Neues stadion

Diskussionen zum FCZ

Wie stimmt ihr beim neuen Stadion ab?

Ja
85
30%
Nein
56
20%
JA kein Stadtzürcher
107
38%
NEIN kein Stadtzürcher
32
11%
 
Abstimmungen insgesamt: 280

Kollegah
Beiträge: 3219
Registriert: 02.03.10 @ 1:24
Wohnort: ZH

Re: Neues stadion

Beitragvon Kollegah » 02.09.20 @ 0:52

Ich konnte viele Stimmberechtigte in meinem Umfeld für ein JA überzeugen. Besonders diejenigen, welche nicht wählen.

Macht bitte alle das gleiche!


Benutzeravatar
Gha_Züri
Beiträge: 1976
Registriert: 11.10.18 @ 10:43
Wohnort: Züri / Palestine

Re: Neues stadion

Beitragvon Gha_Züri » 02.09.20 @ 10:07

Dass das Projekt der Gegner um einiges teurer sein wird, müsste eigentlich für einen neutralen Stimmberechtigten das Killerargument schlechthin sein.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann müssten die Kosten sogar von der Stadt selber (Steuerzahler) getragen werden. Das war ja seit Anfang der Diskussion der Knackpunkt, der Steuerzahler in der Stadt Zürich wollte kein neues Fussballstadion finanzieren, also müsste es logischerweise ein JA geben. Ja ich weiss, was isch hützutags scho logisch.
"You can't find the sun in a locked room" - Ghassan Kanafani

Cillo: "...da bekomme ich Vögel. Da bekomme ich VÖGEL!!!"

Benutzeravatar
Shorunmu
Beiträge: 3950
Registriert: 27.07.06 @ 11:54
Wohnort: bim Letzi

Re: Neues stadion

Beitragvon Shorunmu » 02.09.20 @ 10:35

Gha_Züri hat geschrieben:Dass das Projekt der Gegner um einiges teurer sein wird, müsste eigentlich für einen neutralen Stimmberechtigten das Killerargument schlechthin sein.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann müssten die Kosten sogar von der Stadt selber (Steuerzahler) getragen werden. Das war ja seit Anfang der Diskussion der Knackpunkt, der Steuerzahler in der Stadt Zürich wollte kein neues Fussballstadion finanzieren, also müsste es logischerweise ein JA geben. Ja ich weiss, was isch hützutags scho logisch.


Und das verschweigt die IG Freiräume absichtlich und verweist auf ihre Argumente ohne auch nur zu erwähnen, dass ein Stadion, bezahlt durch den Steuerzahler, keine Chance hat.
gelbeseite hat geschrieben:Wem unfertiger Wein schmeckt (mit allem Respekt, aber pfui) soll sonst mal das Poulet 20min zu früh aus dem Ofen nehmen oder die Kartoffeln 15 Minuten zu früh aus dem Wasser. Etwa das selbe Erlebnis und nicht mal teurer als das fertige Produkt.

Benutzeravatar
Tschik Cajkovski
Beiträge: 3099
Registriert: 26.07.10 @ 20:35
Wohnort: Goldcoast

Re: Neues stadion

Beitragvon Tschik Cajkovski » 02.09.20 @ 10:49

heute in der NZZ:

Letzte Chance für den Fussball oder ein städtebauliches Monster, das es zu verhindern gilt? Vor der erneuten Abstimmung über ein Zürcher Fussballstadion treffen sich Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, und Monique Keller, Architektin und Mitgründerin der IG Freiräume, zum Streitgespräch.

Frau Keller, wann waren Sie das letzte Mal in einem Fussballstadion?
Monique Keller: Das ist schon länger her, wohl mit meinen Eltern im Hardturm. Ich komme aus einer Familie von GC-Fans, meine Grosseltern stammen aus Höngg. Meine persönliche Passion war als Kind allerdings eher das Skifahren.

