Beitragvon schwizermeischterfcz » 10.02.21 @ 20:44
Aus dem Tagi:
GC bleibt ein hochexplosiver Kessel
Pressesprecher Adrian Fetscherin fordert den Sturz von Verwaltungsrat Andras Gurovits – mit seinem Rundumschlag sorgt er dafür, dass bei GC weiterhin keine Ruhe einkehrt.
Jimmy Berisha sitzt am Tisch im Campus und sagt mit der sanften Stimme, die er hat: «Abgerechnet wird am Schluss. Ich zitiere Christian Constantin: Der Totomat entscheidet.»
Berisha ist der Managing Director der Grasshoppers und am Montag dieser Woche nicht allein am Tisch, da haben auch noch Generalsekretär Samuel Haas und Adrian Fetscherin Platz genommen. Fetscherin trägt für seine Funktion einen sperrigen Titel: Verantwortlicher Kommunikation, Marketing, Ticketing und Verkauf. Sie bilden die Geschäftsleitung. Fetscherin spielt ihr Sprachrohr, und er geht so sehr in dieser Rolle auf, dass er jetzt sogar den Eklat provoziert.
Der Stiftung gehören rund fünf Prozent an der AG. Ihr stehen ein Sitz im Verwaltungsrat und ein Kaufrecht für die Aktien zu, falls die Zahlungen aus China ausbleiben. Sie geht auf eine Idee von Verwaltungsrat Andras Gurovits zurück, um den Einfluss von GC auf das neue, chinesische Gebilde zu wahren.
«Weg mit den alten Zöpfen»
«Ich habe mit Andras nichts zu tun», sagt Berisha an diesem Montag, und er sagt das mehr als einmal. Er verweist darauf, dass Sun sein Ansprechpartner sei – und das mehrmals täglich, auch wenn Sun noch immer in Shanghai festsitze. Deutlicher wird erst Fetscherin, der Mann der direkten Ansprache. Er wirft Gurovits vor, zum sportlichen Absturz beigetragen zu haben. Und fordert darum den Schnitt mit der Vergangenheit: «Die alten Zöpfe muss man abschneiden und sich von der alten Riege trennen.»
Zwei Tage später holt dann Fetscherin in einer Videobotschaft endgültig zum Rundumschlag aus: «Ich habe bereits vor geraumer Zeit bei der Grasshopper Fussball AG gekündigt, weil ich es unerträglich finde, dass wir den Feind im eigenen Haus haben.» Gekündigt hat er im Januar auf Ende April. Die Art und Heftigkeit seiner Kritik ist ungeheuerlich. Und anmassend.
Fetscherin lässt keine Zweifel, wen er als Feind ausmacht, ohne die Namen direkt zu nennen. Da sind an erster Stelle Gurovits, dann Andres Iten, der frühere Zentralpräsident, und Silvan Keller, der Präsident der GC-Fussballsektion.
Gurovits sei «mitverantwortlich» dafür, dass der so stolze Club seit Frühjahr 2019 wirtschaftlich und sportlich da stehe, wo er stehe. «Er hat alles unternommen, dass wir gar keinen Erfolg haben können», sagt Fetscherin. Und fügt noch bei: «Das ist alles belegbar. Es geht auf keine Kuhhaut.»
Der attackierte Gurovits ist Partner einer hoch angesehenen Anwaltskanzlei in Zürich. Er lenkte den Club nach dem Abstieg durch schwierige Zeiten und führte im Namen der früheren Besitzer Stephan Anliker und Peter Stüber die Verhandlungen mit den chinesischen Besitzern. Gurovits will sich am Mittwoch nicht erklären. Er hat den ganzen Tag einen geschäftlichen Termin am CAS, dem Internationalen Sportgericht.
«Ich finde diese Breitseite von Fetscherin unprofessionell und diffamierend. Sie schadet GC nur.»
Andres Iten, Mitglied des Zentralvorstands
Fetscherin nennt auch Andres Iten nicht namentlich. Ihm hält er vor, die Hand zu beissen, die GC füttere, sprich: die neuen Besitzer. Iten soll die Geschäftsleitung um Berisha, Haas, den inzwischen zurückgetretenen Sportchef Bernard Schuiteman und Fetscherin diskreditiert und harsch kritisiert haben.
Iten ist heute noch Mitglied des Zentralvorstands, der als Hüter und Lizenzgeber der Marke GC amtet. Letzten Juni schrieb er in einem vereinsinternen Magazin, dem «Insider»: «Mit ihren GC nicht immer würdigen Auftritten haben sie einen unprofessionellen Eindruck hinterlassen.»
