schwizermeischterfcz hat geschrieben:Hat jemand ein ZSZ-Abo?
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«Wir wurden für einige Tage unter Polizeischutz gestellt»
Ancillo und Heliane Canepa stehen dem FC Zürich vor. Im Gespräch verraten sie, warum sie im Pensionsalter noch im Fussball tätig sind und warum sie die Trainings des FC Wädenswil nur aus der Ferne verfolgen.
Pascal Jäggi
Sie führen gemeinsam den FC Zürich. Wie gross waren die Auswirkungen von Corona auf den Profifussballverein?
Ancillo Canepa: Wir waren im Schweizer Profifussball die ersten Corona-Geschädigten und mussten mitten in der Saison in Quarantäne. Danach kamen wir nicht mehr richtig zurück und verpassten unsere Ziele. Auch wirtschaftlich haben der Lockdown und der Zuschauerausschluss grossen Schaden verursacht. Wesentliche Einnahmen sind weggefallen.
Heliane Canepa: Du warst ja auch positiv und musstest dich in Isolation begeben.
Ancillo Canepa: Ja, ich fuhr mit dem Team im Mannschaftsbus nach Neuenburg. Danach wurden einige Spieler und Mitarbeiter positiv getestet. Auch ich, wobei ich keinerlei Symptome hatte.
Wie erleben Sie die menschenleeren Stadien?
Heliane Canepa: Die Gesänge der Fans fehlen mir. Es ist schon sehr ruhig und stimmungslos. Unabhängig vom Fussball bin ich aber froh, dass jetzt wenigstens diese Begrüssungsküsserei wegfällt.
Ancillo Canepa: Positiv ist, dass die leeren Stadien keinen Einfluss auf die Qualität der Spiele haben und diese immerhin im Fernsehen übertragen werden. Aber für die Fans ist es furchtbar. Sie können ihren Club nicht vor Ort unterstützen. Trotzdem verhalten sie sich toll. Niemand wollte letzte Saison sein Geld zurück. Und obwohl unklar war, wann sie wieder ins Stadion dürfen, haben 3000 Fans Saisontickets gekauft.
In der öffentlichen Wahrnehmung haben Fussballfans ein schlechtes Image. Sie sehen das anders?
Ancillo Canepa: Das negative Bild ist oft ein mediales Thema. 99,9 Prozent der Fans verhalten sich korrekt. Wir haben deshalb in aller Regel ein sehr gutes Verhältnis zu unseren Fans. Es ist unglaublich, was viele auf sich nehmen. Sie fahren beispielsweise über 20 Stunden mit dem Bus nach Bulgarien, nach Rumänien oder nach Weissrussland, nur um den FCZ unterstützen zu können. Wir bekommen auch häufig Komplimente von Polizeikorps aus anderen Städten wegen des fairen Verhaltens unserer Fans.
Heliane Canepa: Auch die Fans der Südkurve sind Teil der FCZ-Familie, besonders sie. Seit Jahren haben wir im Stadion kein Gewaltproblem mehr gehabt.
Herr Canepa, Sie standen einmal selber in der Kurve, nachdem FCZ-Fans Basel-Spieler mit Gegenständen beworfen hatten. Wie war das für Sie?
Ich wollte die Situation beruhigen und verhindern, dass die Sicherheitsleute in Basel physisch intervenieren. Dass ich gefilmt würde war mir nicht bewusst. Vor allem, weil ich beim Ausgleich spontan mit den Fans mitgejubelt hatte. Das hat bis nach Argentinien Wellen geschlagen. In den Zeitungen dort hiess es, es wäre unmöglich, dass ein Präsident in die Fankurve steht. Hier geht das zum Glück.
In dieser Zeitung wird über die FCZ-Anhänger vor allem in Zusammenhang mit illegalen Graffiti und Klebern geschrieben, die in der Region angebracht werden. Wie stehen Sie dazu?
