Die Fussballklubs machen zu wenig, um gewaltbereite Fans zu stoppen, sagt die Stadtpolizei. Im Eishockey dagegen habe man die Situation im Griff.
Von Stefan Hohler
Zürich.
– Die Ausschreitungen im Uefa- Cup- Spiel Bröndby Kopenhagen gegen den FC Zürich bestätigen einmal mehr: Die Mehrheit der Schweizer Fussballklubs hat ihre gewaltbereiten Fans nicht im Griff. « Die Klubs machen bei der Fanbetreuung nur mit, solange es nichts kostet » , stellt Christoph Vögeli, Leiter Sicherheitsdienst bei der Stadtpolizei, fest. Vögeli ist zugleich Leiter der gesamtschweizerischen Zentralstelle gegen Hooliganismus, die bei der Stadtpolizei angesiedelt ist.
Routinemässig werden vor Auslandspielen Informationen an die betreffenden Stellen der so genannten National Football Information Points ( NFIP) überliefert. So auch beim Match Bröndby - FCZ. « Wir haben die dänische Polizei informiert, dass unter den 400 bis 500 Fans rund 50 gewaltbereite Personen mitreisen » , betont Vögeli. 80 Prozent der gewaltbereiten Fans könnten sich aggressiv gegenüber den dänischen Fans verhalten, falls sie provoziert würden, hiess es im Schreiben. Die Dänen seien auch darauf hingewiesen worden, dass die Zürcher Fans vermutlich versuchen würden, Feuerwerkskörper ins Stadion zu schmuggeln. Das pyrotechnische Material trügen die Fans nicht nur direkt auf dem Körper, sondern sie würden es häufig in Sandwiches oder Schuhen verstecken. Der Match sei als Normal- Risiko- Spiel eingestuft worden, daneben gibt es Spiele mit erhöhtem Risiko und Hoch- Risiko- Spiele. Im Schreiben habe man sich an die international gebräuchlichen Fankategorien A, B und C gehalten.
Drei internationale Fankategorien
Unter A- Fans versteht man die eingefleischten, « richtigen » Klubanhänger, die ihre Mannschaft lauthals, aber friedlich unterstützen. Als Fans der Kategorie B werden « gewaltbereite » Fans bezeichnet. Personen, die einer Auseinandersetzung mit den Anhängergruppen der Gegenmannschaft nicht aus dem Weg gehen. « Diese Leute machen uns am meisten Sorgen, sie sind unberechenbar und verursachen Vandalismus und nehmen an Saubannerzügen teil » , erklärt Vögeli. Die Anhänger der Kategorie C betrifft die eigentlichen Hooligans. Leute, die für Schlägereien gleich Gesinnte suchen, aber nicht primär für Sachbeschädigungen und Chaotentum verantwortlich sind. Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Hooligans seien eher selten. Gemäss Vögeli sind C- Fans in der Schweiz im Allgemeinen sozial gut integriert. « Bei ihnen paart sich Rassismus und Chauvinismus aus Langeweile » , umschreibt Vögeli ihr Verhalten. C- Fans seien in Kopenhagen keine gewesen. Der Hooliganspezialist schätzt die Zahl der B- Fans in der Schweiz auf 1000 bis 1200, davon 200 bis 300 in Zürich. Die C- Fans werden schweizweit auf 250 bis 300 geschätzt, davon 60 bis 80 in Zürich. « Hools » seien auch in Bern und Lugano aktiv. Als Hochburgen der militanten B- Fans bezeichnet Vögeli die Städte Basel ( FC Basel) und Zürich ( GC, FC Zürich und ZSC Lions). Sorgen bereiten der Polizei aber auch « Nachahmungsfangruppen » in St. Gallen und Luzern.
Gesetzesverschärfung geplant
Dass es bei Fussballspielen immer wieder zu Ausschreitungen kommen kann, zum Beispiele der Tribünenbrand im Hardturm im letzten Mai oder als im September beim Spiel Schweiz - Israel im St.- Jakob- Stadion in Basel Demonstranten unbehelligt über das Feld rannten, findet Vögeli absolut inakzeptabel und eigentlich eine « Riesensauerei » . Hier müsse man endlich klare Grenzen setzen. Es sei auch nicht so, dass in Kopenhagen Schweizer Fussballfans zum ersten Mal auswärts ge- wütet hätten, wie dies Medien berichteten. Auch in Bremen und Ulm hätten Schweizer Fans bei Spielen randaliert. Die Fussballklubs investieren zu wenig in Prävention und Repression, stellt er fest. Vorkomnisse dieser Art kämen bei Eishockeyspielen kaum mehr vor. « Da ist man einiges weiter. » Fandelegierte habe es dort seit 2002 – im Fussball erst seit diesem Jahr. Die Fandelegierten treffen sich jährlich zu Workshops und besprechen die Probleme. Zudem teilen sie den Fans die Konsequenzen mit, wenn diese Feuerwerke anzünden oder Gegenstände aufs Eis werfen. Mit Erfolg: In den 25 Eishockeyspielen der Nationalliga A hat sich in dieser Saison kaum ein Vorfall ereignet.
Vögeli vermisst auch, dass die Fussballspieler viel zu wenig in die Fanarbeit eingebunden würden, wie dies Bayern München seit Jahren vormacht. Vögeli hofft, dass man mit den geplanten verschärften Gesetzesänderungen auf die Fussball- Europameisterschaften 2008 das Problem des Hooliganismus endlich in den Griff bekommt. Der Bundesrat hat am 17. August ein Massnahmenpaket gutgeheissen, das nun vor die eidgenössischen Räte kommt. Es sieht ein Rayonverbot, eine Ausreisebeschränkung, eine Meldeauflage und einen 24- stündigen Polizeigewahrsam für notorisch gewalttätige Fans vor.
Quelle: tagi