Die Niederspastlis sehen am gewaltbereitesten aus :-)
Artikel aus der Sonntagszeitung mit vielen tollen Grafiken und Zahlen, um sich zu empören...
https://m.tagesanzeiger.ch/articles/31599767Wie Ultras wütenErstmals zeigen Daten von Clubs und Polizei, welche Delikte Hooligans verüben und wo sie am meisten randalieren.
Roland Gamp
Mit 2:3 endet die Cup-Partie, ein wahres Fussballfest. Bis feiernde YB-Fans und enttäuschte Anhänger des FC Schaffhausen nach dem Spiel aufeinandertreffen. Am Bahnhof Herblingen SH durchbrechen Fans Absperrungen und attackieren sich. Polizisten gehen mit Pfefferspray dazwischen, werden dabei von Vermummten mit Steinen beworfen. Im Fan-Zug gehen die Scharmützel weiter, Chaoten zünden im Waggon eine Rauchpetarde.
Der Schaden um die Partie vor einem Monat beträgt Tausende Franken, drei Personen wurden verletzt. So steht es im neuen Rapport-System, das Bund und Kantone ein halbes Jahr lang getestet haben. «Es erfasst einheitlich alle Fälle von Gewalt rund um Eishockey- und Fussballspiele. Und ermöglicht so erstmals genaue Statistiken», sagt Markus Jungo, Chef der Polizeilichen Koordinationsplattform Sport (PKPS) in Freiburg. Dort laufen alle Daten zusammen. «Nach sechs Monaten sind die Zahlen noch klein. Aber sie lassen bereits interessante Schlüsse zu.»
Hockey-Verband greift gegen Pyro-Werfer durch
Auffällig sind die Unterschiede nach Sportart. Im Eishockey kam es bei 10 Prozent aller Partien zu gewalttätigen Ereignissen. Beim Fussball waren 35 Prozent der Spiele betroffen – mehr als die Hälfte davon mit besonderer Schwere. «Die Zuschauerzahlen sind je nach Sportart sehr unterschiedlich», sagt Lulzana Musliu vom Bundesamt für Polizei. «Der Hooliganismus ist historisch im Fussball verankert. Auch deshalb gibt es dort deutlich mehr gewalttätige Ereignisse als im Eishockey.»
Die neue Methode erfasst auch, wo sich diese abspielen. Hockey-Chaoten üben vor allem in den Hallen selbst Gewalt aus. «Vor allem bei Pyros ist das ein Problem», sagt Andreas Leuzinger, Chef Sicherheit von Swiss Ice Hockey. Viele Fans seien sich der Risiken einer 1500 Grad heissen Fackel nicht bewusst. «Sie zünden diese unter riesigen Choreo-Flaggen, was für jeden Zuschauer darunter lebensgefährlich ist.»
Beim Spiel zwischen Ambri und Lausanne zeigte das neue System besonders schwere Gewalt an. Maskierte Fans hatten Pyros gezündet und in die Menge geworfen. Als Konsequenz büsste der Verband beide Vereine. «Und wir haben angeordnet, dass alle Lausanner Fans bei Auswärtsspielen die ID zeigen müssen, damit Gewalttäter nicht mehr ins Stadion kommen», sagt Leuzinger. Das habe sich gelohnt. «Seither gab es deutlich weniger Probleme mit Fans bei Lausanner Auswärtsspielen.»
Pyros an 44 Prozent aller Fussballspiele
Das Beispiel zeigt auf, wie das neue Ampelsystem im Idealfall funktioniert. «Nach einem ‹roten› Spiel sitzen vielfach Verantwortliche von Clubs, SBB und Verband mit uns an einen Tisch», sagt Jungo von der PKPS. «Wir schauen dann anhand der Daten, was schieflief. Und welche Reaktion nötig ist.»
Oft geht es in diesen Sitzungen um das Abbrennen von Pyros. Kein Delikt wird öfter beobachtet, im Fussball zum Beispiel während 44 Prozent aller Partien. Gleich hoch liegt dort die Quote der Sachbeschädigungen. Bei jedem sechsten Match gab es verletzte Zuschauer. Auch Beamte werden regelmässig bedroht und angegriffen. In vier Prozent sind laut Statistik Menschenleben in Gefahr gebracht worden, oft durch Böllerwürfe.
