Beitragvon Bebbi » 11.06.05 @ 14:52
Tagesanzeiger vom 11.06.2005
Sind wir alle Basler?
Analyse
ERLEBNISORIENTIERTE FUSSBALLFANS
Von Peter Johannes Meier
Was wir schon immer ahnten, hat uns diese Woche die Zürcher Stadtpolizei bestätigt: 80 Prozent der im vergangenen Dezember in Altstetten kontrollierten Basler Fussballfans sind gewaltbereit oder erlebnisorientiert - womöglich beides. Die Polizei langweilt uns da nicht mit Details. Alarmierend ist ja, dass es 80 Prozent sind, in denen so etwas drinsteckt. Und machen wir uns nichts vor: Im kontrollierten Zug nach Zürich reiste auch die Dunkelziffer mit. Erlebnisorientierte, denen dies noch nicht nachgewiesen werden konnte. Korrekt zwar von der Polizei, die Situation nicht zu dramatisieren. Doch stellen wir uns der Realität: Es waren 100 Prozent.
Alles wäre halb so wild, hätte die Polizei einen Saubannerzug kontrolliert. Es war aber der offizielle SBB-Fanzug, den zu besteigen der FC Basel empfohlen hatte. Mal angenommen, Zugfahrer seien nicht a priori gewalttätiger als Autofahrer, so könnte sich ein repräsentatives Basler Fanpublikum für den Zug entschieden haben. Sind Basler also grundsätzlich gewaltbereite und erlebnisorientierte Menschen? Mögliche Erklärungen gäbe es schon: Als Grenzschweizer sind sie dem EU-Druck besonders ausgesetzt - ein Frust, der ausgelebt werden muss. Und öffentliches Zusammenrotten gehört in Basel zum Sozialisationsprozess, denken wir nur an den Morgenstraich. Wie anders unser diszipliniertes Sechseläuten. So beruhigend es wäre, das Problem als ein peripheres zu relativieren - bewiesen ist noch nichts. Die Gegenprobe an Zürcher Fans durch Basler Polizisten steht noch aus.
Deutlich hat es uns die Zürcher Polizei zwar schon gesagt: Wo Gewaltbereitschaft und Erlebnisorientierung zusammengehen, haben wir ein Problem. Was Gewaltbereitschaft ist, kann man sich ja noch vorstellen, mit der Erlebnisorientierung ist das etwas schwieriger. Sicherheitspolizeilich wäre es sicher begrüssenswert, niemand würde überhaupt etwas erleben wollen. Lebensmüde wären einfacher zu kontrollieren, würden vielleicht sogar zu Hause bleiben. Erlebnisorientierte dagegen finden es interessant oder gar aufregend, wenn etwas passiert. Sie laufen nicht sofort weg, sind also Mitläufer.
Die Gegenrichtung ist die richtige
Wer auf einen Match nicht verzichten kann, sollte sich zumindest präventiv vor Gewaltbereiten und Erlebnisorientierten distanzieren, also schon bevor diese ihr Inneres nach aussen kehren. Breites, lautes Baseldiitsch, Turnschuhe und Kapuzenpullis mögen eine Warnung sein. Ineinem solchen Umfeld ist jeweils die Gegenrichtung einzuschlagen. Also nicht vom Hauptbahnhof in den Letzigrund, sondern in Richtung Zoo. Es muss nicht immer Fussball sein.
Stadionsport bringt es mit sich, dass viele Menschen in die gleiche Richtung gehen. Dorthin und wieder zurück. Ein grundsätzlicher Verzicht auf solche Anlässe sollte geprüft werden. Dezentrales Hornussen und Minigolfen wären emotions- und publikumsarme Alternativen. Und für Fussball gibt es schliesslich Fernseher.
In Zürich hat man das Problem erkannt: Der FCZ erhöht den Preis für Saisonkarten um bis zu 40 Prozent. Wer trotzdem hingeht, ist wohl hoffnungslos erlebnisorientiert.
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Guter Bericht des Tagesanzeigers.
FC Basel for CH-Meister!