MetalZH hat geschrieben:schwizermeischterfcz hat geschrieben:Da schreiben wir Seiten voll und du hast das Problem wohl wieder mal auf den Punkt getroffen. Einmal @Cillo Canepa bitte. Merci ZüriLive
So wie meistens...
Wirklich ein grossartiger Artikel! Von sowas können Tagi, NZZ und Co. nur träumen.
Hier ist der Traum... Für einmal ein guter Artikel im Tagi, sehr realitätsbezogen und weniger Bibel-Fussball als von ZüriLive:
Aus dem Tagi vom 22. Februar 2020
Die FCZ-Schau des GrauensFussball Ludovic Magnin träumt von Powerfussball, wie ihn derzeit Leipzig spielt. Sein Team aber liefert etwas ganz anderes ab. Trotzdem will der FCZ-Trainer auch heute gegen Xamax nicht von seinem Plan abrücken.Florian Raz
RB Leipzig also. Nein, eine Nummer kleiner geht es nicht. Wenn Ludovic Magnin spricht, dann sind die Ziele klar. Und sie sind gross. Also erklärt der Trainer des FC Zürich, warum er seinen Spielern auch gegen Xamax nicht einen etwas vorsichtigeren Plan mit auf den Weg geben wird: «Denken Sie, Leipzig würde in unserer Situation hinten reinstehen?» Und dann sagt er den schönen Satz: «Ich habe kein Problem damit, den Sturkopf zu spielen.»
Die Ziele, die Magnin hat, sind klar. Und davon rückt er auch nach vier Spielen mit nur einem Punkt nicht ab. Er stellt sich eine Mannschaft vor, «die den Gegner auf dem ganzen Feld unter Druck setzt». Eben genauso wie Leipzig, das in der Champions League gegen Tottenham eindrücklich gezeigt hat, wie moderner Pressing-Fussball aussieht.
Magnin hat bloss ein Problem: Sein FCZ hat am letzten Sonntag beim 1:4 gegen Servette gezeigt, wie moderner Pressing-Fussball sicher nicht aussieht. Es ist halt ein Unterschied, ob die Spieler den Gegner hoch angreifen, am besten gleich zu zweit. Ob sie sich gierig in die Zweikämpfe stürzen und im Notfall auch nicht vor einem Foul zurückschrecken, um den gegnerischen Angriff möglichst früh zu unterbinden. Das ist, was Leipzig macht. Oder ob die Spieler einfach weit vorne stehen, ohne den Gegner unter Druck zu setzen. So machen es derzeit die Zürcher – und sie werden dafür in diesem Jahr im Schnitt mit drei Gegentoren pro Spiel bestraft.
Die Partie in Genf war eine taktische Horrorshow (siehe Beispiele rechts). Für Magnin liegt das in erster Linie daran, dass seine Mannschaft nicht mit der «nötigen Aggressivität» am Werk war: «Unser ganzer Plan kann nicht aufgehen, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt ist.»
Wie schlechte PokerspielerDie riesigen Löcher, die sich derzeit in der Zürcher Abwehr auftun, liegen aber auch an den Anweisungen, die Magnin gibt. «Ich will, dass meine Offensivspieler spekulieren», gibt er zu. In Genf sah das dann so aus, dass sich bei praktisch jedem Zweikampf im Mittelfeld bereits fünf bis sechs Zürcher nach vorne orientierten. Ging das Duell dann verloren, was im Fussball ja manchmal vorkommen soll, gerieten die Zürcher Abwehrspieler sofort in eine Unterzahl-Situation.
Der FCZ agiert derzeit wie ein Pokerspieler, der seine Karten gar nicht erst anschaut, sondern immer sofort «all in» geht und alle seine Chips setzt. Das geht oft nicht auf, manchmal aber schon. Darum stellt Magnin mit Blick auf die vergebenen FCZ-Gelegenheiten in Genf fest: «Die Jungs trauen sich etwas und kommen zu Chancen. Das war auch schon anders.»
Entscheidend ist allerdings, in welchem Verhältnis der mögliche Gewinn zum Verlust steht. In Genf zählten die Statistiker von Sofascore drei Grosschancen für Zürich und neun für Servette. Das ist kein Verhältnis, bei dem man mit einem Punktgewinn oder gar Sieg rechnen darf.
Und diese Partie war kein Einzelfall. In den letzten zehn Ligaspielen hat der FCZ nur beim 3:0 gegen Luzern mehr Chancen herausgespielt als der Gegner. Fünfmal hatte das andere Team die besseren Gelegenheiten, viermal war das Verhältnis ausgeglichen.
Nun haben solche Statistiken nicht in jedem Fall eine Auswirkung auf das Ergebnis des Spiels. Die Zürcher haben im Herbst tatsächlich mehrere Partien gewonnen, in denen sie weniger Chancen hatten als der Gegner. Nur spricht die Wahrscheinlichkeit dagegen, dass ein Team andauernd gewinnt, obwohl der Gegner häufiger aufs Tor schiesst.
Sind die Spieler schuld?So stellt sich die Frage, ob Magnin aus seinen Beobachtungen die richtigen Schlüsse zieht. Er stellt mit Blick auf die Resultate fest: «Wir haben viele Spiele mit bloss einem Tor Unterschied gewonnen. Wenn wir aber verloren haben, dann meist hoch.» Für ihn spricht das dafür, dass seine Spieler in den gewonnenen Partien «an ihre Grenzen gegangen sind» – zuletzt aber nicht mehr: «Nur wenn wir ans Limit gehen, erkämpfen wir uns das nötige Quäntchen Wettkampfglück.»
Das ist eine Interpretation. Eine andere wäre, dass Magnins System mehr Risiken als Chancen beinhaltet. Dass also nicht die knappen Siege des Herbstes den Normalfall darstellen, sondern die Niederlagen.
Aber so mag Magnin nicht denken. Und er sieht in Leipzig das perfekte Beispiel, warum er weiterhin auf dem richtigen Weg ist: «Die hatten auch Rückschläge und brauchten Jahre, bis alles zusammengewachsen war.»
Magnin arbeitet nun exakt seit zwei Jahren an seinen Ideen mit dem FCZ. Und soll nicht auch seine zweite komplette Saison als Cheftrainer in einer Enttäuschung enden, muss sein Plan endlichwieder einmal aufgehen. Am besten schon heute gegen Xamax.