Die Kritik galt der Geschäftsleitung um Berisha. Damals ging es um die heftigen personellen Umstürze, die Entlassung von Fredy Bickel als Geschäftsführer und Sportchef, die Trennung von diversen Mitarbeitern im Nachwuchs und nicht zuletzt um die Attacke von Schuiteman aus dem Nichts heraus gegen Bickel («Es ist amateurhaft gearbeitet worden»). Jetzt sagt Iten: «Ich bin verblüfft. Ich finde diese Breitseite von Fetscherin unprofessionell und diffamierend. Sie schadet der Sache, also GC, nur.»
Der Dritte im Bunde, der von Fetscherin das Fett abkriegt, ist Silvan Keller. Über ihn sagt Fetscherin: Zusammen mit seinen «Kumpanen» schade er dem Club mit all seinen Möglichkeiten. Das alles sei unerträglich, schliesst er seine Botschaft. «Solange diese Leute da sind, wird GC nicht zur Ruhe kommen», sagt er.
Dokumente herumgezeigt
Jüngst attackierte Fetscherin einen Journalisten der NZZ heftig und warf ihm «bewusste» Fehlinformation vor, nachdem der von einem «Chaos» bei GC berichtet hatte. Er tat das wie üblich per Video. Dass seine Rücktrittserklärung nun genau die Bestätigung liefert für den damaligen Artikel, bestreitet Fetscherin: «Die NZZ schrieb, wir hätten in der Geschäftsleitung ein Chaos. Dem ist nicht so.» Er mag nun seine Vorwürfe nicht weiter ausführen. Er wisse so viel, was gelaufen sei, sagt er, aber das sei nicht der Moment, um das aufzuzeigen. Er sei noch normaler Angestellter. «Vielleicht kommt der Tag, an dem das nötig sein wird.»
Berisha, Haas und Fetscherin haben in den letzten Tagen auch Journalisten von NZZ und «Blick» getroffen und ihnen Unterlagen gezeigt, welche die Misswirtschaft unter Gurovits belegen sollen. Es soll unter anderem um Honorare für einen Spielerberater in Millionenhöhe gegangen sein.
Das ist offenbar die Art des Trios, Stimmung gegen Gurovits zu machen. Und in diesen Kontext gehört auch Fetscherins Video. Eine Vermutung ist: Er will aufrütteln, will Druck machen, damit alle möglichen Kreise wie der Zentralvorstand, Gönner, alteingesessene GCler oder die Stiftungsräte Gurovits zum Aufgeben zwingen. Gurovits aber hat bislang nie den Eindruck gemacht, als würde er vor Berisha und Co. in die Knie gehen. Zu stark ist bei ihm der Durchhaltewillen des leidenschaftlichen Ruderers. Dazu kommt: Er selbst steht der Stiftung vor, die fünf Prozent an den GC-Aktien hält.
Support für Gurovits
Aus dem Zentralvorstand gibt es die Rückendeckung für Gurovits. Und es gibt sie auch vom Sektor IV, dem Sprachrohr der Fankurve von GC. Er nimmt die Entwicklung «mit Sorge» zur Kenntnis: «Den Verein und seine Funktionsträger mit solchen Frontalangriffen zu attackieren, widerspricht sämtlichen Werten unseres Vereins.» Das Communiqué ist sehr bedacht abgefasst und sehr deutlich. Es muss Fetscherin verwundern, dass sich die Kurve gegen ihn und die Geschäftsleitung stellt. Er hat immer das Gefühl gehabt, sie hinter sich zu haben.
In allen Belangen gefordert ist jetzt Sky Sun, der unsichtbare Präsident. Eigentlich kann es nur eines geben: dass er sich hinter Gurovits stellt und Fetscherin per sofort aus dem Amt entfernt. Und was passiert mit Berisha und Haas? Solange die Fronten nicht geklärt werden, bleibt die Situation bei GC hochexplosiv.
Sun hat vieles zu erledigen. Es macht auch noch ein anderes Thema die Runde. Die Geschäftsleitung möchte sich am liebsten von Trainer João Carlos Pereira trennen. Pereira ist erst seit dieser Saison im Amt, und trotz aller sportlicher Freiheiten ist es ihm nicht gelungen, eine Mannschaft zusammenzustellen, die auch guten Fussball spielt. Viele Spiele sind unansehnlich, wie am Dienstag in Winterthur trotz des Sieges auch wieder. Aktuell ist das aber nicht einmal das grösste Problem von GC. Das heisst Fetscherin
Dijbril Sow: „Steven Zuber spielt auch mit mir in Frankfurt, aber der ist ein Hopper, das machts etwas schwierig“