spitzkicker hat geschrieben:Aus der NZZ:
Thomas Bickel sagt über Ludovic Magnin: «Er macht es hervorragend»
Thomas Bickel, Sportchef im FC Zürich, wird immer selbstsicherer. Vor der neuen Saison sagt er, er lasse sich bei wichtigen Entscheidungen nicht aufhalten.
Thomas Bickel, hatten Sie schöne Ferien nach dem Sieg des FC Zürich im Cup-Final Ende Mai?
Nein, seit ich den Job als Sportchef im Sommer 2016 übernommen habe, habe ich keine Ferien mehr verbracht. Ausser jeweils ein paar Tage in der Winterpause zwischen Weihnachten und Neujahr.
Sie brauchen also gar keine Ferien?
Doch, manchmal denke ich schon, etwas Ruhe wäre nicht schlecht. Ich dachte, die Intensität würde vielleicht mit der Zeit etwas abnehmen. Aber so ist es nicht. Doch ich beklage mich nicht. Ich auferlege mir die Arbeit ja selber. Ich bin nach wie vor dankbar für diesen Job.
Sie können einfach schlecht loslassen. Ist es das?
Es ist eine Frage des Zeitmanagements. Für mich stimmt es so. Aber meine Frau, die in Spanien lebt, findet, ich könnte schon wieder einmal vorbeikommen.
Was hatten Sie denn unmittelbar nach dem Cup-Final zu tun?
Am Sonntag war der Final, und am Montagmorgen um acht Uhr ging es los. Ich musste planen. So ein Cup-Sieg hat ja Auswirkungen.
Welche?
Wir sind in den Gruppenspielen der Europa League. Alles wird einfacher.
Sie können sich jetzt teurere Spieler leisten? Ist das der Effekt?
Das wollte ich damit nicht sagen. Klar gibt es Einnahmen, das ist bezüglich des Vereinsbudgets beruhigend. Der Cup-Sieg hat uns nach dem Trainerwechsel Ruhe gegeben. Es gab vorher ein paar kritische Stimmen. Nach dem Wechsel von Uli Forte zu Ludovic Magnin hatten wir tatsächlich eine Phase, die nicht einfach war. Das hat nicht nur die Spieler Kraft gekostet, sondern auch die Vereinsführung. Es war legitim, dass wir uns damals harte Fragen gefallen lassen mussten. Und es ist erleichternd, dass diese Fragen nun erst einmal weg sind.
Haben Sie sich mit dem Trainerwechsel auch selber einem Risiko ausgesetzt?
Am Schluss wird man auch als Sportchef am Erfolg gemessen. Der Titel war wichtig, er hilft uns, und er hilft mir. Er macht das Arbeiten angenehmer. Ich handle aus Überzeugung, wohlüberlegt und intuitiv. Auf dieses Gefühl vertraue ich. Was die Folgen sein könnten für mich persönlich, überlege ich nicht. Das wäre gefährlich. Sonst stellt man aus Eigeninteressen einen Entscheid infrage.
Es ist hypothetisch: Aber was wäre passiert im FCZ ohne den Cup-Sieg?
Es wäre gleich weitergegangen. Denn die Entwicklung der Mannschaft ist erfreulich. Wir haben in kurzer Zeit bewiesen, dass wir junge Spieler einbauen können. Kürzlich habe ich die Mannschaft in der Kabine begrüsst. Dreizehn Spieler waren weniger als 20 Jahre alt.
War die Trainerentlassung auch in dieser Hinsicht unumgänglich?
Meine Einschätzung war so: Der Trainerwechsel erhöht kurzfristig unsere Chancen, den Cup-Final zu erreichen. Und er wird uns langfristig helfen, unseren Spielstil zu etablieren. Vielleicht ist das eine meiner Stärken: das Gefühl für den richtigen Moment zu haben. Wenn ich von einer wichtigen Entscheidung überzeugt bin, lasse ich mich nicht aufhalten.
Also waren Sie die treibende Kraft hinter dem Wechsel?
Darauf möchte ich nicht im Detail eingehen. Es war ein Vereinsentscheid.
Haben Sie Uli Forte seither nochmals gesprochen?
Nein, aber von meiner Seite ist nichts hängengeblieben. Uli sagt ja selber auch, so sei halt das Business. Es kann genauso gut einmal mich treffen.
Was haben Sie eigentlich für ein Verhältnis zum Trainer Ludovic Magnin?
Ein gutes. Wieso?
Man hat den Eindruck, Magnin sei der Trainer des Präsidenten. Ancillo Canepa und er haben eine vertrauliche Beziehung. Über Ihr Verhältnis zu Magnin ist hingegen kaum etwas bekannt.