Und Sie Herr Canepa, wann waren Sie zum letzten Mal auf der Brache, wo bis 2008 das Hardturm-Stadion stand?
Ancillo Canepa: Vor vier oder fünf Wochen, für einen Fototermin.
Privat sind Sie nie vor Ort für einen Augenschein?
Canepa: Was soll ich dort? Einen Cervelat braten?
Was haben Sie für einen Eindruck mitgenommen?
Canepa: Ich bin mit dem FC Zürich im Europa-Cup auch oft in Osteuropa unterwegs gewesen und habe dort optisch sehr deprimierende Orte gesehen. Daran erinnert mich die Brache. Als Eingangstor zur Weltstadt Zürich ist sie ein architektonisches Schandmal.
Wir nehmen an, dass Sie dies anders wahrnehmen, Frau Keller.
Keller: Die asphaltierte Fläche ist nicht besonders schön. Der grüne Freiraum hingegen ist ein extrem spannender Ort, den Landschaftsarchitekten aus der ganzen Schweiz, ja aus ganz Europa besuchen. Es ist ein Vorzeigeprojekt, das die Stadt wenig kostet, wo aber auf wenig Quadratmetern extrem viel passiert. Yoga, Velorennen, Fussball, Klettern, Skateboarden: Die Leute kommen zusammen und sind gemeinsam aktiv. Der Ort ist wichtig für Leute, die in der Stadt leben und keinen eigenen Garten haben.

Monique Keller, Mitgründerin der IG Freiräume, sagt, es brauche einen Städtebau der Zukunft im Klimawandel ohne Hochhäuser.
Christoph Ruckstuhl / NZZ
Herr Canepa, stellen Sie demnach das Interesse der Zürcher Fussballklubs über jene der Quartierbewohnerinnen und -bewohner?
Canepa: Zuerst muss ich festhalten: Die Leute von der Brache, die nun das Referendum ergriffen haben, verhalten sich vereinbarungswidrig. Damals, als man die Brache freigegeben hat, hatte man eine klare Vereinbarung. Die Brachen-«Bewohner» haben geschworen, dass sie das Grundstück verlassen werden, ohne Theater zu machen, sobald ein Stadion gebaut würde. Ich war als Zeuge dabei. Nun aber akzeptieren sie diese Abmachung nicht mehr. Das ist für mich kein integres Verhalten. Nun liegt das Projekt mit einem Stadion und Wohnungen für über 1500 Leute auf Eis, nur damit ein paar wenige Dutzend Leute ihren Privatpark haben, ihren Privatzirkus veranstalten können. Ich finde das nicht korrekt.

Vielleicht ein Wort zur Klärung: Frau Keller vertritt die IG Freiräume. Diese ist organisatorisch vom Verein Stadionbrache getrennt, der sich offiziell politisch neutral verhält.
Canepa: Organisatorisch mag dies stimmen, inhaltlich ist es aber genau dasselbe.
Keller: Es gibt ganz viele verschiedene Leute, die gegen das Projekt sind. Erstens: Der Park Stadionbrache ist öffentlich und wird von Zehntausenden Menschen rege genutzt. Zweitens geht es uns nicht darum, dass die Brache erhalten bleiben muss. Aber es braucht ein Projekt, das die Bedürfnisse der Leute im Quartier berücksichtigt. Das ist beim Gesamtprojekt «Ensemble» mit Stadion und zwei Wohntürmen nicht der Fall. Betroffen sind sehr viele Leute. Die Hochhäuser und die Tiefgarage werden eine riesige Auswirkung haben auf das ganze Quartier und die Umgebung. Es ist ein Monster, das hier gebaut wird. Es geht um einen Städtebau der Zukunft im Klimawandel, einen ohne Hochhäuser.
Canepa: Man muss doch auch die Interessen von vielen zehntausend Fussballfans berücksichtigen. Seit zwanzig Jahren plant die Stadt hier ein Stadion. Und Fussball ist auch Lebensqualität. Er bietet Freude, Emotionen – nicht für alle, aber für viele.
Wie viele Leute befinden sich an einem durchschnittlichen Tag auf der Brache?
Keller: Laut der Stadt sind es 50 000 pro Jahr, täglich rund tausend Leute.
Canepa: Sorry, das kann nicht sein. Die paar Mal, als ich da war, war kein Knochen da.
Keller: Es sind oft viele Leute da. Aber wir wollen die Brache, wie gesagt, gar nicht erhalten, sondern sozial und klimafreundlich weiterentwickeln.
Frau Keller, etwas verstehen viele Stimmberechtigte nicht: Das Stadionprojekt wurde im Herbst 2018 an der Urne angenommen. Warum müssen wir nochmals über das Stadion abstimmen?

