WM 2018

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Demokrit
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Re: WM 2018

Beitragvon Demokrit » 05.07.18 @ 16:28

Der Mehmet hatte eben doch recht!
"Die Tedescos, die Wolfs, sie sprießen aus dem Boden, und der deutsche Fußball wird sein blaues Wunder erleben."

http://www.spiegel.de/sport/fussball/mehmet-scholl-kritik-an-trainerausbildung-des-deutschen-fussball-bunds-a-1182515.html
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pepino_
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Re: WM 2018

Beitragvon pepino_ » 05.07.18 @ 18:32

Demokrit hat geschrieben:Der Mehmet hatte eben doch recht!
"Die Tedescos, die Wolfs, sie sprießen aus dem Boden, und der deutsche Fußball wird sein blaues Wunder erleben."
http://www.spiegel.de/sport/fussball/mehmet-scholl-kritik-an-trainerausbildung-des-deutschen-fussball-bunds-a-1182515.html


Einmal davon abgesehen, dass Scholl als Trainer bisher überhaupt nichts gerissen hat und ausserhalb der geschützten Werkstatt im Bayern-Nachwuchs (trotz UEFA Pro Lizenz!) nie eine Mannschaft trainiert hat: Was hat der Artikel überhaupt mit der WM 2018 zu tun? Ist Löw ein junger Laptop-Trainer? Sind Özil, Reus, Werner, Brandt oder Draxler Spieler, die sich schon seit der D-Jugend nicht mehr getrauen ins Dribbling zu gehen? Vom Polemiker Scholl kann man halten was man will, aber mit dem Ausscheiden der "Mannschaft" bei der WM hat die Trainerausbildung überhaupt nichts zu tun.

Wenn Scholl sich über Trainer wie Wolf oder Tedesco auslässt, dann kann ich das in etwa so ernst nehmen, wie wenn Gygax das Coaching von Favre kritisieren würde. Vielleicht ist er aber auch einfach nur gefrustet, dass laufend andere, jüngere Trainer (ohne den Bonus einer grossen Spielerkarriere) den Sprung vom Nachwuchsbereich in die Bundesliga schaffen und er seit 2013 auf ein Angebot wartet.
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Demokrit
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Re: WM 2018

Beitragvon Demokrit » 06.07.18 @ 8:07

Was hat der Artikel überhaupt mit der WM 2018 zu tun?

In meinen Augen sehr viel.
Er moniert vor allem, dass der Geist und das Spielgefühl der Spieler gar nicht mehr gefördert und miteinbezogen wird in die Ausbildung. Zudem kritisiert er die Einseitigkeit mit welcher Spielertypen kreiert werden, nur noch nach Daten und nicht mehr nach Inspiration und Vista.
Wenn man jetzt die diversen schwachen Leistung der Favoriten anschaut und vergleicht mit den "Aussenseitern" welche mit einfachsten Mitteln weiter gekommen sind, dann stimmen seine Aussagen.

Einmal davon abgesehen, dass Scholl als Trainer bisher überhaupt nichts gerissen hat und ausserhalb der geschützten Werkstatt im Bayern-Nachwuchs (trotz UEFA Pro Lizenz!) nie eine Mannschaft trainiert hat


Ist das ein Kriterium zur freien Meinungsäusserung? In Deutschland anscheinend schon!
Er verfügt über genügend Erfahrung um die Situation richtig einschätzen zu können und deine Reduktion auf seine Trainerkarriere und den Bayern Vergleich, bestätigen seine Aussagen noch mehr.
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sub
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Re: WM 2018

Beitragvon sub » 06.07.18 @ 8:31

Die Frage ist halt wer die "Favoriten" definiert. Wenn man DE vor der WM als Favoriten sah, schön. Ich für meinen Teil habe bei den Europäern ganz klar Frankreich und Belgien aufgrund ihrer hervorragenden Nachwuchsarbeit als Favoriten gesehen und Kroatien auf Grund des Kaders als Geheimfavoriten. Wer an Argentinien glaubte muss die letzten Jahre verschlafen haben. Portugal ist und bleibt eine Oneman-Show. Einzig von Spanien bin ich etwas entäuscht. Dachte sie würden es noch einmal bis ins Halbfinale machen. England hatte ich noch nicht so stark erwartet, dachte, dass das erst an der EM was wird. Aufgrund der Nachwuchsresultate aber durchaus erwartbar.
Bei Belgien und Frankreich wird im Nachwuchs eben gerade anders gearbeitet als in DE. Die Schweiz kooperiert bis zu einem gewisse Grad mit diesen beiden, was sich in den nächsten Jahren auch noch positiv zeigen wird. Deutschland hat gerade bei den ganz kleinen grossen Nachholbedarf und lebt stark davon einfach sehr viele Kicker im Land zu haben.
Für mich sind Laptop-Trainer übrigens nicht zwangsläufig solche welche nur auf die physischen/messbaren Leistungsdaten schauen. Vieleher solche welche einfach akkribisch Laufwege, Systeme, taktische Varianten durchspielen. Du kannst aber auch defensive Disziplin und Systemtreue verlangen und offensiv kreatives Chaos spielen lassen.
Bei Scholl habe ich schon das Gefühl, dass er sich vorallem aus Frust, dass er selbst noch kein echter Trainer ist, derart über die Laptoptrainer auslässt. Scholl möchte das Fussballbiotop ausschliesslich den ehemaligen Profis zugestehen und lässt keine Kritik an diesem Geschlossene Zirkel zu. Deshalb läuft er z.B. bei Dopingdiskussionen auch davon...
Dä chunnt no!