Ancillo Canepa: Sachbeschädigungen lehnen wir strikte ab. Das habe ich auch schon mehrfach im Editorial unseres Matchprogramms geschrieben und den Vertretern der Kurve mitgeteilt. Graffiti könnten durchaus künstlerisch wertvoll sein, aber sie dürfen nur dort gesprayt werden, wo es bewilligt wird. Nie und nimmer an Hauswänden. Mir wurde übrigens schon vorgeworfen, dass in Wädenswil mehr FCZ-Bekundungen aufgetaucht sind, seit wir hier wohnen. Ich bezweifle, dass es einen solchen Zusammenhang gibt.
Den meisten Fussballclubs steht ein alleiniger Präsident vor. Wie ist es, als Ehepaar einen Club zu leiten?
Heliane Canepa: Das schweisst zusammen. Es ist unser gemeinsames Interesse, und wir setzen praktisch 100 Prozent unserer Zeit dafür ein. Wir sind jetzt seit 47 Jahren zusammen und haben zusätzlich etwas, was wir gemeinsam betreiben können.
Ancillo Canepa: Wir haben immer Gesprächsstoff. Ganz spannungsfrei verläuft das nicht jedes Mal. Kein Wunder, wir sind bildlich gesprochen 7-mal 24 Stunden mit Fussball beschäftigt. Der FCZ ist notabene ein KMU. Ohne Engagement und Professionalität kann man eine solche Organisation nicht führen. Ich bin extrem froh, dass Heliane seit acht Jahren auch operativ involviert ist. So müssen wir uns auch nicht die Frage stellen, was wir tun sollen, wenn wir pensioniert wären.
Heliane Canepa: In einigen Situationen hilft es auch, dass ich eine Frau bin. Fussball ist immer noch eine Männerwelt. Wenn wir mit jungen Spielern zu tun haben, sind Mütter oft froh, wenn ich bei den Verhandlungen dabei bin.
Sie beide haben erfolgreiche Karrieren in der Wirtschaft hinter sich und könnten sich zurücklehnen. Fussball ist ein stressiges Geschäft. Wieso tun Sie sich das an?
Heliane Canepa: Als der FCZ 2016 abgestiegen war, wurde uns im Letzigrund geraten, uns in Sicherheit begeben, weil vermummte Fans versuchten, zu den Garderoben vorzudringen. Zwei Fernsehleute waren im selben Raum, die haben uns damals genau dieselbe Frage gestellt.
Ancillo Canepa: Damals wurden wir tatsächlich für einige Tage unter Polizeischutz gestellt. Gebraucht haben wir den aber nicht, die Lage hat sich schnell wieder beruhigt. Ich selber bin schon seit den 1960er-Jahren Fan des FCZ. Als mich mein Vorgänger Sven Hotz 2005 anfragte, musste ich mich mit 53 zwischen einem weiteren Schritt in der Privatwirtschaft und dem FCZ entscheiden.
Heliane Canepa: Für mich war es logisch, dass sich Ancillo für den FCZ entscheidet, es war die Gelegenheit, sein Hobby zum Beruf zu machen. Dass wir uns das immer noch «antun», liegt daran, dass der FCZ für uns eine Herzensangelegenheit ist. Der Club ist ein Traditionsverein, der ein grosses Engagement verdient.
Man hört, Sie investieren viel von Ihrem eigenen Geld in den FCZ. Ist Fussball in der Schweiz ein Verlustgeschäft?
Ancillo Canepa: Als wir einstiegen, hoffte ich, dass wir die Rechnung ausgeglichen gestalten können. In den ersten paar Jahren – dank den Einnahmen aus der Champions und Europa League sowie Transfers – haben wir das einigermassen geschafft. Danach fehlte der grosse sportliche Erfolg. 2013 wäre der FCZ wohl in Konkurs gegangen, wenn wir den Club nicht saniert hätten. Ohne sportlichen Erfolg oder Transfereinnahmen ist das jährliche strukturelle Defizit von rund 5 Millionen Franken nicht kompensierbar. Das ist und bleibt die grosse Herausforderung.