Frau Keller, etwas verstehen viele Stimmberechtigte nicht: Das Stadionprojekt wurde im Herbst 2018 an der Urne angenommen. Warum müssen wir nochmals über das Stadion abstimmen?
Keller: Die Bedürfnisse der Quartierbewohner wurden nie abgeholt.
Canepa: Das stimmt nicht. Die HRS, die den Bau realisiert, hatte mit Exponenten aus Ihren Kreisen Kontakt. Und wir kennen die Bedürfnisse der Leute aus dem Quartier sehr genau. Beim vorhergehenden Projekt, das 2013 an der Urne gescheitert ist, standen wir in engem Kontakt. Das heisst, Wünsche der Leute waren bekannt.
Keller: Das war damals sehr gut, das Quartier hat das zweite Stadionprojekt nicht bekämpft, aber jetzt wurden die Leute im Quartier nie involviert. Die Leute konnten sich inhaltlich bisher nie ausdrücken. Aber das ist nötig. Es ist eine massive Veränderung im Quartier. Wir sind in einer Demokratie . . .
Canepa: . . . Ja, und Demokratie heisst auch, dass man einen Entscheid auch einmal akzeptiert.
Keller: Bei der Einführung des Frauenstimmrechts haben wir auch nicht einfach den ersten Entscheid akzeptiert. In den vergangenen zwei Jahren hat sich so viel verändert, das wissen Sie ja selbst.

Was hat sich denn verändert?
Keller: Mit dem Klimastreik hat sich das Bewusstsein gewandelt. Man hat gemerkt, dass man anders bauen muss. Das Projekt ist so massiv, so demonstrativ, so gewaltig, das ist ein No-Go heutzutage.
Canepa: In der Jury, in der auch ich als Beisitzer vertreten war, sassen etwa 15 Architekten, unter ihnen Spezialisten für jedes Fachgebiet, auch für Klima und Ökologie. Das jetzige Projekt hat gewonnen, weil es am meisten überzeugte und auch alle ökologischen Bedingungen erfüllt. Ich verstehe Ihren Einwand nicht.

Frau Keller, Sie sagen, man müsse nun ökologisch vorbildlicher bauen. Aber müsste man diesen Anspruch nicht, wenn schon, an ein städtisches Projekt stellen? Jetzt geht es ja um einen privaten Gestaltungsplan, ein privates Projekt.
Keller: Alle in der Stadt gebauten Projekte müssen klimafreundlich sein, sonst wird die Stadt immer heisser werden, und man wird nie das Netto-null-Ziel erreichen. Das Hardturm-Projekt ist zwar privat, es geht aber alle an. Es gibt Baureglemente . . .
Canepa: . . . denen das Projekt vollumfänglich entspricht!
Keller: Nein, überhaupt nicht, es ist nicht zonenkonform, deshalb braucht es ja gerade einen Gestaltungsplan, weil die Hochhäuser höher sind als erlaubt.
Ein Gestaltungsplan ist ein legitimes baurechtliches Instrument.
Keller: Genau. Aber dann muss man nicht sagen, es entspreche den Reglementen. Deshalb ist es legitim, dass sich die Bevölkerung ausdrücken darf.
Canepa: All dies war doch bekannt bei der ersten Abstimmung vor zwei Jahren, alles war offen und transparent. Und sogar die Bevölkerung, die dort wohnt, hat zugestimmt.
Keller: Nein. Die Kreise 4 und 5 werden leider zusammengezählt, sie haben zugestimmt, aber das war nur der Kreis 4, der Ja sagte, und wissen Sie warum? Weil sie den Letzigrund loswerden wollen. Sie haben keine Freude an den Hooligans im Quartier.
Nochmals: Was hat sich seit 2018 verändert?
Keller: Das Bewusstsein, dass Lösungen für die Stadt im Klimawandel dringend sind. Die Sommer werden immer wärmer. Dieses Bauprojekt verursacht einen sehr hohen CO2-Ausstoss und braucht sehr viel graue Energie nur schon beim Bau der Hochhäuser, aber auch beim Betrieb.

