Beitragvon sub » 15.10.10 @ 11:58
Ahhhhhh, herrlich, nun meldet sich auch noch der Herr Zuberbühler aus England zu Wort. Schon alleine für diesen Kommentar hat sich das Pfeifen gelohnt.
Alex darf sich nicht kaputt machen lassen
Spieler wie Alex Frei wecken hierzulande Neid – weil sie nicht typisch schweizerisch sind. Ein Kommentar zur aktuellen Polemik um den Captain der Landesauswahl von Ex-Nationalspieler Pascal Zuberbühler.
Ich kenne Alex Frei. Ich weiss, wie er sich fühlt und wie ihm das, was am Dienstag passiert ist, wehtut. Was er jetzt durchmacht, habe ich selbst erlebt.
Alex ist eine Persönlichkeit im Schweizer Fussball, ich würde sogar sagen: eine Riesenpersönlichkeit. Wer so ist wie er, wer auch einmal den Mund aufmacht und sagt, dass er Erfolg haben und alles dafür tun will, der hat es in der Schweiz sehr schwer, die Leute auf seine Seite zu bringen.
Wo sind wir denn hier?
Natürlich lässt sich im Rückblick auf seine Karriere fragen: Warum hat er das und das gemacht? Auch bei mir lässt sich das fragen. Aber es geht um den Neid, den Spieler wie Alex wecken. Herr Schweizer mag es schön kontrolliert, schön ausgeglichen. Ihm geht es nicht in den Kopf, wenn jemand so ist wie Alex oder wie ich, nicht so typisch schweizerisch.
Ich habe Alex im Spiel gegen Wales genau beobachtet. Ihm ist nicht viel geglückt, das stimmt, aber er ist marschiert. Und wenn Streller ihm den Ball nicht rüberschiebt, obwohl er in einer besseren Position ist, kann er noch drei Spiele darauf warten, ein Tor zu erzielen. Ich frage mich: Was soll das, wenn ein Spieler von eigenen Zuschauern schon ausgepfiffen wird, bevor er überhaupt einen Freistoss getreten hat? Wo sind wir denn hier? Ich weiss, wo wir sind: in einem Land, in dem Persönlichkeiten nicht genügend Respekt entgegen gebracht wird. Ich kenne England, ich lebe und spiele in London, ich weiss, dass das hier ganz anders ist.
Zubi, der arrogante Kerl
Wann es bei Alex genau angefangen hat, ob damals bei der EM in Portugal mit dieser Spuck-Affäre, kann ich nicht sagen. Irgendeinen Anfang, einen Auslöser lässt sich immer finden, warum jemand in den Fokus der Öffentlichkeit gerät. Bei mir könnte man auch sagen, das war 2005, als ich in der Qualifikation zur WM in Deutschland dieses dumme Tor gegen Israel erhielt. Aber ich war doch schon früher besonders kritisch beobachtet worden, schon als ganz Junger bei GC.
Dank meiner Einstellung, meiner Meistertitel und Champions-League-Teilnahmen mit GC, mit dem FC Basel bin ich der erfolgreichste Goalie der Schweiz geworden, das weiss niemand. Es hiess dagegen nur: Zubi, der arrogante Kerl, der Fliegenfänger. Als ich aus England in die Schweiz zurückkam und zu Xamax in die Challenge League wechselte, wurde ich ausgepfiffen. Die Leute riefen: Zubi, Zubi, hahaha. Sie fokussierten sich auf mich, auf den langen Kerl im Tor, der auch nach einem Fehler den Kopf oben trägt und die Schultern zurückzieht. Jetzt tun sie es auf Alex. Und morgen ist der Nächste an der Reihe.
Warum hassen die Leute mich?
Ich bin laut, ich bin gross, kräftig und erfolgreich. Ich bin immer einer gewesen, der als Torhüter im Mittelpunkt sein wollte. Ich bin immer vorne hingestanden und habe mein Maul aufgemacht, auch wenn es schlecht lief, gerade dann. Und prompt schrieb eine Zeitung: «Klappe zu, Bälle halten!»
Ich sass oft daheim und fragte mich: Was mache ich falsch, dass mich die Leute nicht mögen? Wenn ich mein Maul immer aufgerissen hätte, ohne etwas gewonnen zu haben, hätte ich noch Verständnis dafür gehabt. Aber irgendwann habe ich mir gesagt, es ist mir egal, was die Leute denken.
Auch Alex ist ein Alphatier. Er sucht und übernimmt Verantwortung. Er kann sich vor eine Fernsehkamera stellen und Blut spucken, wenn ihn etwas ärgert. Ich finde das gut. Alex hat das Recht dazu. Schliesslich hat er 40 Tore für die Schweiz erzielt. Das sollte man nie vergessen.
Danke, dass ihr für mich da seid
Als Fussballer erlebt man nicht nur grossartige, sondern auch harte Momente. Ich bin immer wieder aufgestanden. Ich erinnere mich, wie ich vor der WM 2006 bei Länderspielen immer wieder ausgepfiffen wurde. Vor der Abreise nach Deutschland hatten wir den letzten Test in Zürich gegen China. Auf einmal wurde ich von den Zuschauern hinter dem Tor gefeiert. Ich klatschte ihnen zu, um ihnen zu danken. Um ihnen zu zeigen: Danke, dass ihr für mich da seid. An der WM liess ich in 390 Minuten kein Tor zu.
Was ich damit sagen will? Alex darf sich nicht kaputt machen lassen. Es gibt auch für ihn nur eine Antwort: Er muss auf dem Platz Leistung bringen. Mit Reden kann er nichts ändern. (tagi)
Dä chunnt no!