Was imponiert Ihnen am FC Basel?
Die internationale Klasse, die Qualität, jedes Jahr um den Titel mitspielen zu können, der Wille, immer der Beste zu sein.
Wie schwer fällt es Ihnen als Zürcher, das zu sagen?
Gar nicht schwer. Ich sage ja nur die Wahrheit, ich kann problemlos eingestehen, wenn ein Gegner besser ist als wir. Seit Jahren sind die Basler der Massstab im Schweizer Fussball und sorgen europäisch für Furore. Diesen Weg wollen wir mit dem FCZ auch einschlagen.
Sind Sie neidisch auf das, was der FCB ist und schon erreicht hat?
Neid wäre falsch. Es ist eher der Antrieb, besser zu werden. Ich gönne Basel den Erfolg, tue aber alles dafür, um es auch so weit zu bringen. Abgesehen davon: Es ist für mich kein Problem, dass es der FCB ist, der momentan vor uns steht.
Was fehlt dem FCZ grundsätzlich, um Basel einzuholen? Nur das Geld?
Primär ist es die Erfahrung. In der Europa League mussten wir Lehrgeld zahlen, als wir in Limassol verloren oder in der zweiten Hälfte bei Villarreal. Hätten wir so viele internationale Spiele wie der FCB absolviert, wären wir mit mehr Souveränität aufgetreten. Die Basler sind in der Lage, auch ohne gute Leistung gegen eine vermeintlich kleinere Mannschaft 1:0 zu gewinnen, basta, fertig.
Und wenn der FCB das grosse Real fordert und dem Ausgleich nahe kommt, hoffen Sie für . . .
. . . eigentlich nichts. Der Fussball steht im Vordergrund, ich bin Liebhaber des Fussballs, darum geht es. Ich hätte mich für den FCB gefreut, wenn er einen Punkt geholt hätte. Aber am Ende ging er leer aus. Das ist eben auch Tatsache.
Hat der FCZ eine Chance, dauerhaft mit Basel mitzuhalten? Mit einem Umsatz von 20, 25 Millionen Franken gegenüber einem von 80 Millionen.
Ich glaube schon, ja. Mit der Mannschaft, die wir gegenwärtig haben, ist das möglich – wenn nicht weitere Spieler verletzt ausfallen oder weggekauft werden. Kürzlich sah ich Spiele unserer U-21 und U-18, das hat mich zuversichtlich gestimmt: Es hat viele Talente darunter. Aber klar ist auch: Die Eckpfeiler müssen wir unbedingt halten können.
Sind Sie auch einer dieser Pfeiler?
Ja, ich sehe mich in einer solchen Rolle. Ich übernehme Verantwortung und stehe auch hin, wenn es schlecht läuft.
Leistungsträger zu halten, ist aber auch mit finanziellem Aufwand verbunden.
Im Sommer hat der Präsident einen Riesenschritt gemacht, indem er den Vertrag mit Yassine Chikhaoui verlängert hat. Dass Yassine zum Captain gemacht wurde, war zudem das richtige Zeichen.
Warum?
Weil er mit seiner Klasse der geeignete Mann dafür ist.
Hätten Sie nicht gern dieses Amt übernommen?
Ich habe mich für Yassine eingesetzt, und dass er jetzt Captain ist, beflügelt nicht nur ihn, sondern uns alle. Wenn er auf dem Platz steht, blühen die Kollegen rundherum auf.
Trainer Urs Meier sagt, Ihr Engagement für Chikhaoui sei ein kluger Schachzug gewesen, weil er mit dem Bändeli am Arm stärker in die Pflicht genommen wird und mit diesem Amt aufblüht.
Das stimmt, aber ich habe Yassine auch gesagt, dass er Verantwortung übernehmen müsse. Und wenn das nicht der Fall sei, würde ich auf ihn zukommen.
Also kritisch . . .
. . . ja, klar.
Sie haben ihn eingeschüchtert.
(lacht) Ich und einschüchtern . . . Captain sein heisst, Verantwortung tragen, er muss mit gutem Beispiel vorangehen, auch Ansprechperson sein. Yassine macht das alles einwandfrei. Er bricht nicht unter dem Druck zusammen, dafür ist er abgeklärt genug. Er ist fähig, noch zehn Prozent mehr zu geben als die anderen, er ist fähig, für die Differenz zu sorgen. Das kann er auch, wenn er nicht hundertprozentig fit ist, oder nach Länderspielen. Wenn er auf dem Platz steht, hat der Gegner spürbar Respekt.
