Die alte FCZ-Leier
Herbst-Stress des Stadtklubs in stets neuen Variationen
rwe. Der Herbst hält seit Jahren für den FC Zürich die gleichen Eigenheiten bereit: Die Tage werden kürzer und die negativen Schlagzeilen länger. Es ist die Zeit, in der für das überdurchschnittlich entlöhnte Kader der Fall in die Auf-/Abstiegsrunde droht und der erste Auftritt im Cup (gegen einen unterklassigen Gegner) oft der letzte ist. In den Medien meldet sich dann ein überaus verärgerter Sven Hotz zu Wort: Er schlafe wegen der miesen Leistungen seiner Angestellten in kurzen Hosen sehr schlecht, und er lasse sich die miserable Einstellung der Spieler nicht mehr länger gefallen. Der aufgebrachte Präsident droht mit Bussen, versichert aber gleichzeitig, dass er den Trainer nicht in Frage stellt. Gäbe es in den Verlagshäusern noch den guten alten Stehsatz, man könnte diesen in den Tagen der fallenden Blätter stets hervorklauben, und ausser dem Datum sowie einigen Namen brauchte man daran wenig zu ändern. Das FCZ-Drehbuch folgt im November mit unschöner Regelmässigkeit denselben Mustern - und bewegt erstaunlicherweise den Anhang stets aufs Neue.
Im Sommer 2001 hätte allerdings alles besser werden sollen, denn Hotz war zu einer Radikalkur entschlossen. Diese sah unter anderem eine Budgetkürzung sowie eine drastische Verjüngung des Kaders vor. Für die Umsetzung der Ziele verpflichtete Hotz den mit allen (Fussball-)Wassern gewaschenen Erich Vogel als Sportchef. Der wiederum schlug Hotz als künftigen Trainer Bregy oder Schürmann vor, worauf der FCZ-Boss sich für den Erstgenannten entschied. Dass die Liaison zwischen Hotz und Vogel nicht von Dauer sein würde, wurde bereits bei der Präsentation des sportlichen Leiters ersichtlich. Vogel, von allen guten Geistern verlassen, liess in seiner Antrittsrede völlig undiplomatisch durchblicken, dass bisher im FC Zürich so ziemlich alles falsch gemacht worden sei - doch unter seiner Führung würde nun Professionalität im Klub Einkehr halten. Hotz, auf diese Weise schwer beleidigt, hörte seinem Angestellten mit versteinerter Miene zu, und es war offenkundig, dass die Zusammenarbeit in Frage gestellt war, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
Die Trennung zwischen den beiden Männern, deren Begegnung einem Zusammentreffen von Feuer und Wasser gleichkam, erfolgte bereits elf Monate später. In diesem Abschnitt hatte das Kader aber ein völlig verändertes Gesicht erhalten, und die Basis einer juvenilen, entwicklungsfähigen Equipe war gelegt. Wem explizit die Verdienste dieses erfreulichen Prozesses zufallen, soll hier nicht erläutert werden. Weit wichtiger ist die Feststellung: Die Equipe weist zwar ein gewisses Potenzial auf, aber sie stagniert seit Wochen und Monaten in fast allen Bereichen. Die Qualitäten deutete sie unter anderem in einem starken Match in Basel an; handkehrum verlor das Team hingegen im Letzigrund gegen den FC Wil oder schied auswärts im Cup gegen den Nationalliga-B-Verein Schaffhausen aus. Diese Beispiele sind bezeichnend für die Problematik im Klub. In Basel, vor über 30 000 Fans, braucht es keinen Trainer. Da geht jeder Spieler unaufgefordert an die Grenze seiner Möglichkeiten. Ganz anders in Partien gegen Thun, Wil oder Schaffhausen. Hier ist die gestrenge Hand eines Ausbildners nötig. Hier sind seine Motivationskünste gefordert.
Dieser Aufgabe kann Trainer Bregy nicht mehr gerecht werden. Sein Einfluss auf das Team ist gering geworden. Zu viele Ungereimtheiten auf und neben dem Platz, die natürlich von den Spielern registriert werden, haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Vor allem aber fehlt es dem Walliser an Persönlichkeit; und ein Vorbild für die zahlreichen jungen Kadermitglieder ist er schon gar nicht. Hinzu kommt der Machtkampf zwischen ihm und seinem Assistenten Grüter, der von einer gezielten Arbeit auf Grund seiner Erfahrungen mit bekannten Trainern (Gross, Beenhakker, Hodgson) ganz andere Vorstellungen hat. Zum Spielball dieser Animositäten ist Teammanager Burki geworden, den beide Parteien gerne auf ihre Seite ziehen möchten. Bregy versucht sich beispielsweise die Unterstützung Burkis zu sichern, indem er diesen das Torhüter-Training leiten lässt. Mit inzwischen bedenklichen Auswirkungen auf die Form des einst so zuverlässigen Keepers König. Ähnlich wie beim Slowaken im Tor des FCZ weist auch die Verfassung vieler anderer Spieler nach unten. Vor allem aber ist entscheidend, dass die Talente seit längerem kaum noch Fortschritte machen.
Man sieht, im Stadtklub ist wieder einmal vieles aus dem Ruder gelaufen. Die Erklärung für diese Endlos-Leier ist relativ einfach: Es fehlt schlicht und ergreifend seit Jahr und Tag an einer straffen Führung. Es mangelt an einer seriösen Fachkraft, die - mit grossen Kompetenzen ausgestattet und mit Standort Letzigrund - den Betrieb peinlichst genau überwacht und bei der geringsten Abweichung eingreift. Der langjährige Trainer Ponte wollte kein Kontrollorgan dieser Prägung über sich haben, das Gleiche galt für Gress - beide hatten (aus ihrer Warte verständliche) Gründe dafür. Nach der Verabschiedung von Vogel geniesst nun auch Bregy die Freiheiten in vollen Zügen. Dies nicht zugunsten des Vereins, wie die vergangenen Monate zeigten. Hotz leistet dieser Konstellation deshalb Vorschub, weil er als Geldgeber ganz gerne selber die Fäden in der Hand hält. Doch irgendwann müsste er sich die Frage stellen, weshalb der von ihm seit 16 Jahren geleitete und finanzierte Klub trotz hohen Investitionen in diesem Zeitabschnitt sportlich kaum vom Fleck gekommen ist. Derart Grundsätzlichem geht er dieser Tage aber aus dem Weg. Er sagt dazu nur: «Zuerst gilt es, das Team Aaraus zu besiegen und ohne Probleme die Finalrunde zu erreichen. Dann planen wir weiter.»