Tagi: Sa. 23.4.2011
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«Der beste Goalie beim FCZ bin ich!»Seit Johnny Leoni ins Tor zurückgekehrt ist, hat der FC Zürich in sechs Spielen immer gewonnen.
Am Ostermontag gegen Xamax strebt er das nächste Ziel an: den Cupfinal.
Von Peter Bühler, ZürichAndrea Guatelli musste den Platz im FCZ-Tor abgeben,
seine Begeisterung für Johnny Leoni hält sich auch nach dem 2:1
gegen YB am Dienstag in Grenzen.
Foto: Reto OeschgerMartin Brunner ist eine angespannte Ambiance auf dem Trainingsplatz gewohnt. Im achten Jahr ist der frühere Nationaltorhüter nun schon Goalietrainer beim FC Zürich, er hat gelernt, mit schwierigen Situationen und Disharmonien zwischen den Torhütern umzugehen. «Nur einer kann spielen, das kann zu Differenzen führen», sagt er mit einem Schulterzucken. Zumeist übt Brunner mit den zwei oder drei FCZGoalies fernab von der Mannschaft auf einem separaten Trainingsfeld. So steht er ganz allein da im Spannungsfeld zwischen den Torhütern, er spürt ihre Stimmungen, und er versucht die Dissonanzen, die es ab und an gibt, mit seinem ruhigen Wesen auszugleichen. Er sagt: «Ich habe ein dickes Fell und vor allem einen Auftrag zu erfüllen: die Qualität zu steigern.»
Fischer: Ehrlich und knallhartDie Zeiten, als die Torhüter beim FCZ noch Davide Taini und Johnny Leoni hiessen, vermisst er indes nicht im Geringsten. Die zwei rieben sich aneinander, sie mochten sich nicht leiden. Trainer Lucien Favre entschied den Machtkampf schliesslich, indem er im Herbst 2005 den damals 21-jährigen Leoni zum Stammkeeper machte. Favre hatte längst festgestellt, «dass sich die beiden am liebsten gegenseitig Gift in das Pausengetränk geschüttet hätten». Heute ist Taini 34 und spielt beim FC Wil in der Challenge League (und ab kommender Saison bei GC), Leoni aber ist beim FCZ noch immer die Nummer 1 – oder präziser: wieder die Nummer 1.
Im vergangenen Sommer hatte sich Leoni mit seiner voreiligen Ankündigung, den Verein zu verlassen, selber ins Abseits manövriert. Sportchef Fredy Bickel sagt: «Er wollte weg, also blieb uns gar nichts anderes übrig, als auf Andrea Guatelli zu setzen.» Die Angebote für Leoni blieben aus, Guatelli spielte eine gute Vorrunde, er war mehr oder weniger unbestritten. Es kam die Rückrunde mit zwei schwächeren Leistungen des Italieners gegen YB und Basel, vor allem aber kam jener für Guatelli so unglückselige Freitagabend vor dem Spitzenspiel im St.-Jakob-Park, als er mit seinem Kumpel Eric Hassli zu lange in einem Zürcher Restaurant sitzen blieb und verpfiffen wurde. Urs Fischer, ein grundehrlicher Typ mit einem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, zog die Konsequenzen – vor allem, weil Guatelli seinen Fehltritt anfänglich abgestritten hatte: Der Trainer warf den Lebemann aus Parma für das Heimspiel gegen Sion aus dem Kader und degradierte ihn zur Nummer 2.
Sechs Wochen sind seither vergangen – und in dieser Zeit spielte Leoni so stark wie nie während seiner acht Jahre beim FCZ. Es begann mit besagtem Spiel gegen Sion im Letzigrund am 12. März, das er mit einigen mirakulösen Paraden fast im Alleingang entschied. Es folgten die Partien in Neuenburg, wo er makellos hielt, und in Thun, wo er einen Elfmeter von Proschwitz abwehrte. Es kam das Derby, in dem er GC-Stürmer Emeghara zur Verzweiflung trieb, danach ein relativ geruhsamer Nachmittag in Sitten – und zuletzt der Dienstag, als er im Letzigrund im Spitzenspiel gegen YB für den «FCZ-Nachwuchs» den Sieg festhielt. Leonis Bilanz: 6 Spiele, 18 Punkte, 4 Gegentore, macht einen Durchschnitt von 0,67 Gegentreffern pro Partie. Guatellis Wert lag bei 1,43 Gegentoren.
