LP-Sk8er_Boi hat geschrieben:wo möchte man dieses stadion überhaupt bauen?
FC Groningen / Stadion Euroborg
Die Tage des niederländische Erstligisten FC Groningen im Oosterpark sind gezählt, denn die Mannschaft soll in einigen Jahren in einem neuen Stadion spielen. Dies ist auf den ersten Blick keine Besonderheit, aber: Es handelt sich bei dem Neubau um kein gewöhnliches Stadionkonzept. Dass in den Gebäudekomplexen der Stadien immer häufiger urbanes Leben eingeplant ist, indem dort Gewerbeflächen oder Freizeiteinrichtungen angesiedelt werden, ist ebenfalls nicht neu.
In Groningen entsteht aber demnächst ein neues Konzept-Stadtviertel mit Wohngebieten, Geschäften und Büros etc. inklusive Fußballstadion.
Das gesamte Viertel heißt Europark Groningen, und der das Stadion umschließende Komplex ist die Euroborg. Das Konzept hat etwas vom Konstruktivismus der 20er Jahre, und reicht mit seinen Nierentisch-Remineszenzen in Sachen Formgebung weiter an Le Corbusier.
Die Projekte der Bauhaus-Gesamtkünstler und -Architekten-Generation sollten neue Lebensumgebungen für die werktätigen Menschen der (idealen/sozialistischen) Gesellschaft schaffen. Im Mittelpunkt stand die Fabrik, das kollektive Lebensumfeld wurde gleich mitgestaltet. Bis zur Tasse (dass in diesem Zuge gleich auch der Zucker quadratisiert wurde, ist ein Gerücht).
Kurios, dass in diesem post-was-auch-immer-Gebilde das Fußballstadion den Mittelpunkt bildet...das regt, zumindest im Vorfeld, die Gedanken an, gesellschaftspolitisch gesehen...
Möglicherweise ist das Ganze auch zu retroprogressiv, als dass man es auf Anhieb verstehen und nachempfinden könnte.
Um aber nicht zu kritisch zu enden: Es sei betont, dass viele Stadien sich mittlerweile zu ähnlich sehen, und dass kaum Raum für echte Variationen bleibt. Wozu auch? Man kennt heutzutage die Bedürfnisse und Anforderungen, hat die optimalen Verhältnisse von Steilheit der Ränge, Blickwinkel und Beinfreiheit im Verhältnis zur Rasendiagonale ermittelt, die Bierholwege wurden optimiert, und und, und...
Als kreativer Freiraum bleibt meist nur die Fassade und das Dach, der Symbolgehalt des Stadions für die jeweilige Region wird entweder als bekannt vorausgesetzt, oder wird, bzw. wurde mehr oder weniger geschickt in Formen umgewandelt. Wenn dafür kein Spielraum bleibt, wird der neu geschaffene Spielraum z.B. nach außen hin schlichtweg verspiegelt, oder sonstwie dekoriert. "Kunst am Bau" statt "Baukunst".
In diesem Falle handelt es sich aber um einen ganz anderen Ansatz, jedenfalls einen, der aus deutscher Sicht der Gewöhnung bedarf - die Einstellung unserer Nachbarn zu vielen Dingen ist allerdings grundsätzlich fortschrittlicher, und städtebauliche Lösungen stehen auch aus anderen Gründen unter anderen Vorzeichen.
"Das Maß aller Dinge" bezüglich des modernen Stadionbaus zu realisieren, davon träumten viele Architekturbüros bei Wettbewerben zu den Stadien der WM 2006. Was daraus wird, sind in der Regel Kompromisse, die die Herzen nicht endlos hoch schlagen lassen, aber ihren Zweck, als hochmoderne und zeitgemäße Austragungsstätten von Fußballspielen zu dienen, hervorragend erfüllen.
In Groningen wird etwas gebaut, das man wohl nicht einfach umbauen kann, wenn sich die Bedarfslage ändert, oder das Konzept fehlschlägt. Das ist mehr als mutig. Andererseits ist hier (lediglich?) die Rede von einem Stadion mit 20.000er Kapazität in der "Provinz".
Letztendlich eine sympathische Sache, die es sich mitzverfolgen lohnt.
Geplant wurde das Objekt von Wiel Arets architect & Associates bv, Maastricht, die Gesamtkosten werden auf ca. 135.750.000 € geschätzt, der das Stadion umfassende Komplex liegt bei ca. 29.400.000 €. Im Frühjahr 2002 soll der Bau beginnen, und gut zwei Jahre später der FC Groningen das Stadion einweihen.
Viele sind besessen - doch glücklich ist, wer einen sitzen hat.