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Re: WM 2018

Beitragvon Demokrit » 06.07.18 @ 8:48

Scholl möchte das Fussballbiotop ausschliesslich den ehemaligen Profis zugestehen und lässt keine Kritik an diesem Geschlossene Zirkel zu.

Hmmm, gut das könnte ein Faktor sein.
Die Kritik an anderen hat noch keinem die eigene Leistung erspart. Noël Coward, britischer Dramatiker (1899 - 1973)

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LuisCypher
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Re: WM 2018

Beitragvon LuisCypher » 06.07.18 @ 8:49

pepino_ hat geschrieben:
Demokrit hat geschrieben:Der Mehmet hatte eben doch recht!
"Die Tedescos, die Wolfs, sie sprießen aus dem Boden, und der deutsche Fußball wird sein blaues Wunder erleben."
http://www.spiegel.de/sport/fussball/mehmet-scholl-kritik-an-trainerausbildung-des-deutschen-fussball-bunds-a-1182515.html


Einmal davon abgesehen, dass Scholl als Trainer bisher überhaupt nichts gerissen hat und ausserhalb der geschützten Werkstatt im Bayern-Nachwuchs (trotz UEFA Pro Lizenz!) nie eine Mannschaft trainiert hat: Was hat der Artikel überhaupt mit der WM 2018 zu tun? Ist Löw ein junger Laptop-Trainer? Sind Özil, Reus, Werner, Brandt oder Draxler Spieler, die sich schon seit der D-Jugend nicht mehr getrauen ins Dribbling zu gehen? Vom Polemiker Scholl kann man halten was man will, aber mit dem Ausscheiden der "Mannschaft" bei der WM hat die Trainerausbildung überhaupt nichts zu tun.

Wenn Scholl sich über Trainer wie Wolf oder Tedesco auslässt, dann kann ich das in etwa so ernst nehmen, wie wenn Gygax das Coaching von Favre kritisieren würde. Vielleicht ist er aber auch einfach nur gefrustet, dass laufend andere, jüngere Trainer (ohne den Bonus einer grossen Spielerkarriere) den Sprung vom Nachwuchsbereich in die Bundesliga schaffen und er seit 2013 auf ein Angebot wartet.


Das zu interpretieren hängt aus meiner Sicht ein Stück weit von der jeweiligen Filtrationsblase ab. In dem Fall die Frage Theorie und Praxis. Wie jeder, der für Geld seinen Arsch hinhält stoche auch ich im Berufsleben immer wieder an genau dieses Thema, wieviel "Praktiker" und wieviel "Theoretiker" brauchts. Auf den Praktiker Scholl zu schiessen um seine Aussage zu diffamieren ist ein Ansatz (nicht persönlich gemeint!), auf den Theoretiker Scholl wäre vielleicht ein anderer Ansatz, im schlimmsten Fall auf den Mensch Scholl (hat da ja auch keine weisse Weste).

Zum Inhalt:
Aus meiner persönlichen Erfahrung muss ich Scholl in soweit recht geben, als das eine Mannschaft, die den Titel verteidigen will, nicht rein auf Ebene "Theorie" diesen holen kann. Dazu braucht es zusätzlich andere Reizpunkte. Plus das so ein Gefüge natürlich ein Stück weit fragiler ist als eine "erfolgshungrige/noch ohne Titel" spielende Mannschaft. Da kann man nach oben schauen und sich aufreiben, während die wo oen sind eher von "Verlustangst" geprägt sind. Das erklärt eventuell ein Stück weit das Auftreten der Deutschen Mannschaft. Man hat zu sehr auf Statistiken gespielt und gedacht, nur über die Anzahl an Torchancen (die meisten glaubs aller Teams gemäss Statistik wie in einigen Statistiken zu lesen war) gewinnt man und kann so den Titel verteidigen. Da in den latzten WM`s jedoch schon zu sehen war, wie gefährlich diese Gradwanderung ist anhand dem Ausscheiden der anderen Titelträger jeweils in der Vorrunde, muss und stellt man Löw zurecht in Frage.
Der Rest ist eben eine Generationsfrage, Energie vs Erfahrung...aus meiner Sicht muss beides kombiniert und offen die jeweilige Rolle kommuniziert werden. Aber Filtrationsblasen wird man onehin immer generieren, auch bei Scholls Artikel;-)
Die dicksten Eier hat der nicht darauf herumreitet denn am end ist das End zu End

