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Tages-Anzeiger vom 30.06.2006
Hardturm: FCZ-Fans unzufrieden
Die FCZ-Anhänger wollen selber entscheiden, wo sie im Hardturm stehen sollen. Die GC-Fankurve lehnen sie ab und rufen zum Boykott auf.
Von Peter Johannes Meier
Bis auf dem Letzigrund ein neues Stadion steht, müssen sich FCZ und GC den Hardturm teilen. Damit haben sich die Anhänger der beiden Erzrivalen abgefunden. Dass aber frenetische FCZ-Südkurvenfans auf der traditionellen Heimkurve der GC-Anhänger Platz nehmen sollen, wollen sie auf keinen Fall akzeptieren. Die Zwangsplatzierung sei ein Affront gegen eine eigenständige Fankultur, die emotional stark mit einer eigenen Fankurve verbunden sei. Weil auch der künftige Letzigrund von beiden Mannschaften bespielt werden muss, befürchten Fans, dass es auch dort keine klar getrennten Stehplatzsektoren mehr geben wird.
Nachdem ein Briefwechsel und eine Aussprache mit dem FCZ-Vorstand nichts bewirkt hat, rufen die Südkurvenfans jetzt zu Boykotten und einem gezielten Unterlaufen der Zwangsplatzierung auf.
In einem Schreiben und auf ihrer Homepage empfehlen sie den Fans, keine Saisonkarten mehr zu kaufen, da diese für Plätze in der «GC-Ostkurve» gelten. Stattdessen sollen Einzelbillette für die Westestrade gekauft werden, wo sich die FCZ-Anhänger künftig gegen den Willen der Vereine und der Sicherheitsverantwortlichen besammeln wollen. «Der Saisonkartenboykott ist unser einziges Druckmittel, weil es der Verein nicht ignorieren kann», heisst es in dem Schreiben.
Gute Stimmung, kein Radau
Für das erste Heimspiel im Hardturm am 22. Juli sollen die Südkurvenfans bereits die gegnerischen Aarau-Anhänger kontaktiert und sie über das Stehplatzregime informiert haben. «Das wird auch bei den weiteren Spielen so sein. Und wenn ein Gegner dies einmal nicht akzeptieren sollte, sind wir auch bereit, auf die Osttribüne auszuweichen. Uns geht es um gute Voraussetzungen für eine gute Stimmung im Stadion - nicht um Radau mit gegnerischen Fans», sagt ein Südkurvenfan.
Alexander Kuszka, FCZ-Mediensprecher und gleichzeitig Fanbeauftragter, zeigt sich bitter enttäuscht über die «Uneinsichtigkeit» in der Südkurve. «Wir haben Fanvertretern ausführlich erklärt, warum es aus Kapazitäts- und Sicherheitsgründen schlicht keine Alternative zur gemeinsamen Osttribüne gibt. Und wir glaubten, sie hätten dies auch verstanden.» Das Platzangebot auf der Westtribüne ist schlicht zu klein für gegen 4000 Südkurvenanhänger. Und nur das beschlossene Platzregime gewährleiste, dass gegnerische Fans durch separate Eingänge zu ihren Plätzen gelangen.
«Wir haben uns wirklich den Kopf zerbrochen, um eine möglichst gute Lösung zu finden», betont auch Peter Landolt, Sicherheitschef der Grasshoppers. Es sei vielleicht keine ideale Lösung für die Fans, aber es gehe ja auch nur um eine befristete gemeinsame Nutzung eines eben veralteten Stadions. «Emotional macht das nicht nur den Stehplatzfans zu schaffen. Wir haben Logenbesitzer und Sponsoren, die viel in ihre Räumlichkeiten investiert haben. Und jetzt sollen sich da plötzlich FCZ-Anhänger reinsetzen. Das ist nicht einfach. Aber bisher haben alle eingesehen, dass wir da gemeinsam durchmüssen. Das wünschen wir uns auch von den willkommenen und grossartigen Südkurvenfans.»
Dass jetzt plötzlich gegen den eigenen Verein gehetzt werde, findet FCZ-Sprecher Kuszka gar selbstzerstörerisch. «Die Südkurvenfans riskieren, sich gleich selber zu zersplittern. Und das ausgerechnet vor einer schwierigen Saison in einem fremden Stadion. Das hat die Mannschaft wirklich nicht verdient.»
Kuszka ist aber überzeugt, dass längst nicht alle Südkurvenanhänger den Aufrufen folgen werden. «Viele haben eingesehen, dass es kontraproduktiv wäre, jetzt auf Konfrontation zu gehen.»
Und Landolt lässt keinen Zweifel offen, dass im Stadion den Sicherheitsüberlegungen absolute Priorität eingeräumt werden. «Nach den Vorfällen in den vergangenen Monaten ist das überhaupt keine Frage: Die Sicherheitsverantwortlichen bestimmen, wer sich wo im Stadion aufhalten wird.»
Südkurvenvertreter bedauern diese kompromisslose Haltung der Vereine. «Es ist befremdend, wenn man ständig für die tolle Unterstützung der Mannschaft gelobt, als Partner mit konstruktiven Vorschlägen aber einfach nicht ernst genommen wird», beschwert sich ein Fan.