Chikhaoui ist nun doch schon seit sieben Jahren in Zürich. War diese Wahl zum Captain der entscheidende Schritt für ihn?
Yassine hatte viel mit gesundheitlichen Rückschlägen zu kämpfen. Jetzt spielt er auf dem Niveau, das seinem Potenzial entspricht. Wir können nur hoffen, dass er noch lange bei uns bleibt.
Was macht Chikhaoui zu einem guten Leader?
Ich kann ein Beispiel vom Donnerstag erzählen. Gegen Apollon Limassol kam er zehn Minuten vor Schluss zurück in die Verteidigung und forderte: «Wacht auf!» Wir führten 3:1, aber ein zweites Gegentor hätte uns in Schwierigkeiten bringen können. Vor einem Jahr hätte Yassine geschwiegen.
Am Dienstag war er mit Urs Meier an einem Fantalk. Als der Trainer gefragt wurde, wieso der FCZ so gut spiele, rief Chikhaoui: «Wegen mir.»
(strahlend) So ist er!
Ist er für Sie der beste Spieler in der Schweiz?
Ja!
Aber er hat die Hoffnung, einmal in einer grösseren Liga zu spielen, noch nicht aufgegeben.
Ich denke, er lebt von Tag zu Tag und macht sich nicht so grosse Gedanken.
Ausser der FCB fragt an.
Da würde er, glaube ich, Nein sagen.
Und Sie?
Ich auch. Im Moment. Mir gefällt es in Zürich sehr, und ich bin froh um die Konstellation, die wir haben. Es ist in den letzten drei Jahren ein Prozess gewesen, um dahin zu kommen, wo wir jetzt sind. Das gebe ich nicht einfach auf.
Aber würden Sie sich eine Anfrage des FCB überhaupt anhören?
Sicher. Warum nicht?
Weil Sie einer dieser klassischen FCZler sind, einer, der aus der Südkurve kommt. Sie können sich das doch fast nicht erlauben.
Anhören hat mit Respekt zu tun. Das haben mir meine Eltern beigebracht.
Urs Meier sieht Sie in der Hierarchie der Goalies in der Schweiz ganz oben . . .
. . . oh, jetzt aber! Da muss ich ihn zum Mittagessen einladen . . .
. . . und er sagt, vielleicht führe der Weg für Sie ins Nationalteam von Portugal. Ist das für Sie ein Traum?
Das ist es nicht mehr. Ich habe mit dem Cupsieg aufgehört zu träumen. Ich habe nur noch Ziele.
Dann ist es ein Ziel, für Portugal zu spielen?
Ich traue mir das zu, ich traue mir auch zu, im Ausland zu spielen. Das kann ich jetzt so sagen.
Sie haben sich als Goalie spürbar weiterentwickelt. Wie das?
Da gibt es viele Faktoren. Die Familie. Man muss die richtigen Leute um sich herum haben. Man muss arbeiten. Es hat auch viel mit dem Kopf zu tun.
Das heisst?
Kopf bedeutet Erfahrung.
Wenn Sie solche Bälle halten wie am Ende gegen Limassol, tief unten in der Ecke, dann . . .
. . . ist das die Explosivität, die aus der Ruhe kommt. Das habe ich lernen müssen: weniger emotional zu sein, dafür im richtigen Moment zu explodieren.
Wer ist der beste Goalie in der Super League?
Jeder hat seine Stärken. Mvogo hat eine gute Sprungkraft und Angriffsauslösung. Oder Lopar ist sehr stark auf der Linie.
Sie würden kein Ranking machen?
Nein.
Also keines mehr auf den Plätzen hinter Ihnen.
Das dürfen Sie sagen, wenn Sie das so sehen. Ich weiss nur, dass ich meine Leistung bringe.
Welcher Titel würde Sie diese Saison am meisten reizen? Europa League…
(unterbricht) . . . die Europa League ist das Dessert für uns, das müssen wir klipp und klar sagen. Die Meisterschaft zu gewinnen, nur schon dieses Feeling zu haben, auf dem Helvetiaplatz zu stehen, das ist einzigartig.
Und zudem zu wissen, Basel hinter sich gelassen zu haben.
Nein, nicht das. Es ist das Wissen, der Beste zu sein.
Wie ist am Sonntag ein Sieg möglich gegen Basel?
Indem wir eine geschlossene Mannschaftsleistung zeigen, unsere individuelle Klasse ausspielen, den Ball schnell laufen lassen. Nur so geht es. Basel ist eine Topmannschaft wie Mönchengladbach oder Villarreal. Solche Gegner besiegen wir nur, wenn das Gesamtpaket stimmt. Wir sind bereit.