Beitragvon platzwart » 09.02.10 @ 17:37
Montag, 08. Februar 2010, NZZ
Ein Denker sucht die Weite
Es war ein dünnes Communiqué, das vor etwas mehr als zwei Wochen verkündete, dass der FCZ-Verteidiger Daniel Stucki um die vorzeitige Vertragsauflösung gebeten hatte. Vor zwei Tagen wurde er anlässlich des Heimspiels gegen Xamax höflich, aber distanziert verabschiedet – in eine (berufliche) Welt, die anders aussehen wird.
In seiner Heimat Basel wird er ins Immobiliengeschäft einsteigen und für die Old Boys in der 1. Liga Fussball spielen. Das berufliche Angebot kam von einem Verwaltungsrat der Old Boys, der sich um den 28-jährigen Absolventen eines Studiums der Mathematik und der Wirtschaft bemüht hatte.Der Entscheid, diese Offerte anzunehmen, fusste auf einem Unbehagen in der Welt des Fussballs. Stucki war auf seiner Verteidigerposition nach 94 Wettbewerbsspielen, 3 Meistertiteln und einem Sieg im Cup mit dem FCZ nur noch zweite oder gar dritte Wahl; unter Trainer Challandes spürte er nicht mehr die gleiche Wertschätzung wie noch unter Favre.
Zwei Stunden Training ohne regelmässiges Spielen, das war nichts für Stucki: «Ich bin kein Mann für die Playstation.» Man könne in der Fussballwelt «die Vergänglichkeit üben», sagt er retrospektiv, alle Verdienste seien schnell vergessen, wenn ein anderer Trainer komme und andere Ansichten vertrete. Eine Spielauffassung eines Trainers sei «aber eigentlich etwas sehr Subjektives».
Stucki hat in seiner reflektierten und differenzierten Art wohl mehr zu einem funktionierenden Team beigetragen, als man sich dies in der Aussensicht gemeinhin vorzustellen vermag. Hört man ihn sprechen, passt dies so gar nicht zu seiner hemdsärmligen Spielart, und man kreiert aufgrund dieser Eindrücke schnell ein falsches Bild. Das ist wohl auch geschehen.
Der Verteidiger hätte sich als Ersatzspieler eine gutbezahlte Denkpause bis im Sommer gönnen können. Doch seine Analyse der Situation brachte ein anderes Ergebnis. Als Person ist der Basler Stucki im Letzigrund nie ganz angekommen – dies hat aber nicht nur mit seiner Welt zu tun.