Beitragvon Tschik Cajkovski » 07.09.13 @ 17:40
ein klares nein votum im folgenden beitrag von Fritz J. Peter, ehemaliger gc präsident. aus der aktuellen weltwoche:
Zürich ist eine typische PPP-Stadt: Projekte/Probleme/Politik(er). Zürich möchte eine Kongressstadt sein, bringt es aber seit unendlich langer Zeit nicht fertig, ein Projekt zu realisieren, das den Anforderungen dafür entspricht. Zürich ist die Weltstadt des Fussballs und bringt es nicht fertig, ein Stadion zu bauen, das internationalen Vorschriften, der Bedeutung, dem Bedürfnis des Sports und den bisherigen Erfahrungen entspricht.
1983 wurde das erste Projekt «Hardturm-Ausbau» präsentiert. Ziel: Fertigstellung 1986 zum 100-Jahre-Jubiläum von GC. 1988 wurde von den damaligen Landeigentümern ein fixfertiges Modell für die Überbauung des Terrains vorgestellt, das nicht nur das Stadion, sondern auch Wohn- und Hochhäuser vorsah und einen überzeugenden Eindruck hinterliess. Frau Koch («Zürich ist gebaut») war damals verantwortliche Stadträtin.
Dann waren im Jahr 2003 fast 70 Prozent der Stimmenden für das Grossprojekt der Credit Suisse (CS), das die Stadt Zürich praktisch nichts gekostet hätte. Man riss das Hardturm-Stadion ab, weil die Bewachung der «Ruine» zu teuer wurde und man glaubte, nach dem deutlichen Abstimmungsresultat sei alles klar. Ein Fehler, der teuer zu stehen kam: Man wartete die Baubewilligung nicht ab, und die CS zog sich zurück. Volkes Wille war Makulatur.Die Stadt kam zum Zug. Sie konnte das Land zu einem absoluten Spezialpreis übernehmen mit der Verpflichtung, darauf ein Fussballstadion zu bauen. Andernfalls geht das Land frühestens nach 2015 wieder an die CS zurück, und die Stadt verliert erhebliche Buchwerte. Für eine bessere und billigere Lösung bleibt also noch Zeit.
Man lud Architekturbüros zum Wettbewerb ein und liess die Generalunternehmungen draussen. Man verpulverte über 15 Millionen Franken Projektierungskredit für ein untaugliches Projekt. Büros unter anderem aus Amerika, Deutschland, Österreich waren in der Jury vertreten. Charles Botta, Co-Autor des 438-Seiten-Buches «Fussballstadien», von dem 2011 die 5. Auflage erschien, der mit dem Tram an die Sitzungen der Jury hätte fahren können, wurde nicht mal angefragt.
Weiter im Elend: die Ausschreibung. Vorgegeben wurde ein Stadion, das einen städtebaulichen Akzent setzen müsse (Seite 27 der Ausschreibung). Und auf Seite 23 steht: Das Stadion darf nicht höher als 25 Meter sein! Einen Steinwurf entfernt stehen Häuser mit einer Höhe von bis zu 125 Metern, und es folgen weitere Hochhäuser, die den geforderten städtebaulichen Akzent des Stadions ad absurdum führen. Die SBB wiederum führen ein neues Geleise zirka auf der Höhe des Stadiondaches durch. Der Verdacht besteht: Die Höhe von 25 Metern hat nichts mit Städtebau, aber sehr viel mit einigen Metern Schattenwurf zu tun.
Von den Stadionkosten war noch nicht die Rede. Stadtrat Lauber hat an einer CVP-Veranstaltung um Fairness der stadträtlichen Vorlage gegenüber ersucht. Fairness ist immer gut. Aber Fragen tauchen auf: Ist es fair, ein Stadion, das nach anerkannten internationalen Normen 16 000 Plätze aufweist, als ein 19 500er-Stadion anzupreisen? Ist es fair, in der Kostenrechnung das Land mit rund 40 Millionen (plus zirka 10 Millionen für den Wohnungsbau) zu beziffern und zu verschweigen, dass der aktuelle Marktwert auf 170 Millionen geschätzt wird? Ist es fair, das Stimmvolk zu erpressen mit der Aussage: entweder dieses Stadion oder kein Stadion? Ist es fair, nicht zuzugeben, dass die Vorlage nichts taugt, dass man Fehler gemacht hat (alle haben seit den achtziger Jahren Fehler gemacht), und ist es fair, zu verschweigen, dass es Alternativen gibt? Ist es fair, Alternativen gar nicht zu prüfen, weil man Angst hat, zuzugeben, dass man Fehler gemacht hat?
Es ist möglich
Das vorgeschlagene Stadion ist zu teuer und zu klein. Das steht ausser Frage. Genauso wie die Tatsache, dass der Letzigrund als «Fussball»-Stadion bedingt tauglich bis untauglich ist. Nur: Das genügt nicht. Eine taugliche, kostengünstige Alternative ist sofort auf die Beine zu stellen. Ein international taugliches Stadion mit 20 000 bis 25 000 Sitzplätzen kann für Grössenordnung 1500 Franken pro Sitzplatz gebaut werden (das wurde schon bewiesen). Eine Ersparnis von einigen Dutzend Millionen als Grössenordnung wäre möglich. Ein Stadion kann innert zwölf Monaten nach Erteilung der Baubewilligung stehen. Auch das ist bewiesen. Tatsächlich existieren meines Wissens zwei entsprechende valable Stadionprojekte, deren Umsetzung besser und billiger wäre. Zumindest das eine ist der Stadt bestens bekannt. Aber: Man muss wollen und nicht die Hände in den Schoss legen (Frau Stadtpräsidentin Mauch) oder die beleidigte stadträtliche Leberwurst spielen.
Sollten wir – was die Fans sicher nicht wollen – in absehbarer Zeit nur noch einen Klub haben in Zürich (Abstieg oder Fusion aus wirtschaftlichen Gründen ist die Frage), wird das geplante Stadion definitiv zu klein sein, weil auch die Zuschauerzahlen massiv steigen: Der FC Basel hat heute einen Schnitt von rund 29 000 Zuschauern und spielte noch vor wenigen Jahren auf dem Landhof gegen den FC Zürich vor 8200 Zuschauern. Wir brauchen ein Fussballstadion. Das vorliegende Projekt muss abgelehnt werden. Aber das kann es nicht gewesen sein. Nein sagen genügt nicht, sondern muss der Anfang sein zu einer wirklich vernunftgetränkten Lösung, dirigiert von einem gesunden Menschenverstand, frei von parteipolitischen Erwägungen.
Fritz J. Peter ist Gründer der Leaseurope (Europäischer Verband der Leasing-Gesellschaften) und war von 1988 bis 1991 Präsident des Grasshopper Club, mit dem er einmal Schweizer Meister und dreimal Cupsieger wurde.
"we do these things not because they are easy, but because they are hard" jfk