Coronavirus und der Schweizer Fussball: Christian Constantin meldet seine Spieler bei der Arbeitslosenkasse anAn diesem Wochenende ruht der Ball in den Schweizer Fussballstadien ganz. Danach sind Geisterspiele wahrscheinlich. Aber wie lange? Und was geschieht, wenn sich ein Spieler infiziert?Michele Coviello, Samuel Burgener und Flurin Clalüna
Am Freitagmittag herrschte vorerst Klarheit. Sämtliche Partien der Swiss Football League (SFL) von diesem Wochenende werden verschoben. Die SFL reagierte kurzfristig mit einem Unterbruch ihrer Wettbewerbe in der Super League und der Challenge League. Wann diese Spiele nachgeholt werden, ist noch nicht bekannt.
Zuerst müssen drängendere Fragen geklärt werden: Was geschieht mit den Partien, die ebenso in diese zweiwöchige Sperrfrist fallen? An den Wochenenden vom 7. und 8. sowie vom 14. und 15. März müssten schon die nächsten Runden stattfinden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dann zu Geisterspielen kommen wird, ist gross. Denn die Zeit ist knapp und der Terminkalender zu voll, als dass man sich viele weitere Verschiebungen leisten könnte.
Der FC Basel ist weiterhin in der Europa League engagiert. Und im Sommer steht die Europameisterschaft an. Im Fall von Geisterspielen stellt sich die Frage, wer für die Einnahmeverluste der Klubs aufkommen könnte. Der CEO der Schweizer Fussballliga, Claudius Schäfer, sagt dazu: «Die Konsequenzen sind komplex. Wir prüfen derzeit die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Darin enthalten sind auch Fragen allfälliger Entschädigungen.» Am Montag wird sich die Ligaspitze mit den Klubs treffen und Szenarien ausarbeiten.
Auch die Cup-Viertelfinalspiele vom Mittwoch, 4., und Donnerstag, 5. März, sind von der Massnahme betroffen und werden auf noch unbestimmte Daten verschoben.
Alles wird erschwert durch die grosse Unbekannte: Wie lange? Wie lange wird die Epidemie andauern, wie lange sind die Massnahmen nötig? Was geschieht, wenn das Virus bei einem Spieler auftaucht und das ganze Team in Quarantäne muss? Oder dies gleich bei mehreren Klubs der Fall wäre? Der Worst Case eines Meisterschaftsabbruchs ist da nicht mehr weit.
Der FC-Sion-Präsident Christian Constantin sieht einen Abbruch der Meisterschaft als realistisches Szenario: «Mit Publikum zu spielen, geht offenbar nicht. Aber ohne geht auch nicht, wenn nur ein einziger Spieler eines Teams infiziert ist. Wir warten nun ab. Aber im Notfall würde ich einen Abbruch befürworten.»
Constantin meldet seine Spieler und seinen Staff am 1. März bei der Arbeitslosenkasse an. Er beruft sich auf höhere Gewalt und will entschädigt werden. Notfalls wolle er sich sein Recht juristisch erstreiten. Constantin könnte einen Präzedenzfall schaffen.
Vorderhand sind die Klubs aber vor allem mit der Frage beschäftigt, was Geisterspiele nach sich zögen. Die Young Boys machten sich zwar Gedanken darüber, wie man den Anhängern in diesem Fall entgegenkommen könne, sagt der Medienchef Albert Staudenmann. «Grundsätzlich ist es aber so, dass man beim Kauf einer Jahreskarte oder eines Einzeltickets auch das Risiko einer Spielabsage wegen höherer Gewalt eingeht.» Eine Rückerstattung ist deshalb nicht vorgesehen.
An einer Medienkonferenz des FC Basel sagte der CEO Roland Heri, man sei zwar gut gegen Einnahmeausfälle versichert, aber ob in solchen Ausnahmefällen gezahlt werde, könne er nicht mit Sicherheit sagen. Offen sei auch noch, ob und wie der Klub im Fall eines Geisterspiels Saisonkartenbesitzer entschädigen werde.
Einbussen würden die Klubs aber auch im Bereich der Gastronomie hinnehmen. Die Young Boys mit im Schnitt rund 27 000 Zuschauerinnen und Zuschauern rechnen im Fall von Geisterspielen mit einem Verlust im höheren sechsstelligen Bereich. Der FC Luzern sagt auf Anfrage, dass bei einem Heimspiel ohne Publikum 150 000 Franken verloren gehen.
Die Massnahmen sind so weitreichend wie noch nie. Und ein Stück weit auch beruhigend. Aber der Präsident des FC Lugano, Angelo Renzetti, verliert wenigstens den Humor nicht. Er sagt: «Jedes unserer Heimspiele ist eigentlich ein Geisterspiel.» Die Luganesi finden in der Super League mit einem Durchschnitt von 3150 Zuschauern am wenigsten Anklang. Deshalb sei der FC Lugano «immun» gegen diese Situation, sagt Renzetti. Nun würden auch die anderen Klubs sehen, wie sich Spiele im leeren Stadion anfühlten.
Eine Rückerstattung der Ticketpreise bei Partien unter Ausschluss der Öffentlichkeit schliesst Renzetti kategorisch aus. «Wenn wir auch das noch zurückzahlen müssen, dann können wir den Laden gleich dichtmachen.» Es ist eine Aussage, welche die Nöte einiger Super-League-Klubs verdeutlicht.
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