Canepa: Die ökologischen Vorgaben sind alle erfüllt. Es hat begrünte Dächer, es hat Photovoltaikanlagen . . .
Keller: All dies ist ein Tropfen auf den heissen Stein.
Canepa: Dann können Sie in der Stadt nicht mehr bauen. Dann müssten Sie alles abreissen. Oder wollen Sie an diesem Projekt einfach ein ideologisches Exempel statuieren?
Keller: Wir reden hier von Hochhäusern. Hochhäuser benötigen enorm viel Abstand. Das ist keine dichte Bauweise. Eine wirklich dichte Bauweise finden Sie beispielsweise in der Zürcher Altstadt oder mit Blockrandbebauungen mit sechs bis acht Geschossen. Und Hochhäuser sind in Sachen Energieeffizienz das Schlimmste, was es gibt.
Canepa: Das heisst, all diese Architekten in dieser Jury waren inkompetent. Ist das Ihre Aussage?
Keller: Architekten bauen gerne Hochhäuser. Sie vergleichen die Umweltverträglichkeit der Hardturm-Hochhäuser mit anderen Hochhäusern. Man kann einfach nicht behaupten, das Areal werde ökologisch und dicht bebaut.


Es hat aber beim Ensemble-Projekt dadurch sehr viele Freiflächen. Das müsste Ihnen doch gefallen.
Keller: Wie können Sie denn die drei privaten Plätze, die zwischen Stadion, Hochhäusern und Strasse entstehen sollen, Freiflächen nennen? Da wird man überhaupt keine Freiheit haben! Es entstehen keine Grünflächen, sondern eine Tiefgarage. Der Boden wird fast gänzlich versiegelt.
Canepa: Das stimmt einfach nicht.
Frau Keller, der Umweltverträglichkeitsbericht sieht keine Schädigung der Umwelt durch den Stadionbau. Das Lokalklima im Quartier werde zum Beispiel kaum beeinflusst. Weshalb behaupten Sie das Gegenteil?
Keller: Der Bericht stimmt von den Fakten her schon, aber die Schlussfolgerungen sind falsch. Die Bedürfnisse der Quartierbevölkerung wurden gar nicht angeschaut. Ein Beispiel: Man sagt, 3500 Mehrfahrten hätten keine Wirkung auf das Quartier. Man muss nicht studiert haben, um zu begreifen, dass da etwas falsch ist.
Es ist von einer minimen Verkehrszunahme die Rede, weil das umliegende Strassennetz schon stark belastet sei. Wenn Sie uns ein weiteres Beispiel erlauben: Sie sagen, Grünraum werde zerstört, aber laut Bericht werden die Bäume ersetzt und wurzeln nicht über der Tiefgarage.
Keller: Ich bezweifle, dass diese paar Bäume ausreichend Lebensraum hätten. Und es werden 800 Bäume, die auf der Brache gewachsen sind, gefällt.

Ist der Bericht in Ihren Augen also unglaubwürdig?
Keller: Er wurde finanziert von den Leuten, die bauen wollen. Ich halte das für «Greenwashing».
Es gibt im Kreis 5 eine ganze Kette von neuen Hochhäusern. Bisher wurde kein Projekt derart bekämpft wie dieses.
Keller: Diese Türme sind höher als alle anderen, und es sind deren zwei. Das bedeutet eine massive Einbusse an Lebensqualität. Beispielsweise wird der Pausenplatz einer Schule im Schatten liegen, im Winter den ganzen Tag über.
Canepa: Der Schattenwurf wurde umfangreich geprüft, auch da entspricht der Bau den Vorgaben.
Weshalb bekämpfen Sie ausgerechnet dieses Projekt? Da setzen Sie sich doch dem Verdacht aus, Sie suchten einfach nach Argumenten gegen den Stadionbau.
Keller: Muss ich das nochmals erklären? Es geht um Hochhäuser, die so hoch und breit sind wie nirgends in der Stadt, und um weiteren Grünraum, der verschwindet.

