Beitragvon schwizermeischterfcz » 04.10.20 @ 15:35
KOMMENTAR
FC Zürich: 1000 Tage Ratlosigkeit
Der FC Zürich findet nicht aus seiner chronischen Krise. Kann es mit dem Trainer Ludovic Magnin wirklich weitergehen?
Flurin Clalüna
04.10.2020, 15.03 Uhr
Fast tausend Tage ist Ludovic Magnin nun schon Trainer des FC Zürich, es sind 31 Monate, die sich anfühlen wie eine ewige Krisenzeit, durchbrochen nur von wenigen Hoffnungs- und Glücksmomenten. Und sie werden immer seltener.
Im Fussball wird die Trainerfrage zu schnell und zu oft gestellt, aber jetzt steht der FCZ schon wieder am falschen Ende der Tabelle, er ist Ranglistenletzter und spielt erneut um seine Glaubwürdigkeit als selbsternannter Spitzenklub. Man kann in Trainerfragen zu früh oder zu spät reagieren. Der FC Zürich fügt seit vielen Monaten noch eine weitere Variante hinzu: Er reagiert gar nicht. Ob aus Überzeugung oder Trotz und Rechthaberei, das weiss niemand so genau. Aber es geht im Fall Magnin schon lange nicht mehr nur darum, bloss nüchtern die Leistung und die Resultate als Trainer zu beurteilen. Sonst hätte man ihn schon lange mit guten Gründen freistellen können. Es geht dem FCZ-Präsidenten Ancillo Canepa mindestens so sehr darum, gegen alle Widerstände die Deutungshoheit über seinen Ziehsohn zu behalten: Irgendwann wird Magnin allen zeigen, dass sich Canepa nicht in ihm getäuscht hat. Wenn nicht heute, dann morgen. Aber dieses Morgen will einfach nicht kommen.
Während 108 Spielen durfte Magnin den FCZ coachen, 38 Mal hat er nur gewonnen. Neben dem Cup-Sieg 2018 gibt es noch eine weitere Partie, aus der er seine Legitimation als Trainer zieht: der Erfolg im Europacup gegen Bayer Leverkusen. Das ist zwei Jahre her, und man kann sich in diesem schnellen Fussballgeschäft kaum erinnern, dass ein fast schon vergessenes Spiel so lange nachwirkt, um einen Trainer bis heute zu schützen. Seither hat Magnin von 64 Spielen nur noch 19 gewonnen. Alles Gute, was man mit Magnin einmal verband, ist schon länger her und verblasst, alles Schlechte wird immer drängender.
Und die Frage ist, ob er dafür allein die Verantwortung trägt oder ob die Mannschaft nicht mehr hergibt. Klar ist: So schlecht wie zuletzt können diese Spieler eigentlich gar nicht sein. Und dann müsste man sich die Trainerfrage stellen und über eine Alternative nachdenken. Man könnte es nach so langer Zeit zumindest versuchen, niemand würde dies für übereilt halten. Den Nachweis, geduldig zu sein, hat der FC Zürich schon lange erbracht. Rund eineinhalb Jahre waren die Trainer unter Canepa jeweils durchschnittlich im Amt. Nur für Magnin gelten offenbar andere Regeln als für alle anderen vor ihm. Warum das so ist, ist schwierig zu sagen. Eine Interpretation hält sich hartnäckig: Magnins Dankbarkeit, seinen Job behalten zu dürfen, erlaubt es Canepa, auf ihn mehr einzuwirken als auf andere Trainer. Ob Canepa eine starke, selbstbewusste Persönlichkeit dulden würde, die ihm auch einmal widerspräche, ist ungewiss. René Weiler wäre ein solcher Trainer und verfügbar. Aber man kann sich die beiden kaum zusammen im gleichen Klub vorstellen.
Magnin hat zuletzt wenig dafür getan, seine Sonderbehandlung zu rechtfertigen. Mit einer Ausnahme. Der FCZ konnte zwei eigene Nachwuchsspieler teuer verkaufen, Kevin Rüegg für zweieinhalb Millionen Franken nach Verona, Simon Sohm sogar für kolportierte sechs Millionen nach Parma. Vielleicht liegt das tatsächlich an Magnins Fähigkeiten als Ausbildner. Vielleicht aber auch nur an der Spendierfreudigkeit der Italiener.
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