Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

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züribymike
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon züribymike » 18.03.10 @ 14:08

gäbe es einen post des jahres, pedro hätte ihn absolut verdient. sachlich auf den punkt gebracht und stil hat das ganze auch! hut ab.
din Vater "Gits eigentlich es seilbähnli vom attika über zu de sexboxene, mer müesst ja nur gschnäll über d'gleis..."


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3-angler
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon 3-angler » 18.03.10 @ 15:15

Word!
Zuletzt geändert von 3-angler am 18.03.10 @ 22:55, insgesamt 1-mal geändert.
Aktion Respekt im Muul!

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bricklane
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon bricklane » 18.03.10 @ 15:40

züribymike hat geschrieben:gäbe es einen post des jahres, pedro hätte ihn absolut verdient. sachlich auf den punkt gebracht und stil hat das ganze auch! hut ab.


Der Text ist mehr als nur ein "post". Er hat den Charakter einer Präambel. Er gibt den Basiskonsens der Südkurve wieder.
Una hoja en blanco

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lapen
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon lapen » 18.03.10 @ 17:37

gebt ihm den pulitzer-preis! vorsicht keine ironie

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Sammy
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon Sammy » 18.03.10 @ 22:04

Jetzt gebe ich auch wieder einmal meine Senf dazu.

Das Post von Pedro ist ja in der Tat lesenswert mit vielen guten Ansätzen, aber auch mit ein paar Ungenauigkeiten. Das Post von Ensis hat mir eben auch gut gefallen und ich wünschte mir mehr solcher Post, wie die der beiden hier drin zu lesen.

Ich bin mit Ensis einer Meinung, dass der Rechtsstaat zu beachten. Auch mir ist die persönliche Freiheit wichtig (und dafür kämpfte ich auch, beispielsweise an vorderster Front als es gegen die Polizeidatenbank Gamma ging - und damit meine ich nicht nur ein paar Posts im Forum).

Allerdings ist Freiheit, zumindest in meinem Verständnis, nicht einfach eine Willkürfreiheit im Sinne jeder kann tun und lassen, was er will. Freiheit bedingt Freiheit. Meine Freiheit verbindet sich mit der Freiheit der anderen und zusammen stellen wir, eben in Freiheit, die Regeln auf (gerne so wenig wie möglich), die es braucht um ein gesellschaftliches Miteinander zu garantieren und jedem die freie Entfaltung innerhalb dieser Regeln zu erlauben. Wenn in gewissen Bereichen meine Freiheit beschränkt wird, heisst das per se noch nicht, dass ein repressives System herrscht.

Niemand, lieber Petro, sagt irgend etwas gegen Subkulturen und ich bin 200% damit einverstanden damit, dass sich Lebensqualität nicht im Besitz liegt (aber letztlich muss man m.E., wenn man Freiheit für sich reklamiert, auch anderen die Freiheit zugestehen nach Besitz zu streben und die Südkurve zu meiden.)

Niemand hat etwas gegen eine chaotische Kurve mit Jubel, Flüchen, Geschrei und Unsinn. Viele haben sogar Freude daran auch wenn sie nicht Teil der Kurve sind. Etwas Mühe macht mir die Argumentation mit dem zivilen Ungehorsam: Gandhi unter den Engländern und die Schwarzen unter den Weissen als Rechtfertigung für Pyros (die ich persönlich ja mag, so lange sie nicht geworfen werden) und Gewalt (da habe ich schon mehr Mühe) steht doch ein wenig auf tönernen Füssen. Hier haben wir die Möglichkeit der Mitwirkung und Gestaltung der Gesellschaft. Ghandi und Rosa Parks mussten sich zuerst diese Möglichkeiten erkämpfen und da ihnen keine legalen demokratischen Mittel zur Verfügung standen, gingen sie so vor, wie sie vorgingen. Ich bin aber in beiden Fällen ziemlich sicher, dass sie lieber Unterschriften gesammelt hätten oder in einem Parlament gesessen wären.

Gewalt und Pyros können nur schlecht als nicht zugestanden Menschenrechte bezeichnet werden, die gewissermassen andere als rechtsstaatliche Mittel zu ihrer Durchsetzung erlauben.

Deshalb schliesse ich mich dem Aufruf von Ensis an: Schützen wir die Kurve, aber nicht die Gewalttätigen, engagieren wir uns (auch) politisch statt die Faust im Sack zu machen (oder noch schlimmer zu gebrauchen). Ich hätte am liebsten eine Gesellschaft, die eine Kurve als Teil von ihr akzeptiert und nicht ausschliesst, aber das bedingt auch, dass die Kurve sich selbst nicht ausschliesst.

Und nachdem schon Ensis nicht gesteinigt wurde, hoffe ich, dass auch ich einigermassen davon komme werde ;-)

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gelbeseite
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon gelbeseite » 19.03.10 @ 0:07

Schön wieder mal von dir zu lesen Sammy. Wie so oft auch von dir ein sehr berechtigtes Posting.

Ich teile deine Auffassung von Freiheit voll und ganz, nur sollte man trotz allem nicht unerwähnt lassen, dass dieser rousseau'sche Freiheitsbegriff damals wie auch heute utopisch ist. Unsere gesellschaftliche und politische Ordnung schliessen die Handhabe eines solchen Systemes a priori aus.

