Inter Mailand bejubelt noch seinen «Meistertitel der
Ehrlichen», da redet der verurteilte Fußball-Pate Luciano Moggi von
seinem Comeback. Nach dem gnädigen Berufungsurteil im Fußball-Skandal
verebbt die Reformwelle in Italien und die alte Garde kommt wieder
aus der Deckung: «Ich bin nur im Urlaub», sagte Moggi, der sich und
seinen Ex-Club Juventus Turin zu Unrecht verurteilt sieht.
Ex-Staatsanwalt Gerardo d`Ambrosio fürchtet nach dem lauten
Skandal-Geschrei sogar die leise Rückkehr zum alten System: «Wir
haben die WM gewonnen, ansonsten machen wir so weiter, wie bisher»,
sieht d`Ambrosio den Fußball in Italien nicht vor dem viel
beschworenen «Neuanfang nach der Stunde Null».
Der Chef-Ankläger des italienischen Fußballverbands (FIGC)
Francesco Saverio Borelli denkt nach Angaben der «La Gazzetta dello
Sport» deshalb bereits über seinen Rückzug nach. Am Donnerstag wollte
der kommissarische FIGC-Präsident Guido Rossi ihn zum Bleiben
überreden. «Wenn Borelli geht, geht auch Rossi», meinte die Zeitung.
Die Reformer fürchteten tatsächlich, dass die beiden wichtigsten
«Aufräumer» im italienischen Fußball aufhören könnten.
«Ich hoffe, Rossi bleibt und hilft uns weiter bei den Reformen»,
sagte Sportministerin Giovanna Melandri. Aus den Reihen der Mitte-
Rechts-Opposition wird jedoch längst schon der Rücktritt des Juristen
und Managers gefordert.
Während Rossi seine Arbeit bis spätestens Ende des Jahres zu Ende
bringen will, scheint Borelli am Sinn seiner Ermittlungsarbeit zu
zweifeln. Vor allem gegen den AC Mailand, der nach dem
Revisionsurteil sogar noch in der Champions League starten darf,
hatte der ehemalige Oberstaatsanwalt von Mailand härtere Strafen
gefordert. Noch ermittelt der pensionierte Jurist weiter in Sachen
Liga-Manipulationen und hat jetzt Reggina Calcio im Visier.
Während Borelli schon wieder für neue Anklagen vor den
Sportgerichten arbeitete und diverse Staatsanwaltschaften ihre
langwierigen Zivilprozesse vorbereiten, hoffen die Verurteilten auf
Freisprüche in den Berufungsverhandlungen. «Wollen wir doch erstmal
sehen, ob sie mich aus dem Fußball herausbekommen», kündigte Moggi
einen Gang durch alle Instanzen an. Seine zwischenzeitliche
Resignation ist verflogen - «Big Luciano» kämpft wieder.
«Juve hat sich nichts vorzuwerfen, alle Vorwürfe werden entkräftet
werden», glaubt Juves Ex-Manager an einen Freispruch für den
Rekordmeister vor einem Zivilgericht. Zuständig ist das
Verwaltungsgericht (TAR) in Rom. Juristen räumen Juve dort jedoch
keine Chancen auf eine kurzfristige Aufhebung des Zwangsabstiegs in
die 2. Liga ein. Wenn das Gericht die Berufung überhaupt zulasse,
werde es die Urteile des Sportgerichts nicht außer Kraft setzten,
sondern sie in einem langwierigen Verfahren prüfen, meinen die
Juristen.
Der Status quo sei damit erstmal geschaffen. Abschließend ernannte
der Verband Inter deshalb auch zum Meister 2006. Überschwänglich
bejubelt wurde der 14. Titel bei Inter allerdings nicht. «Ich
empfinde große Genugtuung, wir haben uns korrekt verhalten», sagte
Club-Besitzer Massimo Moratti. Trainer Roberto Mancini freute sich
über «den Titel für die Ehrlichen». Moggi dagegen bezichtigte Inter
auch der Einflussnahme.
Trotz Moggis Anschuldigungen auch gegen Moratti, gilt der Öl-
Magnat als Saubermann des italienischen Fußballs. Bei der Wahl zum
Liga-Chef fiel er jedoch durch. Sollte sich die zerstrittene Liga bis
zum 8. August nicht auf einen neuen Präsidenten einigen, droht auch
ihr die kommissarische Leitung.