Canepa: Frau Keller, wohnen Sie eigentlich im Quartier?
Keller: Nein.
Canepa: Das finde ich nun aber schon seltsam, dass Sie das Projekt derart bekämpfen, obwohl Sie gar nicht betroffen sind.
Keller: Als Architektin finde ich, dass man Umdenken muss.
Canepa: Und das auf Kosten von Tausenden fussballaffinen Leuten, auf Kosten der Klubs, die für das Fortbestehen ein Stadion brauchen, die ein strukturelles Defizit haben, weil sie ihr Stadion nicht selbst managen können und kaum Einnahmen haben. Es besteht die Gefahr, dass Spitzenfussball in Zürich nicht mehr stattfinden kann. Und das betrifft auch den Nachwuchs, den Mädchen- und Frauenfussball. All dies wird durch den Spitzenfussball querfinanziert. Es geht auch um den Amateurfussball, weil der Spitzenfussball eine Sogwirkung hat. All dies zu riskieren, nur, damit ein paar Leute ihren Privatgarten haben – das ist nicht sozial gedacht, sondern egoistisch.
Keller: Ich finde es verachtend, wenn Sie sagen, es sei egoistisch, die eigene Lebensqualität zu verteidigen. Man könnte auch sagen, es sei egoistisch, dass Fussballklubs das Quartier zustellen wollen, nur um ein wenig bessere Erträge zu generieren.

Canepa: Seit über hundert Jahren wird hier Fussball gespielt. Es gab in diesem Gebiet sogar zwei Stadien, zwei – neben dem Hardturm das Förrlibuckstadion. Wir kommen nicht von aussen hierhin. Leider hat man das alte Hardturm-Stadion vor 13 Jahren abgerissen, das war ein grosser Fehler.
Keller: Das Stadion stand einst auf der grünen Wiese am Stadtrand. Heute ist es ein stark verdichtetes Wohnquartier. Die Zeiten ändern sich. Wenn der Preis dafür, dass man die Klubs erhalten kann, für das Quartier derart gross ist, frage ich: Kann man da nicht eine andere Lösung finden?
Canepa: Machen Sie einen Vorschlag!
Keller: Zum Beispiel, dass man mit der Stadt spricht, damit sie die Verträge der Klubs im Letzigrund anpasst und das Catering in ihre Hände legt.
Canepa: Wir sind nur Mieter. Wir können das Stadion nicht selbst bewirtschaften.
Keller: Haben Sie die Stadt wegen einer Vertragsanpassung gefragt?
Canepa: Natürlich. Aber es gibt ein grosses Problem: Die Infrastruktur im Letzigrund ist nicht auf Catering ausgelegt. Wir haben 300 Plätze, auf denen wir Leute bedienen können. In allen anderen Stadien, in Bern, St. Gallen, Basel, sind das zwischen 1000 und 2000 Plätze.

Keller: Und trotzdem haben alle Schweizer Klubs Probleme.
Herr Canepa, ist es wirklich realistisch, dass mit einem neuen Stadion mehr Zuschauer an die Spiele kommen?
Canepa: Ja. Wir leben in der Grossagglomeration Zürich mit 1,5 Millionen Einwohnern. Wir werden entsprechend mehr Zuschauer haben. Somit können wir endlich Einnahmen generieren, die uns heute vorenthalten sind, vom Biervertrag bis zum Wurstverkauf ausserhalb des Stadions, wo heute private Metzger riesige Umsätze machen und wir keinen Franken verdienen. Das Letzigrund ist kein Fussballstadion, es ist nicht kompakt, nicht wetterfest. Es hat auch wesentliche sicherheitstechnische Mängel, was weitere Kosten verursacht.
Keller: Wir haben in dieser Stadt doch so viele andere Bedürfnisse, da fragt man sich, wieso es ein zweites Stadion braucht, zumal die Stadt noch kein Konzept dafür hat, wie sie den Letzigrund in Zukunft sinnvoll nutzen will, dessen Betrieb weiterhin jährlich mehrere Millionen Franken kosten wird. Klar, der Letzigrund ist vielleicht kein Kessel. Aber für die Corona-Zeit ist der Letzigrund gar nicht so ungünstig gebaut.
Canepa: Da haben Sie recht. Es ist tatsächlich winddurchlässig. Aber wir gehen ja nicht davon aus, dass wir in den nächsten zehn Jahren Corona haben.