Mir ist das recht. Ist es wichtig, was für eine Beziehung ich zum Trainer habe?
Wir glauben schon, dass das nicht unwesentlich für die Zusammenarbeit ist.
Ja, aber es ist nicht nötig, dass unser Verhältnis öffentlich diskutiert wird. Wie haben Sie es genannt: der Trainer des Präsidenten? Damit kann ich leben.
Wir fragen auch darum, weil wir den Eindruck hatten, das Verhältnis zwischen Ihnen und Uli Forte sei distanziert gewesen. Ist das mit Magnin anders?
Ja, die Voraussetzungen sind anders. Ich kenne Magnin schon länger und besser. Aber entscheidend ist auch nicht, wie nahe sich Sportchef und Trainer stehen. Ich versuche ein gutes Umfeld zu schaffen, ich befehle nicht, in dieser Hinsicht bin ich modern.
Leistet Magnin gute Arbeit?
Er macht es hervorragend. Er erfindet sich jeden Tag neu, er muss jeden Tag lernen. Da ist noch viel Arbeit.
Haben Sie sich in den letzten zwei Jahren auch verändert?
Das Wissen aus den letzten zwei Jahren macht mich viel lockerer. Ich bin viel sicherer geworden. Ehrlich gesagt: Es ist alles so herausgekommen, wie ich mir das im Kopf vorgestellt und erhofft hatte.
Wenn Sie im Sommer 2016 hätten aufzeichnen müssen, wie die Zukunft aussehen soll, dann hätten Sie mehr oder weniger den heutigen Zustand skizziert?
Nicht mehr oder weniger. Genau so. Sportlich waren wir erfolgreich mit dem Aufstieg, dem vierten Platz und dem Cup-Sieg. Wir fällten gute Entscheide. Wir hatten keine grosse Fluktuation, und es gab auch keinen Fehleinkauf. Auch in dieser Hinsicht stimmt die Bilanz. Das spornt mich an.
Schon im November 2016 sagten Sie, der FCZ gehöre an die Spitze der Super League. Damals stand noch nicht einmal der Aufstieg fest.
Das sind die Ansprüche, die ich habe. Und nicht nur ich. Mit dem Ehepaar Canepa an der Spitze des Vereins kann man nicht sagen, man werde sich im Mittelfeld klassieren. Wenn wir erfolgreich sein wollen, muss jetzt der nächste Schritt erfolgen.
Was ist der nächste Schritt?
Da muss man nur zwei und zwei zusammenzählen.
Zuletzt war der FCZ Vierter. Also muss er jetzt Dritter oder besser werden?
Unser Ziel ist eine Platzierung in den Top 3, ja.
Als Sie die Mannschaft für den Aufstieg zusammengestellt haben, war die Idee dahinter klar: eher erfahrene Spieler, ein Schweizer Block mit Bezug zu Zürich. Was ist heute die Idee?
Ein Zürich-Bezug wird immer schwieriger. Wir haben es versucht, aber es geht nicht. Das tut mir leid. Aber wenn ein früherer Spieler in England spielt, ist es unrealistisch, ihn zurückzuholen. Basel kann das vielleicht, wir noch nicht.
Sie haben also zum Beispiel an den früheren FCZ-Spieler Almen Abdi gedacht, der in Sheffield spielt?
Das war ein Thema bei uns. Aber es muss auch der Zeitpunkt stimmen. Wir können ja auch nicht einen bald 32-jährigen Spieler mit einem Dreijahresvertrag zurückholen.
Das heisst, Sie schliessen solche Rückholaktionen aus?
Vorläufig schon. Wir haben unsere Transfers mehr oder weniger abgeschlossen.
Rechnen Sie noch mit Abgängen?
Das lasse ich offen, ich kann mir gut vorstellen, dass es noch Gespräche geben wird. Es gibt keinen Spieler bei uns, der unverkäuflich ist.
Hat es noch zu viele Spieler in der Mannschaft, die für die Challenge League geholt wurden?
Zu viele? Das haben Sie gesagt. Im Moment besitzen wir ein breites Kader. Für drei, vier Spieler suchen wir noch Lösungen. Da muss ich vielleicht auch unpopuläre Entscheidungen treffen.
Wie nahe ist der FCZ an Ihrer Idealvorstellung?
Wir sind noch weit weg. Ich denke an die Fussballkultur in der Stadt, das Stadion, die Politik. Der Fussball kommt in der Stadt immer noch eindeutig zu kurz.
Einmal mehr, was für eine Persönlichkeit dieser Thomas Bickel! (gäll Don ;-)) Macht seit 2 Jahren keine Ferien und zerreist sich dafür, den FCZ wieder zu dem zu machen, was er sein sollte. Grandioses Interview, ich verneige mich einmal mehr! Merci!