Eine ganz andere Frage: Sie wohnen seit Jahrzehnten im Bezirk Horgen, zuerst in Rüschlikon, seit ein paar Jahren in Wädenswil. Wieso sind Sie damals umgezogen?
Ancillo Canepa: Wir wohnten über 30 Jahre in Rüschlikon. Dann kam der Wunsch auf, selber ein Haus nach eigenen Vorstellungen zu bauen. Wir wollten auch mehr Umschwung für unsere Hunde. In Wädenswil haben wir ein entsprechendes Grundstück gefunden. Was uns an Wädenswil gefällt, ist die Kombination aus ländlicher und städtischer Atmosphäre. Als gebürtiger Richterswiler war der Umzug für mich auch eine Art «Coming home».
Sieht man Sie in der Beichlen auf der Suche nach Nachwuchstalenten des FC Wädenswil?
Das würde ich gern tun. Ich habe aber in Rüschlikon die Erfahrung gemacht, dass meine Anwesenheit jeweils zu einer gewissen Unruhe führt. Die Trainings der Junioren mussten unterbrochen werden, wenn die Spieler mich sahen. (lacht) Jetzt bleibe ich bei meinen Spaziergängen mit den Hunden lieber auf einem Hügel oberhalb der Beichlen im Hintergrund und schaue von weitem zu.
Frau Canepa, Sie sind bekannt wegen Ihrer roten Haare. Was müsste passieren, dass Sie diese in den Farben des FCZ färben?
Das wird nicht passieren. Ich glaube, wir würden vielleicht unsere Hunde Kooki und Chilla einfärben. Sie hätten nichts dagegen, sie sind beide grosse FCZ-Fans und auch die Lieblinge unserer Spieler.
Ancillo Canepa: Und ich muss dich ja in den Läden von weitem erkennen können. Blau färben geht gar nicht.
Herr Canepa, stimmt es eigentlich, dass wir Ihren Nachnamen falsch aussprechen?
Ja, theoretisch ist das so. Im Tessin hat mich ein Postbeamter sogar mal aufgeregt korrigiert, als ich ein Paket für Canepa abholen wollte. Man betone das erste a, nicht das p. Ich betone das ebenfalls falsch, aber schliesslich bin ich ja auch Deutschschweizer. Also no problem.
Zum Schluss eine Fussballfrage: Wer sind Ihre Lieblingsspieler?
Heliane Canepa: Zlatan Ibrahimovic. Er ist nicht nur ein hervorragender Spieler, sondern hat auch eine sehr spannende Biografie.Ancillo Canepa: Für mich bleibt das Yassine Chikhaoui, der Ex-FCZ-Superstar. Ich sehe ihn vom Potenzial her auf einer Stufe mit Messi und Ronaldo. Ohne seine vielen Verletzungen hätte er eine Weltkarriere machen können.
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Zu den Personen
Ancillo Canepa ist 1953 in Richterswil geboren. Er ist in Richterswil und Rüti aufgewachsen. Seine Frau Heliane, mit der er seit 1973 verheiratet ist, lernte der ausgebildete Betriebsökonom und Wirtschaftsprüfer bei der Arbeit in Rüti kennen. Von 1976 bis 2006 war Canepa für die Unternehmensberatung Ernst & Young tätig. Seit 2006 ist er Präsident des FC Zürich. In der Ära Canepa wurde der FCZ dreimal Schweizer Meister und holte dreimal den Schweizer Cup. Heliane Canepa ist 1948 im vorarlbergischen Dornbirn geboren. Bekannt wurde sie als CEO des börsenkotierten Zahnimplantatherstellers Nobel Biocare, für den sie von 2001 bis 2007 tätig war. Sie wurde mehrfach zur Schweizer Unternehmerin des Jahres gewählt. Seit 2012 ist Heliane Canepa Delegierte des Verwaltungsrats des FC Zürich. Die Canepas wohnen mit ihren Hunden Kooki und Chilla in Wädenswil.