Keller: Das weiss man ja nicht. Das zeigt doch genau, dass «Ensemble» ein Schönwetterprojekt ist. Die Rechnung geht nur auf, wenn die Wirtschaft boomt. Aber Dinge ändern sich. Es wird ja enorm viel gebaut, es gibt keine Wohnungsnot mehr bei teuren Wohnungen im Kreis 5. Die Bedürfnisse des Wohnens verändern sich.
Canepa: Da höre ich anderes.
Keller: Vielleicht gibt es andere Sachen, die wichtiger sind als Fussball und Hochhäuser und Tiefgaragen. Was, wenn die Pandemie weitergeht, wenn eine Wirtschaftskrise kommt? Dann hat man dort einfach ein Monster gebaut, das man nicht mehr brauchen kann.
Canepa: Ja, wenn Sie so denken, wenn Sie alles negativ sehen, dann müssen wir alle am Morgen im Bett bleiben und das Leben an uns vorbeiziehen lassen.
Keller: Nein. Aber man kann doch nicht davon ausgehen, dass es immer aufwärtsgeht. Es ist einfach ein unflexibles Projekt. Tiefgarage – wer weiss, wie lange die Autos noch fahren? Man muss sich überlegen, was es für die nächsten fünfzig Jahre braucht. In der Pandemie hat man zum Beispiel gesehen, wie wichtig Grünflächen sind.


Canepa: In diesem Projekt gibt es so viele Freiräume, wo sich die Leute treffen können, Restaurants, Gewerbe, eine Belebung des Quartiers. Schauen Sie doch einmal die Pläne an!
Keller: Entschuldigung, aber Restaurants sind keine Freiräume! Das Stadion wird zur Freifläche dazugezählt, kann aber von niemandem aus der Stadt betreten werden. Es ist effektiv keine frei zugängliche grüne Fläche für alle.
Canepa: Mich regt auf, dass offensichtlich ideologische Themen an diesem Projekt ausgelebt werden.
Keller: Ich könnte Ihnen genauso Ideologie unterstellen. Ihre Interessen haben doch keinen Vorrang vor jenen der Quartierbewohner.
Canepa: Ich würde doch nie auf die Idee kommen, ein solch breit abgestütztes Projekt zu bekämpfen. Leben und leben lassen, daran sollte man sich orientieren!
Keller: Genau. Lasst die Leute leben im Quartier!
Canepa: Lasst uns Fussball spielen, wie wir das schon seit hundert Jahren in diesem Quartier tun.
Frau Keller, mit einem Nein wird auch eine grosse Genossenschaftssiedlung verhindert.
Keller: Wir haben ein Alternativprojekt vorgestellt. Es bietet Platz für 2000 Personen, die in Genossenschaftswohnungen leben könnten.

Canepa: Sie wissen aber, dass die Credit Suisse das Land zurückkaufen kann, wenn die Stadt bis 2035 kein Stadion plant, oder? Das ist also keine nachhaltige Lösung.
Keller: Wir haben eine bessere Idee: Die Stadt soll das Land der CS abkaufen, dann kann sie bauen, was sie will. Heute ist es ja ein Renditeprojekt.
Sie haben die Kosten Ihres Alternativprojekts mit 200 Millionen Franken beziffert. Aber da ist der Landpreis nicht dabei. Dieser würde mehrere hundert Millionen Franken zusätzlich betragen. Es ist zudem unsicher, ob die CS überhaupt würde verkaufen wollen.
Keller: Muss ich dieses Problem jetzt wirklich schon lösen? Ich glaube nicht. Ausserdem müsste die Stadt nur den Boden definitiv kaufen, die 200 Millionen Franken für unser soziales und klimafreundliches Alternativprojekt würden von Genossenschaften im Baurecht investiert.
Sie müssen doch aufzeigen, was Ihr Alternativprojekt umfasst.
Keller: Kennen Sie den Vertrag zwischen der CS und der Stadt? Haben Sie den Vertrag gesehen? Ich verstehe nicht, wieso man uns diesen Vertrag nicht zeigt.

