung von anderen Landesverbänden in Europa erhalten, um in verschiedene UEFA-Gremien gewählt zu werden. Wie gesagt: die Internationalen Verbände sind ein Abbild ihrer Mitgliedsländer! Wie die UNO und andere internationale Organisationen auch.

Was ist die Alternative? In hierarchisch organisierten internationalen Konzernen wie Apple, Nestlé oder Novartis kann die Geschäftskultur des Ursprungslandes auch international durchgedrückt werden – aber nur bis zu einem gewissen Grad. Selbst bei einer hierarchischen Organisation kann man die lokalen und nationalen Gegebenheiten nicht komplett ignorieren und muss sich teilweise anpassen, sonst muss man das Land wieder verlassen. Beispielsweise: wie kann man in einem Land, in welchem ohne Bestechungsgelder nichts geht, nach westeuropäischen Standards (einigermassen) sauber zu Aufträgen kommen?

Übrigens: ob die Surkis-Brüder über den Fussball / Dynamo sich wirklich «bereichert» haben, ist fraglich. Irgendwie müssen die Zahlungen an die vielen anderen ukrainischen Klubs ja in allen oder fast allen Fällen angekommen sein, sonst hätten sie ja schon lange alle massiv reklamieren müssen. Wie viel jeder einzelne Klub erhält, ist ja in jedem UEFA Jahresreport (öffentlich auf der Webpage einsehbar) detailliert aufgelistet. Jeder Klub kann das selbständig ganz einfach nachkontrollieren. Surkis + Surkis haben den Fussball sicherlich genutzt, um Geschäftspartner und Politiker in der Ukraine zu gewinnen und zu belohnen. Im schlimmsten Fall auch für Geldwäscherei. Und beim Ableger auf den British Virgin Islands geht es wohl vor allem darum, Steuern / Sozialabgaben zu sparen, damit man den Spielern einen höheren Nettolohn bieten und dadurch eine bessere Mannschaft zusammenstellen kann. Ein Dragovic oder Mehmedi wären sonst wohl nicht nach Kiev gekommen und die talentiertesten Ukrainer nicht so lange bei Dinamo geblieben, sondern (viel früher) in eine Top-Liga gewechselt.

Colo hat geschrieben:
Als ob Sky soviel Geld aufwenden würde, wenn es sich für sie nicht rentieren würde, das glaubst du ja selbst nicht.


«Der Manager führt das frühere Premiere seit fast eineinhalb Jahren und soll den Konzern endlich auf Profit trimmen - ein Ziel, das seit der Gründung des Pay-TV-Unternehmens vor rund 21 Jahren noch nie nachhaltig erreicht wurde.» « Der Umsatz kletterte um 17,2 Prozent auf 276,7 Millionen Euro. Auf das gesamte erste Halbjahr gerechnet verlor der Konzern zwischen Januar und Juni allerdings immer noch jeden Tag knapp 776 000 Euro. Doch Sullivan machen diese Zahlen nicht bange. Rupert Murdochs News Corp. hatte in den vergangenen zwölf Monaten auf verschiedenen Wegen rund 448 Millionen Euro in den verlustreichen Sender gepumpt, etwa um das Programm und das HD-Angebot kräftig auszubauen und kräftig Werbung zu machen.»
https://www.tagesspiegel.de/gesellschaf ... 94612.html

"Trotz eines Kundenwachstums in Rekordhöhe hat es Sky Deutschland im Weihnachtsgeschäft unter dem Strich nicht in die schwarzen Zahlen geschafft."
https://www.reuters.com/article/deutschland-sky-deutschland-idDEKBN0L80IM20150204

Wenns um Fussball geht, spielen alle verrückt und bezahlen zu viel – vom Fan über den Vereinspräsidenten bis zum TV-Sender.

Colo hat geschrieben: Deutschland ist ein gutes Beispiel wie es funktionierten kann, dass auch junge Menschen und Geringverdiener ihren Platz finden.


Das ist ein interessantes Thema. Wenn die Stadien voll sind, wird ja so oder so ein Teil der Zuschauer vom Stadionbesuch ausgeschlossen. Dies über einen anderen Mechanismus als den Preis zu lösen (zum Beispiel über Vitamin B), finde ich stossend und unfair. Dies passiert aber, wenn zum Beispiel Kurvenvertreter einen Einfluss darauf bekommen, wer ein Ticket erhält und wer nicht. Ich persönlich bin gerne in Stadien mit Stehplätzen oder gar einer aktiven Kurve. Aber man sollte nicht von sich auf andere schliessen. Viele hatten erwartet, dass mit der Abschaffung der Stehplätze und Erhöhung der Ticketpreise in England die Zuschauerzahl drastisch sinken würde, aber das Gegenteil ist passiert. Die Zahl der Zuschauer die «(auch) wegen den Fans» ins Stadion kommt, wird wohl überschätzt. Und die Zahl derjenigen, die wegen den Stehplatz-Fans NICHT kommt, unterschätzt. Möglich, dass auch in der Schweiz mehr Zuschauer kommen würden, wenn es keine Stehplätze mehr gäbe. Ich weiss, das ist jetzt eine kontroverse These und ehrlich gesagt ist mir dieser Gedanke erst jetzt in dieser Diskussion mit dir gekommen. Vorher war ich da anderer Meinung, aber bin mir jetzt nicht mehr so sicher. Man sieht es bei vielen Veranstaltungen, dass die Besucherzahlen erst dann so richtig in die Höhe gehen, wenn sie familien- und mittelstandsfreundlich geworden sind. Und der Schweizer Profifussball ist natürlich dazu gezwungen, den Massengeschmack zu treffen.

