Beitragvon Kobayashi » 04.08.04 @ 14:48
Kommt ja wie gerufen, aus der NZZ-Online-Ausgabe:
Bundesgericht oder Gestaltungsplan
Zukunft der Zürcher Stadien ist noch immer ungewiss
Noch immer ist ungewiss, ob der Ball an der Fussball-EM 2008 in Zürich rollt. Bis am 9. September müssen Stadt und Credit Suisse entscheiden, ob sie vor Bundesgericht gehen oder den Gestaltungsplan nochmals öffentlich ausschreiben.
Dossier: Fussballstadien für die Schweiz
(si/sda) Bald ein Jahr, nachdem das Stadtzürcher Stimmvolk den zwei Stadion-Vorlagen mit grosser Mehrheit zugestimmt hat, ist ein Auffahren der Baumaschinen nicht absehbar. Das Zürcher Verwaltungsgericht erklärte die Art, wie im Gestaltungsplan Fahrtenmodell und Parkplatzzahl berechnet wurden, für unzulässig. Das Gericht bestimmte das Fahrtenmodell als entscheidenden Richtwert zur Berechnung der Verkehrsemissionen. Anders als zuvor der Regierungsrat schrieb es der Parkplatzzahl kaum Relevanz zu.
Nächster Stichtag ist der 9. September
Laut Verwaltungsgericht sind zwischen 1,3 und 2,17 Millionen Fahrten pro Jahr zulässig. Bis am 9. September müssen die Trägerschaft, die Credit Suisse (CS) und die Stadt Zürich sowie die rekurrierenden Anwohner entscheiden, ob sie diese Vorgaben akzeptieren. Dann läuft die Frist für einen Weiterzug ans Bundesgericht ab.
Für die Trägerschaft stellt sich die Frage, mit wie vielen Fahrten das Stadion rentabel betrieben werden kann. Die CS geht von 2 Millionen aus. Ein Wort mitzureden haben auch die potenziellen Mieter des Einkaufszentrums. Die Anwohner fordern allerdings eine Höchstzahl von 1,4 Millionen Fahrten pro Jahr.
Hoffen aufs Bundesgericht Für das weitere Vorgehen stehen den Stadionpromotoren drei Varianten offen. Erstens: Sie lassen das ganze Projekt aus Rentabilitätsgründen sterben. Zweitens: Sie ziehen den Entscheid vors Bundesgericht in der Hoffnung, dass die Lausanner Richter einen Entscheid zugunsten der Trägerschaft fällen. Drittens: Die Trägerschaft akzeptiert den Entscheid und schreibt die Fahrtenzahl im Gestaltungsplan neu fest. Dieser müsste nochmals öffentlich aufgelegt werden.
Eine Volksabstimmung ist zwar nicht mehr nötig. Doch der ganze Instanzenweg stünde wieder offen: Regierungsrat - Verwaltungsgericht - Bundesgericht. Auch Verbände könnten wieder rekurrieren. Laut Spinner käme eine Neuausschreibung nur in Frage, wenn die Rekurrenten aus der Anwohnerschaft die darin festgelegte Fahrtenzahl absegnen. Entsprechende Gespräche haben auf Grund der Sommerferien noch nicht stattgefunden.
Nachtarbeit wohl eher ausgeschlossen
Fest steht: Scheitern auch die letzten Verhandlungen mit den Rekurrenten und geht die Trägerschaft vor Bundesgericht, bedeutet dies den frühzeitigen Abpfiff für die drei im Hardturm geplanten EM-Spiele. Die Zeit würde nicht mehr reichen, um das Stadion bis zum Turnierbeginn zu bauen. Die Bauzeit etwa durch Nachtarbeit zu verkürzen, ist laut Spinner zu teuer und bewilligungspflichtig.
Schreibt die Trägerschaft den Gestaltunsgplan neu aus, ist sie auf den Goodwill der Uefa angewiesen. Diese müsste - wie sie es in Portugal vereinzelt getan hat - eine Fristerstreckung für die Fertigstellung des Stadions gewähren. Uefa-Sprecher William Gaillard erklärte im Juni, dass vier Jahre eigentlich genügen sollten, um ein Stadion zu bauen. Man sei aber bereit entgegenzukommen, wenn Zürich garantieren könnte, dass das Stadion bis zu Turnierbeginn fertig wird.
Letzte Frist ist verstrichen
Im Grunde sind die Stadion-Promotoren bereits vertragsbrüchig: Im Hinblick auf die angestrebte Fertigstellung des Stadions bis Dezember 2007 hatten ihnen der Schweizerische Fussballverband (SFV) und die Uefa eine Deadline für das weitere Vorgehen bis Ende Juni gesetzt. Diese ist verstrichen, ohne dass weitere Gespräche stattgefunden haben.
Sollte das neue Stadion für die Fussball-EM 2008 nicht fertig werden, bleibt der Stadt Zürich der Letzigrund. Bis im September soll ein entsprechendes Grundlagenpapier fertig sein. Die Alternative Letzigrund werde erst dann definitiv geprüft, sagte Spinner.
Letzigrund als Alternative in Prüfung
Allerdings ist für die Stadt klar, dass dieses Stadion langfristig, wie ursprünglich vorgesehen, zur reinen Leichtathletik- und Event-Arena werden soll. Aus diesem Grund wäre laut Spinner nach der EM 2008 ein Rückbau nötig. Derzeit laufen Abklärungen, wie das Stadion EM-tauglich gemacht werden könnte und welche Mehrkosten eine Umrüstung verursachen würde.
Notwendig wäre unter anderem eine Erhöhung der Zuschauerkapazität auf 30'000 Plätze. Gemäss aktuellem Projekt soll auf dem Letzigrund bis 2009 ein Leichtathletik-Stadion für 110 Millionen Franken gebaut werden, das 25'000 Personen Platz bietet. Um als EM-Stadion in Frage zu kommen, müsste der Neubau vorgezogen werden.