Wir haben ihn nicht gesehen, aber der Inhalt ist bekannt: Die Stadt hat das Land äusserst günstig für 50 Millionen Franken von der CS erhalten, die CS kann es bei nicht erfolgtem Stadionbau zum selben Preis zurückkaufen. Dann könnte sie das Areal nach Gutdünken überbauen.
Keller: Das erfolgt, wenn überhaupt, erst in 15 Jahren, in dieser Zeit kann viel passieren. Und die CS kann auch nicht bauen, wie sie will, sie muss sich an die Baureglemente halten.
Herr Canepa, wechseln wir zum Fussball. Die beiden Zürcher Stadtklubs stehen vor einer ungewissen Zukunft. Wie nachhaltig das chinesische Engagement bei GC ist, muss sich weisen, und beim FCZ ist so gut wie alles vom Ehepaar Canepa abhängig. Weshalb sollte man angesichts dieser beiden Wackelkandidaten einem Stadionbau zustimmen?
Canepa: Ich sehe die Klubs überhaupt nicht als Wackelkandidaten. Und GC ist nach wie vor ein Zürcher Klub. Aber wenn man will, dass es in der Stadt Zürich Spitzenfussball hat, braucht es Rahmenbedingungen, die passen, auch finanziell. Und dies wiederum hängt von der Infrastruktur ab. Andernfalls müsste man sagen: Zürich ist keine Sportstadt, und die Klubs sollen in die vierte Amateurliga gehen. Aber das kann ja wohl kaum die Absicht sein.
Keller: Das ist ja bisher auch nicht passiert – trotz Letzigrund.
Canepa: Den heutigen Spitzensport kann man nicht mehr wie einen Kegelklub betreiben. Wir sind ein KMU und haben 200 Leute auf der Lohnliste. Das muss alles finanziert werden. Beim FC Zürich hatten wir das Glück, dass wir zum Teil im Europa-Cup spielen konnten, oder man hatte die Familie Canepa, die finanzielle Ressourcen zur Verfügung gestellt hat. Man kann aber nicht davon ausgehen, dass Privatpersonen im Schweizer Fussball den Betrieb auf alle Zeiten finanzieren, vor allem wenn geradezu böswillig die notwendigen Rahmenbedingungen verhindert werden.
Keller: Aber wird nicht das Business in ganz Europa immer schwieriger? Das Problem mit Chaoten hat sich ja auch verschärft, wobei Sie sich ja immer klar distanzieren, was ich super finde.
Canepa: Den Fussball gibt es seit 150 Jahren, und es wird ihn auch in 150 Jahren geben. Er hat eine integrative Kraft weltweit wie sonst keine andere Institution. Hätten wir die Integration durch den Fussball in der Schweiz nicht, hätten wir sehr viel mehr Probleme mit Jugendlichen. Hooliganismus ist ein Problem, aber in der Gesamtsicht ein punktuelles. Und man kann die Saläre im Schweizer Fussball nicht mit den Salären bei Klubs wie Real Madrid oder Chelsea vergleichen. Das ist absurd und dumm.
Zusammengefasst: Der Fussball vollbringt eine grosse Integrationsleistung, und es braucht den Spitzenfussball als Motor. Leuchtet Ihnen das ein, Frau Keller?
Keller: Ich habe nichts gegen Fussball. Aber der FCZ ist ein Eliteklub, er integriert nur die besten Juniorinnen und Junioren. Ausserdem baut man heute weltweit keine Stadien mehr in den Quartieren. Es gäbe sicher Alternativen, zum Beispiel auf dem Gleisfeld des heutigen Rangierbahnhofs in Dietikon.
Canepa: Man baut nicht neu ins Quartier hinein, das Stadion war schon vorher da. Und es gibt auf der Welt Hunderte von Stadien in Innenstädten. Damals, als es um die Projektierung ging, haben wir 30 Standorte geprüft, in und um die Stadt. Alternativen sind nicht machbar. Selbst wenn dem so wäre: Wir können nicht nochmals zehn Jahre warten.
Keller: Ich wünsche mir eine gute Lösung für den Fussball, die auch eine gute Lösung für das Quartier ist. Ich bin sicher, dass es diese gibt.
Canepa: Es gibt keine andere Lösung. Wenn die jetzige Vorlage nicht angenommen wird, ist dies das Ende von vielem. Wir feiern nächstes Jahr unser 125-Jahr-Jubiläum. Ich hoffe, dass dies nicht das letzte Jubiläum sein wird.
Ist es für die Akzeptanz des Stadionprojekts ein Nachteil, dass durch die Corona-Krise keine Live-Spiele mehr stattfinden?
Canepa: Das glaube ich nicht. Ich hoffe, dass wir eine hohe Stimmbeteiligung haben und dass die Leute, die Ja gestimmt haben, wieder Ja sagen. Viele stört auch die Zwängerei einer weiteren Abstimmung, und viele Exponenten linker Parteien sagen mir, sie seien mit der Haltung ihrer Partei nicht einverstanden und würden für das Stadion stimmen. Ich bin zuversichtlich, dass wir das Stadion endlich, endlich bauen können.
Keller: Wir haben viele Junge und viele Frauen, die sagen: Es ist ein zu hoher Preis, den das Quartier bezahlen müsste. Die Abstimmung war ja knapp vor zwei Jahren. Seither ist die Sensibilität für Umweltfragen gewachsen – und mit der Pandemie das Bewusstsein für den öffentlichen Raum und die Lebensqualität in der Stadt.Letzte Chance für den Fussball oder ein städtebauliches Monster, das es zu verhindern gilt? Vor der erneuten Abstimmung über ein Zürcher Fussballstadion treffen sich Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, und Monique Keller, Architektin und Mitgründerin der IG Freiräume, zum Streitgespräch.
"we do these things not because they are easy, but because they are hard" jfk