«Für eine detaillierte Analyse der neuen Erhebung ist es noch zu früh», sagt Philippe Guggisberg, Sprecher der Swiss Football League. «Wir sehen aber, wo die Probleme liegen.» Etwa, dass es anders als im Eishockey eher ausserhalb des Stadions zu Gewalt kommt. «Die Clubs haben enorm viel getan, beispielsweise was die Überwachung mit modernen Kameras und die Verfolgung von Einzeltätern betrifft.» Das sei mit ein Grund, weshalb sich die Hooligans nun fernab der Spiele austoben. «Was für die Vereine kaum zu verhindern ist», sagt Guggisberg. «Irgendwo hört ihre Einflussmöglichkeit auf.»
Betroffen sind dabei oft Zugfahrten, wie auch die PKPS bestätigt. «In sehr vielen Rapporten finden sich entsprechende Zwischenfälle», sagt Jungo. Es sei zum Beispiel schon wiederholt vorgekommen, dass Fans bei der Durchfahrt von Bahnhöfen brennende Pyros in Unterführungen warfen. «Das klingt vielleicht harmlos. Aber wir warten da nur auf die ersten Schwerverletzten.»
Laut SBB verlaufen viele Fahrten der Extrazüge ruhig und ohne Ereignisse. «Vereinzelt müssen wir jedoch Pyros, Wurfgegenstände oder auch Sachbeschädigungen verzeichnen», sagt Sprecher Daniele Pallecchi. Die Transportpolizei sei nur noch in Ausnahmefällen mit dabei. «Die Begleitung der Züge erfolgt in der Regel durch eigenes Personal der entsprechenden Fans und nicht durch SBB-Sicherheitspersonal.»
Die SBB bewerten neben Polizei und Club neu jedes Spiel. Nicht mit dabei sind hingegen die Fans selbst. Ursprünglich schlugen die Macher des Rapport-Systems vor, dass auch Fanarbeit Schweiz die Matchs beobachtet und einstuft. Doch die nationale Fachstelle lehnte ab. «Wir begrüssen ein ganzheitliches Reporting, das Sichtweisen verschiedener Player rund um ein Fussballspiel abbildet», sagt Geschäftsleiter Christian Wandeler. «Die Fanarbeitenden sehen sich in ihren Rollen aber nicht als Informationsgeber.» Die Einteilung der Partien in das Ampelsystem sei kritisch. «Diese Vereinfachung von komplexen Situationen ist aus Sicht von Fanarbeit Schweiz nicht aussagekräftig und kann zu undifferenzierten Einschätzungen führen.»
Daten sollen helfen, umGewalt vorauszusagenDas Bundesamt für Polizei und die PKPS sind anderer Meinung. «Nach Abschluss der Testphase wurde entschieden, dieses System definitiv einzuführen», sagt Jungo. Im Fussball sind die Spielbewertungen bereits Tatsache seit der neuen Saison, auch im Eishockey werden sie ab Herbst fix eingeführt. Immer im Juni will man die Resultate publizieren, das Jahresbudget für das Reporting beträgt eine halbe Million Franken. «Das ist sicher wenig im Vergleich dazu, wie viel Schaden wir verhindern können», sagt Jungo.
Ziel sei es, Muster in den Daten zu erkennen. Und daraus Schlüsse zu ziehen für Spiele in der Zukunft: «Dass wir schon wissen, wann die Hooligans wo zu welcher Art von Gewalt greifen werden, um mit einem entsprechenden Aufgebot rechtzeitig vor Ort zu sein.»
Wie sich die Gewalt verteiltAnteil der Fussballspiele mit bestimmtem Delikt. Lesebeispiel: «In 18% der Fussballpartien gab es verletzte Dritte.»
