Beitragvon Tschik Cajkovski » 11.09.14 @ 8:16
gastbeitrag von fritz peter in der heutigen nzz. wo er recht hat, hat er recht...
Stadion-Chaos in der Stadt Zürich
In der Stadionfrage sollen private Investoren für die Misswirtschaft der Stadt bezahlen. Von Fritz Peter
Die Stadt Zürich versucht schon lange, ein neues Fussballstadion zu bauen. 1983 sollte das Stadion Hardturm ausgebaut werden. 1988 plante man die Überbauung des ganzen Areals inklusive Stadion. Dann folgte das Gratis-Stadion mit Mantelnutzung der CS, das von zwei Dritteln der Stimmenden angenommen wurde. Heute würde sich kein Mensch mehr an der Grösse stören, Zürich hätte mit dem Stade de Suisse und dem St.-Jakob-Stadion gleichgezogen, und die Finanzierung der Klubs wäre kein Problem. Professionelle Verhinderer bodigten das Projekt und muteten stattdessen der Stadt, ohne mit der Wimper zu zucken, Ausgaben von rund 200 Millionen Franken zu. Die Gründe waren ein Schattenwurf und egoistische Motive nach der Devise Ideologie vor IQ. Die Stadt tat nicht viel, um das zu verhindern und dem Willen des Volkes Nachachtung zu verschaffen. Wollte sie den Anspruch auf das Land nicht verlieren, musste sie trotzdem ein Stadion bauen.
Ein neues Projekt
Das Eigenprojekt der Stadt wurde bei der Volksabstimmung bachab geschickt. Es war zu teuer, wurde bauernschlau mit 154 Wohnungen verknüpft und wies auch sonst eine Reihe von Mängeln auf. Frau Mauch und Herr Odermatt spielten die beleidigten Leberwürste nach dem Motto: «Wir machen nichts mehr» bzw. «entweder das Stadion, das wir wollen, oder kein Stadion». Aber da war ja immer noch der drohende Verlust von Landreserven im Wert von rund 150 Millionen Franken - also: ein neuer Wettbewerb. Mittlerweile waren rund 6,5 Millionen Schweizer Steuerfranken an Planungskosten aufgelaufen. Wenigstens wurden diesmal nicht ungeschickt Architekten eingeladen, sondern Generalunternehmer; der Abgabetermin war Ende April 2014.
Fünf Unternehmer reichten ihre Unterlagen ein. Einer, ausgerechnet derjenige, der von den Klubpräsidenten unterstützt wurde, schied aus, unter anderem weil die Voraussetzungen für einen Auftrag nicht gegeben waren bzw. der vage künftige Standort nicht mit dem Standort Hardturm konkurrieren konnte. Für eine 15-seitige Projekteingabe mit sämtlichen relevanten Daten und Untersuchungen legte jeder Interessent einige hunderttausend Franken aus. Zumindest ein intelligentes Stadion-Projekt mit einer klaren Win-win-Ausgangslage liegt nun als Resultat vor.
Dazu ein paar Eckdaten: Die Klubs bezahlen keine Miete für das Stadion und erhalten gemäss Businessplan bei einem Zuschauerschnitt von 8000 Personen je 4 Millionen Franken, bei 10 000 Leuten im Schnitt sogar je 6 Millionen im Jahr. Es werden nicht nur 154, sondern rund 500 Wohnungen gebaut, Sozial- und Alterswohnungen inbegriffen, und eine sanfte, quartierverträgliche Mantelnutzung ist auch berücksichtigt. Dieses Projekt soll dieser Tage der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Und jetzt beginnt der eigentliche Skandal: Die Stadt ist erwacht, merkt doch noch, wie dürftig das eigene, abgelehnte Projekt in Tat und Wahrheit dahergekommen war, motzt es mit den geliehenen, gestohlenen und abgekupferten Ideen der freundlichen Investoren auf und holt es wieder aus der Schublade. Damit nicht genug: 6,5 Millionen Franken soll der Investor, der auf diesen Flickenteppich tritt, zusätzlich übernehmen. Das ist der Betrag, den die Stadt bis heute in den Sand gesetzt hat.
Überforderte Stadt Zürich
Es ist offensichtlich, dass die Stadt von allem Anfang an mit dem Projekt überfordert war - das Kongresshaus lässt grüssen. Mit seltener Unverfrorenheit, um nicht zu sagen Unverschämtheit, will die Stadt die privaten Investoren für die bisherige Misswirtschaft bezahlen lassen. Sollen die Wohnungen ruhig etwas teurer sein, das merkt ja kein Mensch. Dass seriöse Investoren mit Sach- und Fachverstand damit allenfalls vertrieben werden, ist offenbar egal. Aber damit es jetzt zügig vorwärtsgeht, wird ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben. Geplant im Juni 2015 - ein Wahnsinn! Hinter den 15 Seiten, die jeder Interessent für die Präsentation seines Vorschlages maximal brauchen durfte, stehen einige Meter Leitz-Ordner. Wenn nicht alles täuscht, wären die Investoren bereit, schon nächste Woche mit den Arbeiten am Gesuch für die Baubewilligung zu beginnen. Die Stadt brauchte allerdings von April 2014 bis September 2014, um über 5 mal 15 Seiten minimal zu informieren bzw. zu beschliessen, das eigene Projekt - das mit Sicherheit im Original nicht konkurrenzfähig ist - wieder aus dem Papierkorb zu holen.
Es stellt sich die Frage: Wer stoppt diesen Irrsinn? Ist es möglich, dass die Parteien für einmal ihr Parteibüchlein einstecken und dafür den gesunden Menschenverstand hervorholen? Es geht um zwei- und dreistellige Millionenbeträge. Eine andere Frage bleibt: Unter welche Paragrafen fällt die offen zutage liegende Verschleuderung von Steuergeldern? Zu fordern ist, dass der Stadtrat unverzüglich Kontakt aufnimmt mit den möglichen und/oder verbleibenden Investoren, dass er das ganze Projekt zuoberst auf den Pendenzenberg legt, die Verwaltung entsprechend instruiert und sich freut, wenn wir in rund vier Jahren das Stadion einweihen können.
Fritz Peter war von 1988 bis 1991 Präsident des GC Zürich.
"we do these things not because they are easy, but because they are hard" jfk