Benutzeravatar
Sektor D
Beiträge: 5200
Registriert: 21.07.10 @ 12:30

Re: Neues stadion

Beitragvon Sektor D » 02.09.20 @ 10:55

Tschik Cajkovski hat geschrieben:heute in der NZZ:

Letzte Chance für den Fussball oder ein städtebauliches Monster, das es zu verhindern gilt? Vor der erneuten Abstimmung über ein Zürcher Fussballstadion treffen sich Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, und Monique Keller, Architektin und Mitgründerin der IG Freiräume, zum Streitgespräch.


Da kommt einem ja das kalte Kotzen ab dieser selbstgerechten, überheblichen Kuh...
In addition, credo quod Basilee habet destrui. (o.V.)

«Ich kann das alles nicht fassen; ich google "Sophie Scholl" und finde Jana aus Kassel...» by Nic Knatterton, DJ Spice 23, Nordmonopol

Benutzeravatar
Schwizermaischter FCZ
Beiträge: 4485
Registriert: 06.01.07 @ 13:07
Wohnort: Südkurve, da laufts!

Re: Neues stadion

Beitragvon Schwizermaischter FCZ » 02.09.20 @ 11:07

Spätestens ab der Frage ob sie selber im Quartier wohnt muss man nicht mehr weiterlesen, glaube Cillo hat fast in den Tisch gebissen.
Spieler-Rate-König Juni 2020

Ludo raus

Benutzeravatar
Stogerman.
Beiträge: 2833
Registriert: 28.12.15 @ 0:01

Re: Neues stadion

Beitragvon Stogerman. » 02.09.20 @ 11:11

Tschik Cajkovski hat geschrieben:heute in der NZZ:

Letzte Chance für den Fussball oder ein städtebauliches Monster, das es zu verhindern gilt? Vor der erneuten Abstimmung über ein Zürcher Fussballstadion treffen sich Ancillo Canepa, Präsident des FC Zürich, und Monique Keller, Architektin und Mitgründerin der IG Freiräume, zum Streitgespräch.



Meine Güte, die Frau Keller versucht sich an jedem Strohhalm festzuklammern und ignoriert den Fakt, dass das Stadion schon vorher da war komplett.
"Bin aktuell auch sehr unzufrieden, aber FF wird die Kehrtwende schaffen. Markiert meine Worte :-)." - 29.08.2022


Zurück zu „Fussball Club Zürich“



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: camelos, Google Adsense [Bot], I896FCZ, Qwertasda, Sveerin, Vapor, vergani, Zizou96 und 736 Gäste