Beitragvon Every Defense's Nightmare » 10.05.06 @ 23:25
Ich weiss, gegenwärtig passt das nicht zum grossen bevorstehenden Showdown vom Samstag. Ich möchte denjenigen, die's interessiert, trotzdem mitteilen, was ich dem Vorstand in Sachen "Abschiedsfest absagen" geschrieben habe. Mich stimmt dieses Theater nach wie vor, vielleicht sogar jetzt erst recht, wahrlich nachdenklich...
Ist halt ein bisschen viel geworden. Aber es musste da was raus. Soll jede/r selber dabei denken, was er/sie will...
Good Night
EDN
"Sehr geehrter Vorstand, lieber 1000er Club
Die aktuellen besonderen Umstände nötigen mich dazu, Ihnen direkt zu schreiben. Eine Kopie davon werde ich im FCZ Forum ebenfalls veröffentlichen.
Vorab: ja, ich bin ein „Stühleklauer“. Blick schimpft mich Idioten, der Vorstand nennt mich „keinen richtigen Fan“, andere blind medienkonsumierende vermuten wohl, ich sei dumpfer Hooligan.
Vielleicht ein Kurzbeschrieb meiner Person. Nicht, weil ich mir so wichtig bin. Aber vielleicht erklärt es Ihnen gewisse Umstände, die Sie in Ihrer offensichtlichen emotionalen Erregtheit ebenso verkennen, wie ich vielleicht selber nicht jederzeit rational dachte, an besagtem Yverdon-Spiel.
Ich bin bald 37 jährig. Mit 7 bereits beim FCZ als gekickt, damals mit Chappi Junior (er hat’s etwas weiter gebracht als ich...). 6 Jahre Junior, auch Balljunge, zb beim Uefa Cup gegen Dynamo Dresden. Vorspiel als E Junior quer auf dem heiligen Rasen. 7 Tore kassiert... Immer Fan, nicht immer gleich aktiv im Stadion, aber immer geistig dabei. Seit bald 8 Jahren wieder Saisonkartenbesitzer auf der Osttribüne. Seit einem Jahr Mitglied im 1000er Club, weil ich etwas für den Club, insbesondere die Junioren, tun will. Und noch was: ich verabscheue Gewalt.
Nun gut, kommen wir zum Samstag. Ein letztes Mal spaziere ich den Letzigraben runter. Den selben Gang, wie damals schon als Junior mit geschulterter Trainingstasche. Ein Gang, der einer Prozession gleichkam. Ich freue mich, gleichzeitig empfinde ich eine seltsame Wehmut. Eine letzte Wurst, ein paar letzte Biere im Stadion. Eine tolle 1. Halbzeit. Ein kleines Schaulaufen in der zweiten. Choreo, Gesänge, Stimmung. Alles passt. Das Spiel ist aus, die Mannschaft wird gebührend gefeiert. Ganz so, wie sie es verdient. Und die Zuschauer feiern nicht zuletzt auch sich selber. Ein paar Deltas laufen vor die Südkurve und verziehen sich sinnvollerweise gleich wieder, als erste Fans auf den Rasen strömen. Das lässt sich nicht verhindern. Und ich kann diese Sogwirkung nachvollziehen. Als ich merke, dass sich das Tor auf der Ostseite ohne weiteres öffnen liess, zieht es auch mich hinein. Ich will diesen Rasen spüren, jetzt! Ich lege mich darauf hin, schaue in den Himmel. Szenen jagen mir durch den Kopf. Fast 30 Jahre Erfahrung. Immer mehr Leute strömen auf den Rasen. Friedfertige Stimmung bis auf ein paar ganz wenige Gesellen. Hitzköpfe gibt es überall und haben wir immer... schade, aber dieses Mal wahrlich nicht der Rede wert. Plötzlich werden erste Stühle „gerupft“. Das scheint ja einfach zu sein... 5 Minuten später hatte ich den Meinen, auf dem ich fast 8 Jahre sass, in meinen Händen. Irgendwie empfand ich plötzlich ein legitimes Anrecht darauf, diesen mit zu nehmen. Ich weiss, das war nicht korrekt... In keiner Sekunde dachte ich an ein LCZ Meeting, an ein bevorstehendes Abschiedsspiel. Auch wenn ich diese Daten kannte. Ich war emotionalisiert. Abends dann wieder zuhause, war ich fast stolz auf dieses Souvenir.... Erst mit der Zeit und nach Konsumation der Verbalschlachten im FCZ Forum war ich mir bewusst, dass ich das vielleicht besser hätte bleiben lassen. Sofort wäre ich bereit gewesen, diesen Stuhl zu bezahlen, eventuell gar noch zurück zu bringen. Im Forum wurde bereits zu Spenden aufgerufen,was ich am nächsten Abend tun wollte.
Nun, Sie kamen mir zuvor. Sie haben das Abschiedsfest abgesagt. Ich sei Schuld daran. Ich und ein paar andere Vandalen, blind zerstörungswütige. Die Sicherheit könne nicht länger gewährleistet werden. Und das Budget sei bereits für die Schadenstilgung aufgebraucht. Wieso bloss beschleicht mich der Verdacht, dass dies nur ein willkommener Vorwand sei? Was für fadenscheinige und leere Aussagen. Kapitulation vor den eigenen Fans? Ja, ich nenne sie Fans. Und zwar nicht „sogenannte Fans“. Den Ausdruck kenne ich nun zur Genüge. Er ekelt mich langsam an. Weil er verkennt, was dahinter stehen kann und meistens auch tut.
Es ist Ihr gutes Recht, Massnahmen zu ergreifen. Zum Beispiel, das Abschiedsfest abzublasen. Mich dünkt jedoch, dass da zu viele Makel daran hängen. Eine Vereinsführung eines um die Meisterschaft spielenden Vereines kann eine solche Trotzreaktion nicht nötig haben. Es kann doch nicht ums Geld gehen. Soll es ein Zeichen sein? Eine Strafaktion? Für oder gegen was denn? Bitte klären Sie mich auf. Ich möchte mal wieder spüren, dass die Vereinsleitung hinter ihren Fans stehen kann. Natürlich braucht es die notwendige Diplomatie in „speziellen“ Angelegenheiten. Vielleicht auch harrsche Worte, wenn es denn angebracht sein sollte. Hier war die Reaktion schlichtweg nicht nachvollziehbar, falsch.
Ich sehe nicht ein, wieso ich nun „meinen“ Stuhl wieder mitbringen soll. Was soll mich nun dazu veranlassen? Ein möglicherweise schlechtes Gewissen? Dieses wurde mit Ihrer Reaktion garantiert weggewischt... Ich bin irgendwie richtiggehend sauer. Und das, obwohl es nun zum grossen Finale kommt.
Mögen wir den Pokal in Basel holen. Und dann auch richtig feiern. MIT den Fans. Denn nur sie machen diesen Verein zu dem, was er ist.
Freundliche Grüsse
Name"
Wozu nach Mekka, wenn der Letzigrund so nah ist?