Der politische Weg ist, wie wir immer wieder schmerzlich feststellen müssen, zwar ein gangbarer Weg, er vermag aber bestimmt keine Wunder zu bewirken. Leider, und wahrscheinlich ist dies das Los einer Subkultur, haben wir als Südkurve keine bzw. zu wenige politische Akteure auf unserer Seite. Viel mehr ist es so, dass wir als Sündenbock, als negatives vorzeigebeispiel in breiter Öffentlichkeit hinhalten müssen und sogar inzwischen von der eigenen Vereinsleitung mehr als stiefmütterlich behandelt werden. Indes ist es wenig verwunderlich, dass man unsererseits gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit im besten Falle misstrauisch ist. Der Vergleich zu Ghandi ist dann im Kontext zwar nicht übertragbar, von der Anlage her gibt es aber Parallelen.

Ein weiterer entscheidender Faktor ist, dass der Fokus immer geschickt von den Inhalten getrennt wird. Man ist bemüht die Debatte über Personen (KKS, die greift durch; Südkurve, das sind gesetzlose Schläger) und nicht über Inhalte zu führen. Eine sachlich politische Annäherung, und übrigens auch der Kampf gegen Polizeiwillkür, leidet stark an der Diffarmierung der Südkurve und führt dann auch immer zu einem Kampf mit ungleichen Lanzen.
Gerade im Kampf gegen Datenbanken, Gamma etc. erkennt man leicht die politischen Mittel, von welchen die Bürokratie Gebrauch macht. Offiziell werden ja nur Fussballfans in Datenbanken registriert, und das auch nur dann wenn dies, nach dem Ermessen der Polizei, erforderlich ist. Eine Datenbank für alle würde bestimmt nicht Mehrheitsfähig sein, also spielen wir die Wähler dort aus, wo sie in einer Minderheit sind. [Ohne noch weiter Abschweifen zu wollen: Das selbe Spiel sieht man auch bei Steuererhöhungen - für Reiche; Autoverbot - für Offroader; Einschränkung der religiösen Freiheit- für Muslime]. Dass man sich unüberlegt politischen Ideen aus dem Ausland bedient, und bei der ersten Gelegenheit auch immer die selben Lösungen aus dem Hut, bzw. der Schublade hervorzaubert (garbage can model), in diesem Falle der Fanpass, als neue Variante jetzt auch "fancard" genannt, rundet die Mittel einer Bürokratie noch ab.

Ohne losgelöst aus deinem Text zitieren zu wollen, Gewalt ist und war zu keinem Zeitpunkt Teil einer Forderung. Sie wird von einigen "nur" als Mittel gesehen, mit welchem wir uns rüsten können. Ich war in Aarau nicht dabei, aber Berichten nach kam es erst dann zur Gewaltandwendung, als man ungerechtfertigterweise jemand aus dem Mob pflücken wollte. Nun wird man dies als Widerstand gegen die Staatsgewalt, andererseits als Verteidigung der eigenen Linie ansehen können. Ich glaube auch daher ungesehen urteilen zu können, dass es neben den Action suchenden auch eine Mehrheit von Leuten gegeben hat die etwa aus Prinzip gehandelt haben. Schliesslich gehört diese Stück-für-Stück-Vorgehensweise genau zu den Mitteln der Polizei- wenn etwas von unserer Seite einmal geduldet wird, wird es zur Gewohnheit und man beginnt auf etwas neues zu drücken.

Dass die Südkurve als Subkultur zu verstehen ist nehme ich mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis. Subkulturen haben die Eigenschaft, sich auch stets im Kosmos definieren, und ein Stück weit auch abgrenzen zu müssen. Ich halte Pedros Bild dieses wertvollen Refugiums für absolut schützenswert und unterscheide mich in meiner Wahrnehmung kaum davon.
Aber für mich ist Fussball nicht das transzendierte esse, und steht im Kontrast zum Besitz, wie es dann Sammy weitergeführt hat. Auch Fussball wird konsumiert, zwar als sehr wertvolle Alternative, aber er wird konsumiert. Meiner Meinung nach lässt sich in der Folge auch darüber streiten, ob alle Mittel notwendig sind um das Refugium zu schützen, oder ob eine Notwendigkeit eines Refugiums besteht, um alle Mittel zu legitimieren.

Edith sieht noch dass der Text furchtbar lang geworden ist, sorry!
Suedkurvler hat geschrieben:Ich habe gehört, dass FCZ-Hooligans morgen Abend an die Hombrechtiker Chilbi gehen, um dort gegen Rechtsradikale zu "schlegle".
Vielleicht ist es ja auch nur ein Gerücht.
Wer weiss mehr?

Roger Kundert
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Re: Gästetickets, Repression und Linie der Kurve – Diskussion

Beitragvon Roger Kundert » 19.03.10 @ 0:42

@Ensis, Pedro, Sammy und gelbeseite. Allesamt spannende und hochstehende Posts, die es wert sind, gelesen zu werden. "Schaapoo". Jedem seine differenzierte Meinung, das gefällt mir sehr.


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