Wie der alte GC-Strippenzieher den China-Deal einfädelte
Der Rekordmeister wagt ein grosses Experiment – und setzt auf Personen, die im Einflussbereich von Erich Vogel stehen.
MEINUNG Thomas Schifferle
Zuletzt aktualisiert am 09. April 2020 um 17:14 Uhr
Erich Vogel steht hinter dem Deal mit dem chinesischen Konzern.
Karikatur: Felix Schaad
GC galt einmal als nobel. Es war der Club des alten Zürcher Geldadels, von Wirtschaftsführern, von Walter Schoeller, Luk Keller, Rainer E. Gut, Fritz Gerber. GC war erfolgreich, wurde Rekordmeister und Rekordcupsieger, es weckte Neid.
GC leistete sich immer viel, der Erfolg war teuer, aber er wurde immer irgendwie finanziert. Immer tat sich irgendwo eine Kasse auf, solange Meisterschaften gewonnen wurden. Nach 2003 und dem Gewinn des bislang letzten Meistertitels begann der Erfolg auszubleiben, den Cupsieg von 2013 gab es wohl noch, ja, ein Trost war das nicht wirklich.
Trotzdem träumte GC weiter gross und bewegte sich darum seit dem Rückzug von Gut und Gerber am Rand der finanziellen Überforderung, nicht einmal, zweimal, auch nicht dreimal, sondern dauernd. Egal ob die Ausgaben 25 und mehr Millionen betrugen oder 13 wie jetzt, am Ende einer Saison haben immer Millionen gefehlt. Sie sind immer schwerer zu finden gewesen, weil der Erfolg ausblieb, es gab keine Rechtfertigung mehr für die zu hohen Ausgaben.
Im vergangenen Frühjahr stieg GC aus der Super League ab, nach 70 Jahren. Es war sportlich der Tiefpunkt.
Und jetzt folgt die nächste so bemerkenswerte wie zweifelhafte Episode in seiner Geschichte. GC wird nach China verkauft und begibt sich auf dünnes Eis.
Der Verkauf nach China zeigt, wie sehr das Renommee von GC in der eigenen Stadt gelitten hat. Der Club bekommt das, was er dafür verdient: einen Besitzer, der nur Fragen provoziert.
Beklagen soll sich keiner darüber, der Geld hat und GC nahe steht. Es ist nur das Zeichen dafür, dass sich in Zürich keiner mehr genug für den Club interessiert, um ihn vor diesem Verkauf zu bewahren. Es könnte kein besseres Zeichen dafür geben, wie sehr sein Renommee gelitten hat, wie gleichgültig er gesehen wird, wie belanglos er geworden ist, wie müde er gemacht hat mit seinen diversen Eskapaden. Wie traurig das Bild ist, das er seit langem abgibt. Er bekommt das, was er dafür verdient: einen Besitzer, der nur Fragen provoziert und keine Hoffnungen weckt. Und den alten ewigen Strippenzieher Erich Vogel.
Andras Gurovits hat den Auftrag der bisherigen Hauptaktionäre Stephan Anliker und Peter Stüber wohl nach bestem Wissen und Gewissen versehen. Der letzte verbliebene Verwaltungsrat hat einen Käufer gefunden für einen Anliker, der müde und desillusioniert geworden ist, und einen Stüber, der sich von Vogel beeinflussen liess. Gurovits, der ehrenwerte Anwalt, wird mit der Zeit selbst erkennen, wie glücklich er mit seinem Ergebnis noch sein kann.
Mit den Chinesen kommt Vogel, denn Vogel hat seit Ende 2018 im Hintergrund alles getan, um neue Besitzer zu finden. Er wehrt sich gegen diese Darstellung, er will zwei Leuten das Verdienst für dieses Geschäft zuschreiben, die neu in die Organisation eingebunden werden: Shqiprim Berisha und Samuel Haas. Berisha? Haas? Zwei Unbekannte als Heilsbringer? Nicht einmal Vogel kann glauben, dass einer das wirklich glaubt.
