NZZ v. 13.4.2004.....
Als die St. Galler mit der Cup-Trophäe auf Gratulationstour gingen, standen nur noch wenige Zürcher Spalier. Der «Hätschelverein» vom Hardturm erlebt bittere Stunden und muss sich Häme der ganzen Fussballschweiz gefallen lassen. Schliesslich war zum Saisonstart im letzten Sommer ein Titelgewinn als klare Vorgabe erklärt worden. Inzwischen mussten die Verantwortlichen auf der Achterbahn des (Miss-)Erfolgs der Realität immer tiefer in die Augen schauen - und am Nachmittag des 12. April 2004 feststellen, dass ihr reich dotiertes Team in der nächsten Saison fernab des internationalen Spielbetriebs auftreten wird. Aus heiterem Himmel kam dieses Verdikt, diese härteste aller Strafen für einen Klub mit den hohen Ansprüchen wie GC, jedoch keineswegs. Schuld am Schlamassel tragen einige - auch solche, die heute gar nicht mehr in den Verein involviert sind.
Schon seit geraumer Zeit läuft vieles schief. Auf der Basis des nicht planbaren Erfolgs (sprich Champions-League-Teilnahme) wurde der administrative und technische Apparat auf eine Art aufgebläht, die oft mehr an Grössenwahn denn an Vernunft gemahnte. Investitionen von rund 100 Millionen Franken versandeten ohne wesentliche Schritte nach vorn. Teure Spieler kamen und gingen, andere blieben. Konzepte mit neuen Trainern wurden jeweils wieder über den Haufen geworfen. Irrationale Saläre fern jeder Ertragssituation, zuletzt die belastende Rückverpflichtung von Cabanas, eine überbetreute Spielergruppe, deren Outfit oft wichtiger schien als der Auftritt auf dem Rasen - es geschah viel Seltsames im GC. Kritik auch an dieser Stelle, besonders was die ungenügende Defensive betraf, wurde jeweils mit einer Arroganz sondergleichen vom Tisch gewischt, von präsidialer Seite wie aus Kreisen des früheren Sportchefs Walther, der zu spät das Pult räumen musste - für das Chaos bzw. die fehlende Kompatibilität aber mitverantwortlich ist.
Sportlich stagniert der Verein nicht erst seit dem letzten Titelgewinn im vergangenen Juni. Die fehlende Fachkompetenz in der Ära von Peter Widmer, aber auch die heutige Blauäugigkeit seines Nachfolgers Thomas Gulich konnten nie vertuscht werden. Viele kleine Kaliber wollten und wollen in einem grossen, aber eben schon lange ausgebluteten GC mitbestimmen. Fatalerweise. Denn deutlicher hätte das Abbild der völlig missglückten Saison in diesem Cup-Endspiel nicht zutage treten können: GC bestand aus zum Teil hochnäsigen, sich selber masslos überschätzenden Individualisten und verlor gegen ein Team mit Herz und Seele.
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