Walter De Gregorio über Fussball: Analysen, Anekdoten und Interviews.
25. November 2007
Traumlos?
Sorry, wenn ich wieder mal kurz in die Diskussion eingreife. Der Kleine ist im Bett, der Grosse büffelt auf ein Chemie-Ex, meine Frau ist noch in Berlin, und auf SF1 singen Vico Torriani und Beni Kalkutta liegt am Ganges. Beste Zeit für ein paar grundsätzliche Gedanken zur WM-Auslosung, die heute in Südafrika stattgefunden hat.
Die Tagesschau sprach von Götter, die der Schweiz wohlgesinnt sind, von Traumlos und dergleichen
Das Gegenteil ist der Fall. Als Fussballfan hätte ich mir keine langweiligere Gruppe vorstellen können. Griechenland und Israel als attraktivste Gegner, dann Moldavien, Lettland und Luxemburg. Riesenheuler!
Alles sympathische Gegner, es würde gar keine richtige Schadenfreude aufkommen, sie zu besiegen.
Würde. Denn ich zweifle, ob die Schweiz sich in dieser vermeintlichen Zwergen-Gruppe so locker an die WM 2010 chügele kann.
Das Problem der Schweizer Nationalmannschaft, neben ein paar anderen Problemchen, ist, dass sie das Spiel nicht gestalten kann. Eine richtige Nummer 10 fehlt, Hakan Yakin hätte das Potential dazu, aber es ist schon alles gesagt über ihn.
Die Schweiz hat dieses Jahr (Ausnahme: Deutschland) gegen grosse Gegner wie Argentinien und Holland ordentlich gespielt, nicht weltmeisterlich oder stratospherisch gut, wie bisweilen zu lesen war, sondern ordentlich, ansprechend. Gegen alle anderen, vermeintlich schwächeren Gegner, sah das Team von Köbi Kuhn schwach aus.
Mit anderen Worten: Ist der Gegner attraktiv und eine grosse Nummer im Weltfussball, scheinen die Schweizer ihr Potential, das individuell durchaus vorhanden ist, anzapfen zu können, auch als Kollektiv. Bei vermeintlich schwächeren Gegner gelingt dies nicht.
Nicht gegen die Grossen hat die Schweiz bisher versagt, sondern gegen die Kleinen!
Russland hat bei der EM-Quali in Israel verloren, obwohl die Israeli bereits out waren. Griechenland hat mit Rehagel wieder an jene Leistungen angeknüpft, die die alten Attiker zum EM-Titel puschten.
Moldavien? Moldovan ist zwar Rumäne, aber vielleicht haben die Moldavier ja auch ein paar Jungs, die tschutten können. Lettland? Luxemburg? Gibt keine Lorbeeren, wenn man sie besiegt, aber viel Prügel, wenn man verliert. Schlechte Voraussetzungen!
Mag ja alles falsch sein, aber mit Mannschaften wie Italien, Frankreich oder auch Deutschland - nicht gleich alle in derselben Gruppe, wohlverstanden - hätte die Schweiz, denke ich, paradoxerweise grössere Chancen auf eine WM-Qualifikation 2010 als jetzt mit diesem Traumlos.
Irgendwie befürchte ich, waren die Götter hinterhältig mit der Schweiz - verkauft ihr eine Arschkarte als Lottosechser!
Warten wir mal ab, was bei der EM-Gruppenauslosung am 2. Dezember passiert. Daumen drücken, dass die Schweiz grosse Kaliber zugelost bekommt - und dadurch aus sich herauswächst.
P.S. Auf SF1 wird grad Mani Matter gefeiert - ein Spielmacher, wie ihn die Schweizer Fussballer heute bräuchten. Virtuos, einfallsreich, überraschend, selbstsicher, bescheiden. Wäre Matter Fussballer, mit seinem Spielwitz hätte er jeden noch so dichten Verteidigungsriegel ausgeheblt.
Man muss es einfach sagen: Die Berner sind ganz gross!
Was das mit Fussball zu tun? Eben leider nichts.
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