Die Zuschauerzahlen muss man ja immer an der Einwohnerzahl eines Landes messen. Es ist klar, dass Liechtenstein nicht das gleiche Zuschauerpotential wie Deutschland hat. Die gesamte Liechtensteinische Bevölkerung inklusive aller Säuglinge, Betagten und Kranken würde viele Bundesligastadien nicht einmal füllen können. Deutschland ist das klar bevölkerungsreichste Land in Europa, wenn man von Russland absieht. England hat 31% weniger Einwohner, aber die Premier League bringt im Schnitt trotzdem nur 12% weniger Zuschauer als die Bundesliga in die Stadien. Und dies obwohl die Liga um zwei Mannschaften grösser ist, was den Schnitt runterzieht. Die Plätze in Englands Stadien sind zudem die ganze Saison durch fast komplett ausgebucht, was in der Bundesliga vielerorts nicht der Fall ist. Die Wartelisten sind in England länger. Die Premier League zieht also trotz weniger Stimmung und höheren Preisen einen deutlich grösseren Anteil der Bevölkerung ins Stadion, als die Bundesliga. Dieser Boom hat begonnen, als die Hooligans und Stehplätze weg waren. Nur in Städten mit mindestens 200'000 Einwohnern kommen in Deutschland 30'000 Zuschauer und mehr ins Stadion. Deutschland hat 40 solcher Städte, England hingegen nur 25. Die Schweiz gar nur eine. Städte in Deutschland, die eine vergleichbare Einwohnerzahl wie Genf, Basel oder Bern haben, sind Hagen, Ludwigshafen und Ingolstadt. Wie viele Fans gehen dort zum Fussball ins Stadion? Deutlich weniger als in der Schweiz. Selbst als Ingolstadt in der Bundesliga spielte, waren es nur 14'000 – und das bei deutlich höherem Niveau und stärkeren Gegnern mit viel mehr Starspielern, die ihre Aufwartung machten – im Vergleich zu den Gegnern, die im Wankdorf gegen YB auflaufen. Das alles relativiert den Mythos vom Zuschauermagneten Fussball in Deutschland doch ziemlich stark und erklärt auch vollständig die vergleichsweise hohen Zuschauerzahlen in der 2. Bundesliga. Die Fussballbegeisterung in Deutschland ist sicherlich beträchtlich, aber gemessen am Anteil der Menschen in den Stadien trotzdem etwas kleiner als in England oder in der Schweiz.

Also, es klingt zwar einerseits auf den ersten Blick sympathisch, dass «auch junge Menschen und Geringverdiener ihren Platz finden», aber andererseits bedeutet dies eben gleichzeitig auch, dass viele andere Menschen (Mittelklasse, Familien) ihren Platz im Stadion gerade deshalb eben nicht finden – entweder weil sie sich beim Fussball einfach etwas entspannen und einen friedlichen Nachmittag verbringen wollen, was durch die Stehplatz-Fans häufig gestört wird – oder weil es tatsächlich keinen Platz mehr im Stadion für sie hat. Deutschland müsste gemessen an der Einwohnerzahl eigentlich noch deutlich mehr Zuschauer in den Stadien haben. Die Frage ist: warum ist dies nicht der Fall? Auch müsste die Bundesliga aus dem klar wirtschaftsstärksten und zweitbevölkerungsreichsten Land Europas sportlich und finanziell klar die Nummer Eins sein. Sie holen aus ihren Voraussetzungen viel zu wenig heraus. Warum?

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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon devante » 24.06.21 @ 14:32

Find ich ziemlich geil, dass der KP Boateng wieder zu hause spielt :)
BORGHETTI

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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon Ruud Gullit » 25.06.21 @ 8:32

Sensationelle Favre-Wende bei Crystal Palace!
Man wartete nur noch auf die Offizialisierung. Lucien Favre (63) war sich mit dem Premier-League-Klub Crystal Palace einig, Nachfolger von Roy Hodgson (73) zu werden. Es fehlte nur noch die Arbeitsbewilligung. Dann wurde auch die besorgt, die Verpflichtung des Schweizer Ex-BVB-Trainers war im Selhust Park nur noch Formsache. Denkste! Denn in allerletzter Sekunde sagt Favre den «Eagles» ab. Wie englische Medien berichten, habe sich der Mann aus St. Barthélémy VD (wie Stan Wawrinka) nach den äusserst positiven Gesprächen mit Palace-Boss Steve Parish – ein grosser Fan Favres – nun doch entschieden, eine längere Auszeit vom Fussball zu nehmen. Er würde keine andere Option in Betracht ziehen, die Entscheidung sei eine rein persönliche, ein Herzens-Entscheid. Die Absage bedeute «ein harter Schlag für Crystal Palace», heisst es.
Die Beziehung des Klubs zu Favre aber bleibe sehr freundschaftlich.

Breel Embolo weiss derzeit an der EM für die Schweiz zu gefallen und nun soll gemäss eines Berichts aus Italien der italienische Meister Inter Mailand Interesse an einer Verpflichtung bekunden. Man soll sogar schon ein Angebot vorbereiten.
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Re: NEWS UND TRANSFER FUSSBALL

Beitragvon Demokrit » 25.06.21 @ 9:54

Schade wegen Favre. Ich kann es verstehen aber eben auch nicht. Warum verhandelt man dann wenn das innere Gefühl einem so bekräftig zu pausieren.

Zu Embolo; na ja, er wird schon wissen was er macht.
Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart. Noël Coward, britischer Dramatiker (1899 - 1973)


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