So funktioniert das neue Ampelsystem
Bisher hat nur die Polizei Fan-Gewalt rapportiert – uneinheitlich und ohne Gewichtung der Delikte. Neu wird jedes Spiel von drei Seiten bewertet: einem Polizisten, einem Vertreter des Heimteams und von den SBB. Sie beobachten auch Hin- und Rückreise sowie das Geschehen um das Stadion. Und kreuzen in einem standardisierten Fragebogen an, wer wann welche Verstösse begeht. Die Liste reicht von Körperverletzung und Gewalt gegen Beamte über den Einsatz von Pyros bis zur Gefährdung des Lebens. Sind alle drei Rapporte da, berechnet ein Programm daraus eine Ampelfarbe. Bei Grün gab es gemäss Definition «keine oder wenig gravierende Ereignisse». Unter Rot laufen hingegen Spiele mit «gewalttätigen Ereignissen mit besonderer Schwere». Jedes Delikt ist dabei gewichtet: Sollte es zu einem tödlichen Angriff kommen, stellt die Ampel sofort auf Rot. Aber auch viele kleinere Delikte können in der Summe ein Spiel mit schwerer Gewalt bedeuten. Andererseits können vereinzelt Pyros brennen, die Begegnung bleibt aber auf Grün. Untersucht werden alle Spiele der obersten beiden Ligen im Fussball und im Eishockey, zudem die Cup-Partien ab dem 32.-Final sowie Matchs der Nationalmannschaften. In der Pilotphase waren dies vom 1. Januar bis zum 30. Juni 479 Matchs. Alle Parteien haben einige Tage Zeit, gegen den finalen Rapport Einsprache zu erheben. In der Testphase kam dies nie vor.
GC und FCZ an der Spitze der ChaotenMeist Spiele in Zürich betroffen – viel Gewalt abseits der Stadien.
Es ist ein unrühmlicher Spitzenplatz: GC verzeichnet laut Reporting der Polizeilichen Koordinationsplattform Sport die meisten Problemspiele im Fussball. Der Club war in sechs Monaten an elf Partien mit besonders schwerer Gewalt beteiligt. Dahinter folgten der FCZ mit acht und der FC Basel mit sieben Begegnungen. Im Eishockey führte Rapperswil-Jona (5) die Tabelle der Krawalle an, dahinter folgten die ZSC Lions (4) und der EHC Kloten (3).
In Wahrheit randalieren die Anhänger noch öfter. Das neue System erfasst nur Ereignisse, die direkt im Rahmen eines Spiels stattfinden. Also bei Hin- oder Rückreise, rund um das Stadion oder am Match selbst. Oft gibt es aber auch losgelöst von einer Partie Ausschreitungen, zuletzt auffallend oft in Zürich.
Ende 2017 stürmen Vermummte FCZ-Ultras einen Sportplatz, schlagen dort trainierende GC-Fans zusammen. Im Februar kommt es beim Prime Tower zu einer Auseinandersetzung, bei der auf Personen eingetreten wird, die wehrlos am Boden liegen. Im Mai beteiligen sich Fans beider Clubs an einer brutalen Schlägerei in Basel. Im August bewerfen Vermummte in FCZ-Kleidung mit Flaschen und Steinen Polizisten, die nach einer Messerstecherei am See eingreifen wollen.
Mobile Kameras und besserer Schutz für AnzeigeerstatterDie Fussballclubs GC und FCZ kennen die Ergebnisse des angesprochenen Reportings aus der vergangenen Saison nicht, weshalb sie sich dazu nicht äussern. Beide Vereine verweisen aber auf ihr aktuelles Engagement im Rahmen der Gewaltproblematik im Umfeld des Fussballs, bei dem sie sich zusammen mit der Stadt Zürich in der Projektgruppe Doppelpass engagieren. Die Gruppe erarbeitet Massnahmen im Bereich der Prävention und Repression.
Zürcher Justizbehörden gehen beim harten Kern von rund 200 gewaltbereiten Ultras aus. Vor einem Monat stellten Clubs, Stadtrat und Polizei erste Massnahmen vor. Sie wollen künftig mobile Kameras einsetzen, um delinquente Fans zu identifizieren. Oder Personen, die Hooligans anzeigen, besser schützen, damit diese nicht aus Angst schweigen.
Was die Fans von den Verschärfungen halten? Die Gruppierungen «Südkurve» des FCZ und «Sektor IV» von GC reagierten nicht auf eine Anfrage.
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