Beitragvon Sammy » 16.07.18 @ 10:40
Also Leute, jetzt muss ich mich gewissermassen aus dem Forumsruhestand wieder einmal an einer Diskussion beteiligen, da ich es kaum verstehen kann, wie hier gegen das neue Stadion geschossen wird.
Ich besuche seit über vierzig Jahren Spiele des FCZ im Letzigrund. Ich kenne also auch noch Vorgängerversionen des aktuellen Stadions. War alles noch ziemlich offen, ausser der Zugang zu den Sitzplätzen natürlich und es war nicht unüblich, in der Pause als Fan die Seiten zu wechseln. Die geographische und emotionale Bedeutung der Südkurve ist also gewissermassen ein eher jüngeres Phänomen in der Clubgeschichte. Der entscheidende Punkt hier aber ist: Ich gehe in den Letzigrund, um den FCZ zu sehen. Ich gehe nicht in den Letzigrund, um den Letzigrund zu sehen. Wer den so liebt, darf ihn übrigens auch nach einem Umzug in eines neues Fussballstadion jederzeit besuchen.
Ich halte es aber durchaus für plausibel, dass der FCZ finanziell besser fährt mit einem Fussballstadion, das von einer gemeinsamen Betriebsgesellschaft betrieben wird. Ob es dann 15'000 im Schnitt sind oder 13'000 spielt wohl nicht so eine Rolle, besser als im Letzi wird es allemal sein. Der hier auch geäusserte Vorwurf, die Canepas wollen einfach abkassieren, ist angesichts der Aufwendungen, die sie privat für den FCZ leisten, ziemlich gewagt, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Aber irgendwo hat es auch für die beiden eine Schmerzgrenze (oder dann später halt eine Altersgrenze) und wem der FCZ am Herzen liegt, der müsste eigentlich jede Entwicklung unterstützen, welche den FCZ hin zu einem Verein führt, der unabhängiger von privaten Mäzenen funktionieren kann. Wer auf der einen Seite sportliche Erfolge wünscht, sollte dem Club auf der anderen Seite nicht bessere finanzielle Möglichkeiten verbauen. Eine Saison Nati B war ja als nostalgische Reise und den sportlichen Erfolgen da noch ganz unterhaltsam, aber auf die Dauer würde ich den FCZ schon lieber ganz oben sehen.
Ich halte das Projekt Ensemble für sehr überzeugend. Das Stadion wird privat finanziert. Jede Fangruppe erhält dabei ihre Kurve. Es entstehen mehr gemeinnützige Wohnungen als beim städtischen Projekt. Die beiden Türme bieten noch einmal rund 600 Wohnungen und die CS verkauft der Stadt weitere 125 Wohnungen, die sie künftig gemeinnützig betreiben kann. Mir persönlich gefallen auch die beiden Türme und ich finde, sie geben ein tolles Eingangstor für Zürich ab.
Geographisch wäre das neue Stadion für mich weniger geeignet als der jetzige Standort. Aber man darf bei der ganzen Geschichte nicht vergessen, dass die CS das Land der Stadt unter der Bedingung verkauft hat, dass dort ein Stadion entsteht. Dazu hat die Stadt bis 2035 Zeit. Falls sie bis dann nicht baut, darf die CS das Land zurückkaufen. Die CS darf das Land schon früher zurück erwerben, wenn die Stadt vor 2035 den Verzicht auf den Bau bekannt gäbe, was bei einem Nein an der Urne durchaus realistisch ist. In diesem Fall wird dort weder ein Stadion noch gemeinnütziger Wohnungsbau und schon gar keine Brache realisiert, dann gibt's Kommerz zu 100%. Die längere Anreise und der etwas vorbelastete Standort sind halt der Preis, den ich als Fan zu bezahlen habe, um den FCZ in einem richtigen Fussballstadion spielen zu sehen und meinem Verein eine zukunftsträchtigere Basis zu ermöglichen. Mir ist es das wert!
Und ich wette mit jedem Gegner um ein Bier, wenn man ihn drei Jahre nach einem Umzug ins neue Stadion fragen wird, ob er nun zurück ins Letzi möchte, die Antwort "Nein" lauten wird.