und es geht wieder los
Zürich erhält also kein eigenes, hübsches, passendes Fussballstadion. Die Reaktionen auf das bittere Abstimmungsergebnis am Sonntag waren hart, teilweise polemisch, und wenn sich der Rauch verzogen hat, wird man festhalten müssen: Es ist ziemlich peinlich, dass in der Finanzmetropole Zürich, wo der Fussballweltverband Fifa zu Hause ist, immer noch keine echte Fussballarena steht. Die Schadenfreude im Rest des Landes ist riesig. Dort entstehen überall wunderbare Stadien ohne lästige Leichtathletikbahn, aber mit netten VIP-Logen, in denen Einnahmen generiert werden können.
Zürich schafft das nicht. Es ist eine Fussballtragödie, und es geht jetzt hier nicht darum, ob sich die Steuerzahler mit 60, 80, 150 oder 220 Millionen Franken an einem Neubau beteiligen müssen. Es geht darum, dass die Fussballstadt Zürich ihre (offenbar eher bescheidenen) Kräfte endlich bündeln sollte, um gemeinsam in die Zukunft zu gehen. GC ist nach Verlustpunkten Leader und spielt einen tollen Fussball, hat eine starke Mannschaft und blickt auf sehr erfolgreiche Monate zurück, lockte aber am Sonntag gerade mal rund 5000 Zuschauer zum Heimspiel gegen Thun an. Wie viele wären in einer passablen Fussballarena gekommen?
Das weiss niemand. Tatsache aber ist: Zürich ist zwar reich, schön, gross, aber die Konkurrenz im Unterhaltungsbereich ist enorm attraktiv. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, sich in der Stadt zu vergnügen. Neu ist diese Erkenntnis nicht, aber sie ist umso aktueller geworden. Wenn man in Bern lebt, fragt man sich schon lange, warum GC und FCZ auf eigene Faust weitermachen und Jahr für Jahr Millionen verbrennen. Gut, Verluste einfahren kann man auch, wenn man der einzige Club der Stadt ist – wie in Bern. Aber das ist ein anderes Thema. Spitzenfussball ist teuer. Und in Zürich darf man (mal wieder) die Frage aufwerfen, ob ein Verschmelzen der beiden Marken nicht sinnvoller wäre.
Natürlich gibt es Traditionen, selbstverständlich sind beide Clubs stolz auf ihre Vergangenheit, und vermutlich wird es immer Fussballliebhaber geben, die den Rekordmeister GC und den FC Zürich irgendwie finanziell unterstützen werden. Vielleicht ist die Vorstellung einer Fusion auch naiv. Als Fussballromantiker ist sie zudem schmerzhaft, weil es so viele schöne Erinnerungen an GC und den FC Zürich gibt. Aber eine Fusion wäre: konsequent, gut, richtig.
Und die Zeit ist reif dafür. Spätestens seit Sonntag.
Die Vorstellung eines riesigen, mächtigen, potenten Zürcher Vereins ist reizvoll – und bedrohend für die Konkurrenz. Man stelle sich beispielsweise nur kurz eine Auswahl aus den aktuell besten Akteuren von GC und Zürich vor. Mit dem stärksten Torhüter der Liga, der wohl stabilsten Abwehr, einem stilprägenden Mittelfeld mit physisch überragenden Balleroberern und spielerisch grossartigen Technikern – und mit einem ausgezeichneten Sturm. Der FC Basel hätte wieder einen ernsthaften Rivalen. Man könnte die besten Kräfte bündeln und die stärksten Nachwuchsakteure im zweiten Team reifen lassen. Zudem wäre man auf allen Ebenen – sportlich und wirtschaftlich, personell und politisch – besser und wirkungsvoller aufgestellt. Und so könnte die Schmach, kein eigenes Fussballstadion zu haben, koordiniert bekämpft werden.
Denn die Stadt Zürich ist offensichtlich zu klein für zwei Fussballspitzenvereine.
Quelle: Tagesanzeiger :
http://blog.tagesanzeiger.ch/steilpass/index.php/33057/es-ist-zeit-fuer-eine-fusion-in-zuerich/