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Akt. 28.05.08; 15:27 Pub. 28.05.08; 14:08
Ex-Fussball-Star: «Es war Viagra, nicht Kokain»
von Attila Szenogrady
Laut Anklage hat der frühere FCZ-Star Willy S. im Grossraum Zürich mit 1,6 Kilogramm Kokain gehandelt. Stimmt alles nicht, erklärte der holländische Ex-Internationale, der jetzt für 27 Monate hinter schwedische Gardinen soll.
Die sportlichen Meriten des heute 47-jährigen Willy S. können sich sehen lassen. Bereits mit 17 Jahren war er Profifussballer und spielte fünfmal in den Reihen der grossen holländischen Nationalmannschaft der Achtzigerjahre. Zwischen 1989 und 1992 stand er regelmässig für den FC Zürich im Einsatz, bis eine schwere Verletzung seine Spieler-Karriere jäh unterbrach. In der Folge machte sich Willy S. als Trainer bei verschiedenen Schweizer Vereinen einen Namen. Doch am 29. Mai 2004 kam alles anders. Der Ex-FCZ-Star wurde unmittelbar vor dem Anpfiff eines Fussballspiels in Yverdon von Polizeibeamten festgenommen und verschwand für mehrere Monate in Untersuchungshaft.
Schwerer Kokainhandel eingeklagt
Laut Ermittlungen der Bundespolizei hatte sich Willy S. aktiv am Handel mit Kokain beteiligt. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhob im Januar 2007 Anklage gegen ihn. Demnach hatte der heutige Manager und Fussballtrainer des FC Kreuzlingen im Dezember 2003 aus Holland rund 1,6 Kilogramm Kokain übernommen und danach vom Limmattal aus gewinnbringend weiterverkauft. Der Erlös betrug laut Anklageschrift 14 000 Franken.
Zwei Belastungszeugen
Am Mittwoch stand Willy S. vor dem Bezirksgericht Zürich und wies alle Vorwürfe zurück. Bereits in der Untersuchung hatte er stets beteuert, dass es sich bloss um Geld- und Viagrageschäfte gehandelt habe.
Staatsanwaltschaft Alois Rüegg sah es anders und stützte sich auf zwei Belastungszeugen ab. Einerseits auf die Aussagen eines hochkarätigen niederländischen Kokainhändlers. Andererseits auf die Darstellungen einer Zürcher Milieufigur. Beide hatten Willy S. als Kokaindealer bezeichnet. Zudem zeigten polizeiliche Telefonkontrollen auf, dass sich Willy S. tatsächlich wiederholt mit holländischen Drogenverkäufern unterhalten hatte. Mit verschlüsselten Begriffen, wobei laut Anklage der Ausdruck «Fussballspieler» jeweils für Kokainrollen verwendet wurde. Nicht zuletzt hatten die Fahnder am Limmattaler Wohnort und in einem Lagerraum des Angeklagten Digitalwaagen mit Kokainspuren sichergestellt.
«Hohe kriminelle Energie»: 27 Monate unbedingt verlangt
Dass sich Willy S. als Vorbild der Jugend und der Sportwelt als Kokainhändler betätigt habe, sei äusserst bedenklich, sagte Rüegg und attestierte ihm eine hohe kriminelle Energie. Aufgrund von mehreren Vorstrafen- so wurde der Manager in jüngster Zeit in Hamburg und Dresden wegen Geldwäscherei und weiteren Wirtschaftsdelikten zu bedingten Freiheitsstrafen verurteilt – verlangte der Staatsanwalt eine unbedingte Freiheitsstrafe von 27 Monaten.
Haltlose Vermutungen
Der Verteidiger forderte hingegen einen vollen Freispruch und zerpflückte die Anklageschrift. Die Vorwürfe bezeichnete der Anwalt als haltlose Vermutungen und betitelte die Darstellungen der Belastungszeugen als „Geschwätz“. Die Milieu-Figur habe zudem seine ursprünglichen Vorwürfe zurückgezogen. Der Rechtsanwalt zeigte aber auch Schlampereien bei der Bundesanwaltschaft auf. So wurden bei der Verhaftung von Willy S. rund 2000 Franken beschlagnahmt. Das Geld ist bis heute nicht mehr auffindbar. Zudem haben die Bundesbehörden gemäss den Angaben des Verteidigers einen weiteren wichtigen Kronzeugen irrtümlich aus der Untersuchungshaft entlassen.
Urteil erfolgt schriftlich
Das Gericht zog sich zur geheimen Urteilsberatung zurück. Es wird den Entscheid demnächst schriftlich eröffnen.