Beitragvon internationale » 18.07.08 @ 12:21
18. Juli 2008, 08:18 – Von Ueli Kägi
Die Rückkehr des reinen Fussballs
Die Super League startet heute mit YB - Basel. Sie hat zuletzt an Attraktivität gewonnen, muss jetzt aber mit St. Gallens Abstieg und dem Liechtensteiner Novum zurechtkommen.
Huggel gegen Häberli: Start zur nationalen Fussball-Meisterschaft.
Keystone Huggel gegen Häberli: Start zur nationalen Fussball-Meisterschaft.
Neunzehn Tage nach der EM ist ab heute Freitag wieder Zeit für die Super League. Zeit nicht für besseren, aber reineren Fussball. Ohne veramerikanisiertes Drumherum, ohne ständiges Eventfeeling, ohne 400-Euro-Tickets und VIP-Gourmet-Zelt. Ohne Buffon und Torres. Dafür mit EM- und Provinzstadien. Mit Basel und Bellinzona. Mit lauwarmen Bratwürsten und lokalen Bieren. Mit Lustrinelli und Wölfli. Mit Schweizer Klubs und als Premiere auch mit einem Ko-Gastgeber aus Liechtenstein. Mit einem ersten Match, der in der vergangenen Saison noch das grosse Finale war - zwischen dem Zweitplatzierten YB und Meister Basel (live SF 2, 20.15 Uhr). Und erwartungsgemäss auch wieder mit den alten Begleitern für leidige Geschichten: den Hooligans und Fussballchaoten.
Die Super League ist trotz ihres Gewaltproblems ein attraktives Paket. Die Zuschauerzahlen stiegen in den vergangenen drei Jahren von durchschnittlich 7993 auf 10 916 pro Partie. Dreimal in Serie wurde die Meisterschaft erst am letzten Spieltag entschieden. Die Qualität des Fussballs ist besser als sein Ruf, auch wenn kaum noch Nationalspieler hier ihre Heimat finden.
Blass ersetzt fussballverrückt
Nur muss die Liga jetzt verkraften, dass das fussballverrückte St. Gallen ab- und das blasse Vaduz aufgestiegen ist. Sie wird sich nach diesem Jahr fragen müssen, ob Vaduz trotz den erwarteten 3000 Zuschauern pro Match eine Bereicherung sein kann. Ob diese Mannschaft auch dann wieder in der höchsten Schweizer Spielklasse mitspielen darf, wenn die aktuelle Vereinbarung zwischen Liga und Liechtensteinern in zwei Jahren abgelaufen ist.
Click here to find out more!
Die wirtschaftlichen Möglichkeiten prägen direkt die Rangliste der Favoriten. Der FC Basel mit seinen 24 000 verkauften Saisonkarten und dem bekannten 30-Millionen-Franken-Grundbudget ist erster Titelkandidat. Der Meister von 2002, 2004, 2005 und 2008 geht erstmals seit Jahren mit nur einem nennenswerten Abgang (Abwehrchef Majstorovic) in die nächste Saison und wird schon in den ersten sechs Runden mit Partien gegen alle Mitfavoriten wissen, wie stark er ist. Das verbreiterte Basler Kader bietet allein im Mittelfeld 12 Kandidaten für 5 Positionen. Der FCB dürfte sich für den vorderhand verletzten Stürmer Streller noch einen weiteren Zuzug leisten. Und er kann sich im Prinzip nur selber stoppen - wenn er sich für die Champions League qualifiziert und die Belastungen Auswirkungen auf die Super League haben - oder wenn er zerbricht an seinen inneren Streitereien.
Täuschen nicht alle Zeichen, ist die zehnte auch die letzte Basler Saison für Christian Gross. Das Verhältnis zwischen dem Trainer und der Präsidentin ist schwer belastet. Gigi Oeri hätte Gross nach der vergangenen Saison entlassen wollen, wenn er nicht Meister geworden wäre. Und in den letzten Tagen hat Ivan Ergic seinen Konflikt mit dem Trainer öffentlich gemacht und seine Captainbinde abgegeben. Er ist nicht der einzige Basler Profi, der sich über Gross’ Methoden und Spielkonzepte beschwert.
Hinter dem FC Basel lauern die Young Boys, die heute zum ersten Mal beantworten müssen, wie erfolgreich sie ohne Hakan Yakin stürmen können. Und hinter den beiden ersten Titelanwärtern stehen die weiteren Spitzenplatz-Kandidaten, die allerdings kaum gut genug sind für den Titel: FCZ und GC. Und Sion, die Mannschaft mit den hervorragenden Einzelspielern, aber auch mit einem Präsidenten, der mit seiner Unberechenbarkeit über Wohl und Unwohl des Klubs bestimmt.
Wer wird die Nummer 1 in Zürich?
Spannender als der Titelkampf kann das Prestigeduell um Platz 1 in der Stadt Zürich werden. Der FCZ hat die besseren Individualisten als GC, wenn Bernard Challandes die Wunschmannschaft zur Verfügung steht. Nur kann der Trainer schon jetzt nicht mehr mit Chikhaoui rechnen, weil der Tunesier in diesen Tagen nicht in erster Linie zum Wohl des FCZ an seiner Genesung schuftet, sondern für den schnellen Transfer.
Die selbst ernannt klammen Grasshoppers haben offensichtlich ein gefülltes Gönnerportemonnaie gefunden. Ihnen sind die Transfers der Offensivspieler Lulic, Sabanovic und Callà gelungen - und sie konnten den Leihvertrag mit Goalie Jakupovic verlängern. Das Kader bleibt dünn, sie haben sich nach ihrem Aufschwung im Frühling trotzdem Platz 3 und damit den Uefa-Cup zum nächsten Ziel gemacht - für sich und ihren Anhang am liebsten auf Kosten des FCZ.