Er stiftet dauernd Unruhe
Vogel, bei GC früher Spieler, Trainer und Sportchef, hat gesteuert und gelenkt, er hat einfach das gemacht, wovon er selbst mit 81 Jahren nicht lassen kann. Vielleicht meint er es gut mit GC, wahrscheinlicher ist, dass er überzeugt ist, nur er wisse, was gut für den Verein sei. Dem widerspricht ein Fakt: Seit Ende der 90er-Jahre ist GC nur einmal zur Ruhe gekommen, das war zur Zeit von Rainer E. Gut und Fritz Gerber, als sie Vogel mit kalter Geste vor die Türe stellten.
Kaum waren sie weg, war Vogel in unterschiedlichen Rollen wieder da, einmal während zwei Jahren als Vizepräsident ohne durchschlagenden Erfolg. Es soll nicht verschwiegen werden, dass er aus dem Hintergrund heraus ein paar gute Transfers angeregt hat, zum Beispiel von Kim Källström. Bloss verblasst das alles bei der Unruhe, die er dauernd angestiftet hat.
Erich Vogel, inzwischen 81, ist ein ewiger Hopper.
Walter Bieri (Keystone)
Jetzt hat er die Chinesen von Fosun beraten und ihnen täglich rapportiert, und mit ihnen ziehen seine Vertrauten in unterschiedlichen Rollen auf dem Campus ein: Berisha als Managing Director, Haas als Geschäftsführer und Adrian Fetscherin für Marketing und Kommunikation. Es ist ein Vogel-Kabinett. Oder ein Vogel-Cabaret?
Doch die entscheidende Frage ist damit noch immer nicht beantwortet: Was will Fosun eigentlich mit GC? Auch wenn jetzt von einer Champion Union HK Holdings Limited als Besitzer die Rede ist, es ist eine Tarnkonstruktion, weil Fosun bereits bei Wolverhampton der Besitzer ist und die Uefa verbietet, dass eine Firma oder Person mehr als einen Fussballclub kontrollieren darf. Die neue Besitzerin Jenny Wang ist die Frau von Fosun-Mitgründer Guo Guangchang.
Wollen sie ein geschäftliches Standbein in Zürich haben? Das könnten sie, bei der Umsatzstärke ihres Unternehmens von 14 Milliarden Franken im Jahr 2018, auch ohne Fussball. Wollen sie einen Spielerhandel aufziehen, weil für sie das der «lukrativste Geschäftsbereich» im Fussball ist, wie einmal in Mails aus den Football Leaks nachzulesen war? Aber was gibt der Schweizer Markt in diesen Tag her, schon gerade ein Club wie GC in der Challenge League? Nichts. Verstehen sie etwas vom Schweizer Fussball? Das tun sie nicht, sie verlassen sich auf die Expertise von Vogel. Sonst wären sie nie auf die Idee gekommen, auf Leute wie Berisha und Haas zu bauen.
Schlechte Erfahrungen mit Investoren
In der Not haben schon einige andere Schweizer Vereine auf ausländische Investoren gesetzt. Servette tat das bei dem französischen Spielervermittler Marc Roger und später bei Majid Pishyar, Wil bei den Ukrainern um Igor Belanow und beim Türken Mehmet Nazif Günal, Sion setzte auf den kamerunischen Bierbrauer Gilbert Kadji, sie alle zogen Nieten. Niemand tat das so sehr wie Xamax mit dem Tschetschenen Bulat Tschagajew. Auch Lugano ist mit italienischem Geld nie glücklich geworden, oder Luzern hoffte vergeblich auf die vollmundigen Versprechen ausländischer Investoren.Schweizer Clubs haben nur dann erfolgreich arbeiten können, wenn sie auf einheimisches Geld zurückgreifen konnten. Basel, YB und der FCZ haben das in den letzten zwei Jahrzehnten bewiesen, als selbst in der Schweiz der Finanzbedarf zuweilen auf bis zu 70, 80 Millionen gestiegen ist.
Der ganze SVP Scheisshaufen ist die Bremsspur im Schlüpfer von Helvetia. (Zhyrus, 2023)