Brunner freut sich über die Erfolgsserie des FCZ und vor allem über Leoni. «Er ist in der Form seines Lebens», sagt er. Erstaunt ist der 48-jährige Zürcher darob nicht. Leoni habe die ganze Saison über hart und vorbildlich gearbeitet, auch in den acht Monaten, in denen er kaum, nämlich nur im Cup, habe spielen dürfen. «Jetzt hat er seine Chance clever genutzt», erklärt der Goalietrainer. Mitleid mit Guatelli hat er nicht, weil dieser seine Zurückstufung selbst verschuldet habe. Vom professionellen Verhalten des Italieners ist er gleichwohl angetan: «Er ist im Training voll bei der Sache.» Miese Stimmung wie einst zwischen Taini und Leoni sei nur kurz aufgekommen. Brunner glaubt den Grund zu kennen: «Leoni kann ja nichts dafür, wenn Guatelli in der Beiz überhockt.»
Geht Guatelli im Sommer?Der Goalietrainer räumt allerdings ein, dass das Verhältnis zwischen den beiden Torhütern nicht mehr so herzlich sei wie früher. Und auch Bickel weiss: «Guatelli hat an seiner Situation schwer zu nagen.» Der eigentlich so offene Italiener ist schweigsam geworden. Er mag über seine Degradierung nicht gross reden, er lässt aber durchblicken, dass er die Strafe für übertrieben hält. Für Bickel ist offen, ob Guatelli, der wie Leoni einen Vertrag bis 2012 hat, über den Sommer hinaus in Zürich bleiben wird. Er kann sich vorstellen, dass Guatelli die Rolle als Nummer 2 auf die Dauer nicht erträgt und sich einen neuen Klub sucht.
Die Diskussionen um Guatelli kümmern Leoni wenig. Das Verhältnis zwischen ihnen sei «okay». Er selber habe sich schliesslich ja auch monatelang solidarisch verhalten, keinen Krach gemacht. Und Torhüter seien in der Regel ohnehin Individualisten, die vorab für sich selber schauten. Also sagt er selbstbewusst: «Der beste Goalie beim FCZ bin ich! Meinen Platz gebe ich nicht mehr her!»
Leonis Glück heisst GiulianFür ihn ist es deshalb kein Thema, dass am Ostermontag im Cup-Halbfinal gegen Xamax nicht er im Tor stehen könnte – obschon in der Vergangenheit auf der Goalieposition öfters rotiert wurde: Die Nummer 1 spielte in der Super League, die Nummer 2 im Cup. Leoni erklärt mit Nachdruck: «Ich will und ich werde spielen.» Fischer denkt gleich. Gestern bestätigte er Leonis Einsatz.
An diesem Morgen nach dem Training will sich Leoni bald verabschieden, es zieht ihn nach Hause, nach Altstetten zu seiner Frau Sandra und seinem sechs Monate alten Sohn Giulian. Strahlend sagt er: «Der Kleine ist unser grösstes Glück, ich bin ein begeisterter Vater.» Eine letzte Frage noch, Johnny Leoni: Wie fällt Ihre Wahl aus, wenn Sie sich zwischen Cupsieg und Meistertitel entscheiden müssten? Der Walliser überlegt nicht lange: «Ich möchte unbedingt den Cup gewinnen.» Dreimal war er mit dem FCZ schon Meister, beim Cupsieg von 2005 gegen Luzern aber stand Taini im Tor – sein ungeliebter Rivale.
Mögliche FCZ-Aufstellung: Leoni; Ph.Koch,Beda,Teixeira,Rodriguez; Schönbächler,Aegerter,Zouaghi,Djuric; Chermiti,Mehmedi.–Verletzt: Magnin,Margairaz.
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ps: dieses Bild sagt für mich mehr als 1000 Worte...!