"Es gibt zu wenig Druck auf die Spieler"
1998 machte Iulian Filipescu (31) in seiner Heimat schlechte Erfahrungen mit Journalisten. Seither gab der FCZ-Abwehrchef keine Interviews mehr. Er redet nur, was er reden muss. Für BLICK machte der derzeit verletzte Rumäne eine Ausnahme - und überraschte mit seinen Antworten.
BLICK Iulian Filipescu, man sieht Sie so selten lachen. Wieso?
IULIAN FILIPESCU (lacht) "Wenn ich fröhlich bin, bekomme ich Ärger mit Assistenz-Trainer Harry Gemperle. Dann meint er, ich sei unkonzentriert...Aber das meinen sie nur. Ich lache nicht über alles und nicht mit jedem."
Und dennoch gelten Sie bei Ihren Kollegen als Spassvogel, der ihnen schon mal einen Streich spielt?
(lacht wieder) "Spass gehört doch zum Leben. Auch wenn es in der Schweiz oft umgekehrt zu sein scheint. In Spanien arbeitet man, um zu leben. In der Schweiz lebt man, um zu arbeiten. Das verstehe ich nicht."
Zurück zum Fussball. Sie sind nun seit 2003 in Zürich. Wie beurteilen Sie heute den Schweizer Fussball?
"Ich war erstaunt, wie wenig Druck hier auf den Fussballern lastet. In den europäischen Ligen ist das anders. Da steht man die ganze Saison unter Leistungszwang. Hier ist es egal, ob du gewinnst oder verlierst, die Leute behandeln dich am nächsten Tag genau gleich. Das war für mich nach achtzehn Profi-Jahren schon seltsam und ich dachte, dass ist angenehm und gut."
Und heute?
"Bin ich nicht sicher. Es braucht mehr Leidenschaft! Und es braucht den Druck, um Erfolg zu haben. Um daran zu wachsen. Manchmal wünschte ich mir, dass mehr Leistungszwang auf uns ausgeübt würde. Sie sehen es am Beispiel Basel."
Können Sie das erklären?
"Die Basler müssen jedes Spiel gewinnen. Sie stehen als wohl einziges Super-League-Team unter Dauerdruck. Ich war vierfacher rumänischer Meister und holte zweimal in der Türkei den Titel. Da wird die Meisterschaft zu einer mentalen Sache, die nicht einfach ist. Aber man wächst an dieser Aufgabe!"
Sprechen Sie mit den Jungen darüber?
"Manchmal. Aber ich weiss ja nicht, ob ich recht habe. Sie sind hier so gross geworden. Mit zehn Jahren hat jedes Kind das neuste Paar Schuhe. Für sie ist alles nur Fun. Wenn wir was erreichen wollten, mussten wir in allem besser sein. Für uns war das gut so."
Sie sind selber Vater. Adrian Sebastian und David wachsen aber auch in Luxus auf. Wie werden Sie Ihre Söhne erziehen?
"Das weiss ich noch nicht. Sie sind ja noch klein. Aber ich sehe das Problem auf mich zukommen. Ich werde versuchen, ihnen gewisse Dinge zu vermitteln."
Zum FC Zürich. Wie schätzen Sie die Ausgabe 2005/06 ein?
"Da ist alles möglich. Wir haben den Cup gewonnen und einen sehr guten Saisonstart hingelegt. Damit ist das Selbstvertrauen enorm gestiegen. Das Team ist stabiler geworden. Aber die Meisterschaft ist lang..."
Was hat sich gegenüber der letzten Saison geändert, dass Sie so zuversichtlich sind?
"Die Hoffnung, dass alle aus den Fehlern gelernt haben, egal ob jung oder alt."
Am Samstag steigt, wegen Ihres Muskelfaserrisses leider ohne Sie, der erste Test - gegen den FC Bisel. Was liegt für Ihr Team drin?
"Wir können Basel schlagen! Klar, vieles hängt von der Tagesverfassung der Spieler und auch des Refs ab. Aber das Potenzial haben wir."
Was macht Sie da so sicher?
"Wir hatten einen Superstart und wir haben die solidere Defensive. Aber klar, es muss alles zusammenpassen, um die Basler im St. Jakob-Park zu schlagen."
Und wer ist für Sie Titelkandidat?
"Ich glaube, der FC Basel. Schon wegen der Erfahrung. Aber das heisst nicht, dass es so kommen muss. Denn jeder kann Basel schlagen, davon bin ich überzeugt."