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Re: WM 2018

Beitragvon pepino_ » 06.07.18 @ 14:53

Die Deutschen haben zahlreiche Probleme, die hier teilweise auch schon angesprochen wurden. So z.B. div. Nebengeräusche im Vorfeld des Turniers ("Erdogate", Nichtnomination von Sané, Festhalten an Neuer als Nr. 1, Konflikte zwischen DFB und Klubs), überspielte, erfolgsverwöhnte und satte Spieler, eine zu einfache Quali-Gruppe, schwache WM-Vorbereitung, einen Trainerstaff, der auf all das keine Lösungen fand, nicht zuletzt aber auch Pech in spielentscheidenden Szenen.

Mein Punkt ist: Die von Scholl geschilderte Entwicklung ist nicht für das Ausscheiden der Deutschen verantwortlich. Löw hat seine Trainerlaufbahn vor über 20 Jahren angefangen hat, lange bevor es den von Scholl kritisierten Fussballlehrer-Lehrgang überhaupt gab. Er bedient sich heute zwar der neuesten technischen Hilfsmittel und hat auch entsprechende Leute im Staff, seine Prägung als Fussballer und Trainer hat er aber während einer ganz anderen Zeit erfahren als die sog. "Laptop-Trainer". Fakt ist auch, dass sich im WM Kader 2018 zahlreiche Spieler finden, welche die personifizierte Antithese der von Scholl beschriebenen "Systemfussballroboter" darstellen, denen Individualität/Kreativität/Spielfreude/Flair etc. von klein auf ausgetrieben wurde. Den Artikel kann man vielleicht wieder hervorkramen, wenn sich so etwas an der WM 2022 oder später wiederholt. Vielleicht passen seine bösen Vorahnungen dann zu Trainer und Kader - bei der WM 2018 tun sie das nicht.

Für die Deutschen mag das Ausscheiden in der Vorrunde vielleicht "ein blaues Wunder" sein, das hat aber v.a. mit dem deutschtypischen Selbstvertrauen zu tun, das ab und zu in Selbstüberschätzung umschlägt. Die Vorzeichen waren durchaus da - im Nachhinein lässt sich das immer einfach sagen - mit einem Vorrunden-Aus hätte ich aber auch nicht gerechnet.

Zum "Favoritensterben": Die WM ist ein Cup-Wettbewerb, 1-2 schlechte Spiele in der Vorrunde reichen, später auch eine schwache Halbzeit. Man sieht das auch immer wieder auf Klubebene, Liga und Cup sind zwei verschiedene Welten. In solchen Cup-Wettbewerben spielt der Druck eine viel grössere Rolle, die "Kleinen" können nur gewinnen, die "Grossen" haben viel zu verlieren, man hat das auch immer wieder in der Spielanlage an der WM 2018 gesehen. Dazu kommt, dass es im Weltfussball frei nach Völler und Vogts keine "Kleinen" mehr gibt - zumindest in Europa und Südamerika. Die Leistungsdichte ist extrem hoch, die meisten Spieler verdienen ihr Geld ebenfalls in Topligen. Allfällige Defizite werden mit Moral, Laufbereitschaft, Leidenschaft usw. wettgemacht. Jeder der selber Spieler/Trainer ist/war, kennt das: Man kann auf jeder Position besser besetzt sein, einen Lauf haben, den Gegner während der ganzen Spielzeit an die Wand spielen und dann trotzdem gegen Abstiegskandidaten oder Unterklassige verlieren. Für mich gleichzeitig das Schlimmste und Schönste an diesem Sport.

Mit destruktivem Fussball kann man an einer WM respektable Resultate erzielen (Australien, Island, Iran), allenfalls sogar weiterkommen (Dänemark, Russland, Schweden, Schweiz), in einer Liga würde man damit keinen Blumentopf gewinnen. Ich behaupte: Gäbe es Hin- und Rückspiele, dann hätten sich Spanien und Deutschland ebenfalls durchgesetzt. Im Viertelfinal wäre aber Schluss gewesen, beide Teams waren wegen div. Nebenschauplätzen nicht bei der Sache und haben ihren Zenit überschritten.
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